Fehmarnbelt

SH-Minister ist beeindruckt von Dänemark – Vorwürfe an Berlin

SH-Minister ist beeindruckt von Dänemark – Vorwürfe an Berlin

SH-Minister beeindruckt von Dänemark – Vorwürfe an Berlin

dpa
Rødbyhavn/Kiel
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Bernd Buchholz (links) und Benny Engelbrecht am Donnerstag in Rødbyhavn Foto: Philip Davali / Ritzau Scanpix

Rund 2,8 Milliarden kostet die Bahnstrecke zum geplanten Fehmarnbelttunnel. Nun sorgt der Lärmschutz für Streit zwischen Land und Bund. Beeindruckt ist Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Buchholz von den Dänen.

Die Dänen bauen, die Deutschen streiten - der geplante Fehmarnbelttunnel wird in beiden Ländern ganz unterschiedlich angegangen. Die politische Brisanz in Deutschland offenbarte jetzt ein weiterer Vorgang.

Der Kieler Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) sah sich veranlasst, beim Bund vollen Lärmschutz für die Bahnstrecke zu dem Tunnel einzufordern. „Mit Verwunderung und großer Enttäuschung“ habe er einen Bericht des Bundesministeriums an den Bundestag zur Kenntnis genommen, schreibt er in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief an die Bundesregierung.

Dieser gebe keine konkrete Empfehlung für einen Lärmschutz, der über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht und im Dialog mit der Region erarbeitet wurde. Zuvor hatten die „Lübecker Nachrichten“ berichtet.

„Das ist nicht besonders glaubwürdig“, sagte Buchholz am Donnerstag auf der dänischen Insel Lolland, wo er eine Großbaustelle für den Tunnel besuchte.

Benny Engelbrecht (rechts) führt Bernd Buchholz über die Anlage. Foto: Philip Davali / Ritzau Scanpix

 

„Ich appelliere dringend an Sie, sich für die Region Ostholstein-Lübeck und ihre berechtigten Forderungen nach übergesetzlichen Schutzmaßnahmen einzusetzen, die in dem Begründungspapier des Dialogforums dargelegt und mit der besonderen Betroffenheit der Region insbesondere im Tourismus begründet werden“, schreibt Buchholz.

Er erwarte, dass die Region nicht anders behandelt wird als die Rheintalregion, die erhebliche Bundesmittel zum Ausbau der dortigen Schienenstrecke zum Schutz der Anwohner und der Umwelt erhalten habe.

Der Bund rechnet laut Verkehrsministerium für die Hinterlandanbindung der festen Fehmarnbeltquerung zwischen Deutschland und Dänemark mit Kosten von 2,8 Milliarden Euro. Zu den realen Kosten von 1,7 Milliarden Euro auf Basis der Preise des Jahres 2015 kommen Risikokosten und Preissteigerungen.

Nicht eingerechnet sind die geplante Querung des Fehmarnsunds und die vom Dialogforum vorgelegten Kernforderungen der Region für eine Akzeptanzlösung. Laut Kieler Verkehrsministerium wären allein für den geforderten Vollschutz knapp 100 Millionen Euro zusätzlich nötig. Der Bundestag will nach der Sommerpause über die Forderungen aus der Region entscheiden.

Dabei geht es hauptsächlich um den weiterreichenden Schutz der Anwohner vor Lärm und Erschütterungen.

Ausblick auf Fehmarn Foto: Philip Davali / Ritzau Scanpix

 

Die Bahn will zwischen Lübeck und Puttgarden eine zweigleisige Strecke bauen und angesichts der Badeorte an der Lübecker Bucht umfangreich in Lärmschutz investieren. Dänemark will im Herbst mit den Bauarbeiten für den rund 18 Kilometer langen Tunnel beginnen. Den Tunnel finanziert Dänemark, Deutschland muss nur seine Hinterlandanbindung bezahlen.

Unterdessen traf sich Minister Buchholz am Donnerstag erstmals mit seinem neuen dänischen Kollegen Benny Engelbrecht (Soz.). Auf Lolland sprachen sie nach Angaben des Kieler Ministeriums vor allem über den aktuellen Stand der Planungen und Vorbereitungen zum Bau des Fehmarnbelttunnels.

Buchholz betonte nach der Begegnung, dass im Nachbarland alle politischen Gruppierungen hundertprozentig hinter dem Großvorhaben stehen. In Deutschland ist das Milliardenprojekt hoch umstritten.

Auf Lolland zeigte sich Buchholz beeindruckt von der Dimension des Projektes auf dänischer Seite. Dort entstehen ein Betonwerk, eine Hafenanlage von einem Kilometer Länge und auch Wohnungen für 3.000 Mitarbeiter. Das Areal sei so groß wie 440 Fußballfelder. „Das sind schon gigantische Ausmaße“, sagte Buchholz. Es gehe immerhin um das zweitgrößte Verkehrsprojekt in Europa.

Unterdessen kam aus dem Lager der Grünen erneut scharfe Kritik. Die Bundesregierung weigere sich mit Händen und Füßen, Präzedenzfälle beim Lärmschutz zu schaffen, sagte Bundestagsfraktionsvize Konstantin von Notz. Dies widerspreche klar anderslautenden Zusagen.

Der Querungsgegner Notz forderte von Union, SPD und FDP, eine realistische und vollständige Kostenkalkulation für das Milliardenvorhaben vorzulegen.

„Das Projekt Feste Fehmarnbeltquerung läuft immer weiter aus dem Ruder, bevor es überhaupt angefangen hat“, sagte der Grünen-Landesvorsitzende Steffen Regis. Bundesminister Andreas Scheuer (CSU) ignoriere die Anwohner und komme mit den immer gigantischer werdenden Kosten nicht zurecht. Es sei richtig, dass ihm Buchholz Einsparungen beim Lärmschutz nicht durchgehen lasse.

 

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