Leitartikel

„Dänisches Eigentor“

Dänisches Eigentor

Dänisches Eigentor

Nordschleswig/Apenrade
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Dänemark lässt im Sommer die eigenen Einwohner ins Ausland reisen, verhindert aber, dass deutsche Touristen ins Land kommen. Die Tourismusbranche versteht die Welt nicht mehr. Chefredakteur Gwyn Nissen auch nicht.

Die dänische Tourismusbranche befindet sich in der Zwickmühle: Dänische Bürger stornieren derzeit die gebuchten Sommerhäuser in Dänemark, weil sie endlich wieder ins Ausland reisen können. Doch gleichzeitig hält das Justizministerium weiterhin an einer Reihe von Reise-Restriktionen fest und begrenzt somit die Einreise von Touristen.

Die Tourismusbranche versteht die Welt nicht mehr und befürchtet einen zweiten Sommer ohne Gäste.

Der Wunsch der Regierung, die Corona-Pandemie unter Kontrolle zu behalten, ist verständlich: Man will wissen, von wo die Gäste kommen, um das Risiko zu minimieren.

Doch Bürokratie und technische Details verhindern unter anderem, dass viel mehr deutsche Touristen nach Dänemark kommen können. Dabei ist ausgerechnet Deutschland der wichtigste Markt für die dänische Sommerhausvermietung in Jütland. Wenn aber Dänemark die Regeln nicht vorher ändert, wird es in diesem Sommer nur deutsche Touristen aus Schleswig-Holstein geben.

Während das nördlichste Bundesland wegen der Grenznähe eine Ausnahmeregelung hat, werden andere Bundesländer nicht isoliert bewertet, sondern nur Deutschland als Ganzes.

Grund dafür ist, dass Deutschland zwar regionale Zahlen ans European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) weiterreicht, aber dass Dänemark mit dem Test-Umfang der Deutschen nicht zufrieden ist. Es gibt also Bundesländer und Regionen in Deutschland, in denen die Inzidenz niedrig genug ist, um eigentlich nach Dänemark einreisen zu dürfen.

Die Einreise deutscher Touristen scheitert nur an Bürokratie und Sturheit. In wenigen Minuten könnten dänische Beamte im Ministerium anhand von Daten des RobertKoch-Instituts feststellen, aus welchen Teilen Deutschlands die Einreise möglich wäre. Aber dies geschieht nicht. Leidtragende sind Wirtschaft und Tourismus. 

Die Venstre-Politikerin Anni Matthiesen aus dem südjütischen Grindsted versucht, auf das Justizministerium Druck zu machen, doch die Zeit läuft allen davon. Die Urlauber stehen vor der Tür – und kehren bald wieder um, wenn der Grenzschlagbaum zu Dänemark unten bleibt. 

Dem dänischen Fremdenverkehr gehen möglicherweise Milliarden-Einnahmen durch die Lappen. Und schlimmer noch: Viele deutsche Touristen werden vielleicht gar nicht zurückkehren, weil sie andere schöne Reiseziele gefunden haben.

Wenn das nicht ein dänisches Eigentor ist.

Der Leitartikel ist um 20.42 Uhr mit der Information ergänzt worden, warum Dänemark die deutschen Inzidenz-Zahlen nicht akzeptiert und damit die Einreise verwehrt (es sei denn, die Urlauber gehen nach ihrer Ankunft in Dänemark in Quarantäne).

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