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Warum eine deutschsprachige Zeitung in Rumänien zur Wurstkostprobe einlädt
Warum eine deutschsprachige Zeitung in Rumänien zur Wurstkostprobe einlädt
Deutschsprachige Zeitung in Rumänien lädt zur Kostprobe ein

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Bei der jährlichen Verköstigung im Westen von Rumänien gibt es Preise für die beste Zubereitung. Die eigene Herstellung von Würstchen verbindet die Menschen über Jahre und Grenzen hinweg.
Seit jeher ist hausgemachte Wurst ein wichtiger Bestandteil der banatschwäbischen Tradition: das Schweineschlachten im November, das Kochen von frischem Kesselfleisch – Ohren, Schwänzchen, Leber und Herz. Die Dicke des Schweins reflektierte den Wohlstand der Familie. Speck, Schinken und Schmalz sollten für ein ganzes Jahr reichen. Wurst war das Highlight: geräuchert, gebraten, mit Knoblauch, Paprika, Majoran, Muskatnuss. Jeder Haushalt hatte sein eigenes Rezept.
Die Banater Schwaben sind eine deutsche Bevölkerungsgruppe im Banat. Das Banat ist eine historische Region in Südosteuropa, die heute in den Staaten Rumänien, Serbien und Ungarn liegt.
Wurstkostprobe der „Banater Zeitung“ als Kulturgut
Zu Ostern gabs die Osterwurst in der Schweineblase, „die habe ich seit 20 Jahren nicht mehr gesehen“, bedauert Siegfried Thiel bei der jährlichen „Worschtkoschtprob“ der deutschsprachigen „Banater Zeitung“, die die Veranstaltung organisiert. „Wenn es dann in der Schule hieß, der Hansi hat noch ein Wurstbrot dabei, dann wollte da jeder mal reinbeißen!“, erinnert sich der Chefredakteur an seine Kindheit.
Seit rund fünf Jahrzehnten gibt es die „Worschtkoschtprob“ der „Banater Zeitung“. Längst wird sie als Brauchtum der deutschen Minderheit gefördert: vom Departement für interethnische Beziehungen an der Regierung Rumäniens, vom Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien und aus dem Banat, von Sponsorinnen und Sponsoren aus der Wirtschaft.
Der Auslöser des heute üppigen kulinarischen Festes war ausgerechnet ein Mangel an Metzgereiprodukten: „Als der kommunistische Staat das Prinzip der rationellen Ernährung der Bevölkerung eingeführt hatte, mit Bezugsscheinen für Grundnahrungsmittel, war Fleisch oder gar Wurst in den Geschäften kaum mehr zu bekommen“, erzählt der frühere Redaktionsleiter Werner Kremm.
Tradition entstand, als Wurst Mangelware war
Ein Paradox, wo doch damals noch viele Deutsche im Banat lebten, bei denen das Wurstmachen zur Tradition gehörte. So kamen die Redakteure der Vorgängerzeitung, der „Neuen Banater Zeitung“, 1972 auf die Idee, ihre Leserinnen und Leser zu einem Wurstmacher-Wettbewerb in die Redaktion einzuladen. Dabei konnten sie sich als Jury satt essen. Doch das eckte auch an: In den Fleischläden gibt es nichts, und die Deutschen halten Wurstfeste ab, hieß es bald empört.
Wurst ist Kultur im Banat – und fördert die Interkulturalität: Schwaben, Ungarn, Serben und Rumänen pflegten die Tradition, halfen sich gegenseitig, tauschten Tipps und Rezepte. Und wenn der Schwab ausgewandert ist, hieß es oft: Ach, lass mir doch dein Rezeptbuch!
Bei der Veranstaltung flimmert ein Film über die Leinwand hinter der Bühne: Wurstmasse quillt frisch aus der Wurstmaschine – Übertragung live aus Thailand! Ein Banater Schwabe, der halbjährlich dort lebt, produziert dort seine Hauswurst mit riesigem Erfolg. Nur die Gewürze sind dem örtlichen Geschmack angepasst.
Mehr als nur ein Wurstfest
Dann beginnt im Saal die Verkostung. Die ersten Gäbelchen stechen zu: schnuppern, kosten, kauen. Ein geselliges Pläuschchen zu schmissiger Blasmusik von den „Banater Musikanten“. Bald wirbeln die schmucken Tänzerinnen und Tänzer der „Banater Spatzen“ durch den Saal.
Ein Wurstfest ist mehr als nur Wurstessen, obwohl die Tische für die 250 Gäste reich gedeckt sind. Viele machen seit Jahren begeistert mit, manche haben mehrmals schon gewonnen, obwohl die Preise eher symbolisch sind.
Hier gehts zu dem Artikel, den „Der Nordschleswiger“ zuletzt von einem anderen Minderheiten-Medium veröffentlicht hat: Das katalanische Internetportal „VilaWeb“ war zu Besuch bei einer Schule im Süden Frankreichs, wo die Kinder nur katalanisch sprechen.