Forderung

Altona zurück nach Dänemark

Altona zurück nach Dänemark

Altona zurück nach Dänemark

Julian Willuhn/shz
Hamburg/Wedel
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Foto: Julian Willuhn/shz

Olaf Wuttke aus Altona forderte mit der „Altonaer Freiheit“ die Loslösung des Bezirks von Hamburg.

Wer durch Hamburg Westens läuft, stolpert immer wieder über einen seltsamen Aufkleber. Er klebt in Schaufenstern oder auf den Heckscheiben alter Autos. Zu sehen ist das Wappen des Bezirks Altona, über eine dänische Flagge gelegt. In schwarzen Lettern der Slogan: „Altona…muss zurück an Dänemark!“. Dass Altona bis 1937 eine selbstständige Stadt war, die zeitweise unter dänischer Herrschaft stand, ist bekannter historischer Fakt. Wer aber wissen will, was es mit den pro-dänischen Aufklebern auf sich hat, reist am besten nach Wedel. 

Der Erfinder des Stickers lebt mittlerweile dort, westlich der Hamburger Stadtgrenzen und er ist im Kreis Pinneberg kein Unbekannter. Olaf Wuttke zog 2012 nach Wedel, sitzt in der Ratsversammlung der Rolandsstadt, ist Fraktionschef der Grünen und lässt trotzdem in seinem Garten gern noch die Altonaer Flagge wehen. In Altona-Altstadt ist Wuttke aufgewachsen. Seit 1986 war er für die Grün-Alternative Liste (GAL) Mitglied der Altonaer Bezirksversammlung.

Altona wurde stiefmütterlich behandelt

Und Wuttke störte sich immer wieder daran, dass der Bezirk trotz seiner stolzen Geschichte von den Entscheidern im Hamburger Rathaus recht stiefmütterlich behandelt wurde. „Es herrschte der Eindruck: Hamburg ignoriert Altona“, erinnert sich Wuttke beim Gespräch in seinem Wedeler Garten. Die Altonaer Flagge habe nicht vom Rathaus geweht. Der Politiker ruft die „Altonaer Freiheit“ ins Leben.

Foto: Julian Willuhn/shz

Die Forderung der Initiative: Abspaltung Altonas von Hamburg, stattdessen mindestens ein Zwei-Städte-Modell innerhalb des Bundeslandes Hamburg. Besser: Zurück zu Schleswig-Holstein. Noch besser: Zurück nach Dänemark. Um der Bewegung mehr Gewicht zu verschaffen, zählt Wuttke kurzerhand alle Altonaer Einwohner als Mitglieder – außer sie widersprechen ausdrücklich.

Tatsächlich ist es eher ein loser Kreis von Gleichgesinnten, der sich um den GAL-Politiker schart. Erste Erfolge erzielt die Altonaer Freiheit dennoch. Bald weht die Flagge des Bezirks bei wichtigen Anlässen gleichberechtigt am Rathaus. Das Stadtarchiv kehrt zurück.

Auch der Einsatz für die Renovierung des historischen Stuhlmannbrunnens – der die Rivalität von Hamburg und Altona darstellt – ist erfolgreich. Derweil erfreut sich der von Wuttke in Altonaer Buchläden verteilte Aufkleber großer Beliebtheit.

Als die Qualifikation für die Fußballeuropameisterschaft 1992 ansteht, suchen die Färöer verzweifelt eine Spielstätte – die Kunstrasenplätze auf den windigen Atlantikinseln entsprechen nicht den UEFA-Regularien. Angesichts der gemeinsamen dänischen Geschichte erreicht Wuttke, dass der Bezirk Altona den Nordmännern offiziell anbietet, die Spiele in Altona auszutragen. Ganz nach Wunsch im Volksparkstadion oder auf der Adolf-Jäger-Kampfbahn. Die Färöer spielen zwar in Schweden, bedanken sich aber herzlich für das Angebot.

Auch für seinen Brief an die dänische Königin Margarethe erhält Wuttke eine höflich-diplomatische Reaktion des zuständigen Konsuls. Wuttke hatte die Monarchin aufgefordert, Altona zurück ins Königreich zu holen.

Initiative hat einen ersten Hintergrund

Trotz dieser augenzwinkernden Aktionen – das Engagement der Initiative hat einen ernsten Hintergrund. Aus Wuttkes Sicht wird die Hansestadt zu zentralistisch verwaltet, ihm stößt sauer auf, dass die Bezirke keine Entscheidungsgewalt über ihre eigenen Haushalte haben – dabei leben in Altona mehr als 275.000 Menschen. „Anfang der 1990er Jahre gab es eine ernsthafte Diskussion, dass Bezirksverwaltungsgesetz zu ändern.“

Auch 2014 forderte die Initiative „Mehr Demokratie“ die Aufteilung der Hansestadt in 23 Bezirke, die als weitgehend unabhängige Kommunen fungieren sollten. Bisher setzten sich die Zentralisten aber stets durch, Hamburg wird weiter aus dem Rathaus an der Binnenalster mit straffer Hand regiert.

Die Altonaer Freiheit hat dennoch Spuren hinterlassen, hat das dänische Erbe und das Bewusstsein für Altonas Eigenständigkeit aufrechterhalten. Wuttke freut sich bis heute über jeden Danebrog, der im Bezirk weht.

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