Soziales
Telefonseelsorge für Trauernde kommt
Telefonseelsorge für Trauernde kommt
Telefonseelsorge für Trauernde kommt
Trauer ist unsichtbar – und wird häufig ignoriert oder verdrängt. Eine landesweite Telefonseelsorge soll künftig dafür sorgen, dass ausgesprochen wird, was beklemmt. Das Besondere: Betroffene selbst beantworten die Anrufe.
Ninna Vendel Friis hat noch immer mit Schuldgefühlen zu kämpfen. Eines Abends im November 2016, sie und ihr Ehemann waren just von einer Safari-Reise heimgekehrt und betrachteten glücklich die ersten Ultraschallbilder ihres erwarteten ersten Enkelkindes.
Mogens ging in den Keller, um Weihnachtsschmuck für die nahende Adventszeit zu holen. Doch die Hintertreppe in dem alten Haus ist steil, und Mogens stürzt und schlägt mit dem Kopf an eine Wand. Er ist hirntot. Noch am selben Abend entschließt sich die Familie im Reichshospital dazu, das Beatmungsgerät abzustellen.
Die meisten Hinterbliebenen wollen reden
Ninna Vendel Friis, damals 69 Jahre alt, war da seit 40 Jahren mit Mogens verheiratet, der 70 Jahre alt wurde. Seit dem Vorfall hat die pensionierte Chefkrankenschwester keinen Fuß mehr auf die Küchentreppe gesetzt.
„Anfangs war ich nur apathisch und das war die Hölle. Fast alles war für mich gestorben“, erzählt sie.
Jedes Jahr sterben mehr als 50.000 Menschen in Dänemark. Untersuchungen zeigen, dass acht von zehn Hinterbliebenen es vermissen, mit jemandem über die gestorbene Person reden zu können.
Ninna Vendel Friis bekam damals Hilfe aus ihrem Bekanntenkreis. Doch für die, die diese Möglichkeit nicht haben, wird am Montag, 7. Januar, eine Telefonseelsorge eingerichtet, bei der Hinterbliebene über ihren Kummer sprechen können.
Sieben Tage die Woche nimmt jemand den Hörer ab
Dahinter steht das Nationale Trauerzentrum (Det Nationale Sorgcenter), dessen Schirmherrin Kronprinzessin Mary ist. Bereits seit zehn Jahren betreibt das Zentrum eine ähnliche Hotline für Kinder und Jugendliche. Nun sollen sich auch Erwachsene aussprechen können. Sieben Tage die Woche.
Den Hörer abheben werden Freiwillige, die selbst getrauert haben. So wie Ninna Vendel Friis. „Ich habe Glück gehabt und hatte Familie und Freunde, mit denen ich sprechen konnte. Aber ich denke, dass es so einige Menschen gibt, die niemanden haben“, sagt sie. „Und ich muss sagen, dass man sehr verzweifelt sein muss, wenn man nur mit seinen eigenen Gedanken allein gelassen ist und mit niemandem reden kann“, fügt sie hinzu.
Sie meint, dass es wichtig ist, dass die Freiwilligen persönliche Erfahrungen mit dem Thema gemacht haben. Denn selbst wenn sie mit Freunden und Bekannten hat sprechen können, war es erst, als sie in eine Trauergruppe mit anderen Hinterbliebenen kam, dass sie merkte, dass sie nicht alleine ist.
„Es war schön, mit Menschen zu sprechen, die dasselbe wie ich erlebt hatten. Sie alle hatten Schuldgefühle wegen irgendetwas und ich merkte, dass es genau das war, was ich erlebt hatte“, berichtet Ninna Vendel Friis.
Hoffnung und Gemeinschaft
Genau diesen Effekt hält auch Maja O'Connor, Lektorin an der Uni Aarhus, für entscheidend. Sie hat just erforscht, wie Erwachsene und Senioren mit Trauer umgehen.
„Es kann zu einer Art Schicksalsgemeinschaft führen, die viele Hinterbliebene vermissen, wenn sie die erste Zeit oder das erste Jahr danach bewältigen sollen“, sagt sie. Sie begrüßt die Telefonseelsorge ausdrücklich. „Man stelle sich vor, dass ein Anruf dazu führt, dass eine Person ihre Situation und die Welle der Trauer, die über einen kommt, besser ertragen kann und dazu noch die Hoffnung bekommt, dass, wenn ich nur weitermache, das Leben schon wieder zur Ruhe kommt“, so O'Connor.