Bildung

Wohlfahrts-Studiengänge in der Provinz ziehen nicht: Studierende wollen in die Städte

Wohlfahrts-Studiengänge in der Provinz ziehen nicht

Studierende wollen weiter in die Städte und IT-Berufe lernen

Apenrade/Aabenraa
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Alexander von Oettingen
Alexander von Oettingen und das UC Syd kämpfen mit den Ausbildungen im sozialen Bereich um Erstsemester. Foto: Charlotte Dahl/UC Syd

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Sorge um den Wohlfahrtsstaat: Hat es Folgen für die Gesellschaft, wenn die Jugend auf IT statt auf soziale Berufe und auf Stadt statt auf Land setzt? Es gebe schon jetzt zu wenig Personal in lebenswichtigen Berufen, sagt UC Syd-Chef von Oettingen. Der SDU-Campus in Sonderburg erlebt derweil einen regelrechten Boom.

In der Nacht zu Freitag haben die Studienbewerberinnen und -bewerber ihren Bescheid erhalten, ob sie einen Platz für ihr Wunschstudium bekommen haben.

In den meisten Fällen wird die Reise in eine der großen Universitätsstädte gehen – besonders bei den „Wohlfahrtsausbildungen“, wie Studiengänge für soziale Berufe und Pflegeberufe in Dänemark genannt werden. In den kleineren Studienorten sind unterdessen noch etliche Studienplätze frei – obwohl es insgesamt einen leichten Anstieg für die kleineren Orte gegeben hat. Allerdings nicht in den „Wohlfahrtsausbildungen“ – sondern etwa in den Bereichen IT, Technik und Wirtschaft. Der boomende Campus Sonderburg (Sønderborg) mit einem Zuwachs von 74 Prozent an Erstsemestern gegenüber 2022 ist ein leuchtendes Beispiel.

Wenn die Kurve nicht bald zu steigen beginnt, kriegen wir Probleme mit der Wohlfahrt in den Regionen und Kommunen.

Alexander von Oettingen

„Auch wenn es noch Nachrückende gibt und wir noch eine ganze Weile lang Studierende annehmen, glauben wir nicht ganz daran, dass wir unsere Plätze gefüllt bekommen“, sagt zum Beispiel Gitte Sommer Harrits, Prorektorin beim VIA University College, das unter anderem für die Krankenpflege- und Lehrkräfteausbildungen in der Region Mitteljütland verantwortlich ist.



Gleiche Ausbildung: Lieber in die Stadt ziehen als in der Provinz bleiben

Laut VIA bewerben sich 30 Prozent der jungen Menschen aus Westjütland in Ostjütland (vor allem Aarhus), obwohl es in ihrer eigenen Region die gleichen Ausbildungen gibt.

„Besorgniserregend ist, ob wir weiterhin Absolventinnen und Absolventen für die großen Institutionen des Wohlfahrtsstaates liefern können“, sagt Sommer Harrits zu „Ritzau“.

Und stößt damit ins selbe Horn wie Alexander von Oettingen. Der Rektor vom UC Syd, der größten Ausbildungseinrichtung in Südjütland mit Standorten unter anderem in Apenrade (Aabenraa), Hadersleben (Haderslev) und Tondern (Tønder), sagt in einer Pressemitteilung: „Wir bedauern, dass wir erneut einen Rückgang der Studienbeginnenden verzeichnen, denn auf Sicht wird das unser aller Gesellschaft treffen.“

Die landesweiten Trends

  • 5 Prozent weniger Pädagogik-Erstsemester
  • 6 Prozent mehr Wirtschaftsakademie-Erstsemester
  • 5 Prozent mehr Erstsemester bei Naturwissenschaften, Technologie, Ingenieurwissenschaften und Mathematik
  • 10 Prozent mehr Erstsemester bei IT-Ausbildungen
  • 21 Prozent mehr Erstsemester in englischsprachigen Angeboten

Quelle: Ausbildungs- und Forschungsministerium

In Sonderburg hat die SDU einen Campus im Alsion. Foto: SDU

Ausnahme: IT-Ausbildungen locken junge Leute auch in die Provinz

Abseits der Großstädte funktionieren derzeit vorwiegend IT-Studiengänge. So sind die Bachelor-Ausbildungen für Animation und für Graphic Storytelling in Viborg komplett belegt – während es dort noch reichlich freie Plätze bei den Pädagogik- und Krankenpflegeausbildungen gibt.

In Sonderburg in Nordschleswig ist am dortigen Campus der Süddänischen Universität (SDU) die neue Ingenieurs-Ausbildung Software-Engineering der Hit: Von mehr als 500 Bewerbungen wurden 124 angenommen. Alle dort angebotenen Fächer haben starken Zuwachs zu verzeichnen. Die Zahl der Erstsemester hat sich von 384 auf 670 erhöht. „Wohlfahrtsausbildungen“ werden allerdings nicht angeboten.

Im Falle des UC Syd hat es dieses Jahr insgesamt 1.362 Neueinschreibungen gegeben. Ein Rückgang um 5 Prozent zu 2022 – wo die Zahl bereits um 17 Prozent abgestürzt war.

„Die Politik muss also in unserem Bereich Reformen bringen“

„Wenn die Kurve nicht bald zu steigen beginnt, kriegen wir Probleme mit der Wohlfahrt in den Regionen und Kommunen. Schon jetzt gibt es zu wenige Sozialratgeberinnen und Sozialratgeber, Lehrerinnen und Lehrer, Pädagoginnen und Pädagogen sowie Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger. Die Politik muss also in unserem Bereich Reformen bringen“, sagt von Oettingen. „Das ist unsere gemeinsame Verantwortung, und es eilt so langsam.“

Eine kleine Erfolgsgeschichte aus Nordschleswig hat er dennoch zu erzählen: Die neue Pädagogik-Ausbildung in Tondern startet mit 24 Studierenden. Das zeige, „dass die gute Zusammenarbeit mit der Kommune Früchte trägt“, so der Rektor.

Insgesamt sind in Dänemark am Freitag 61.382 Personen in Studiengängen aufgenommen worden. 2 Prozent mehr als 2022.

Für Unentschlossene ist es noch möglich, sich bis zum 1. September zu bewerben. Für die restlichen Plätze gilt das Prinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“.

 

 

 

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