Dammkatastrophe

Dammboot-Tragödie bleibt unvergessen

Dammboot-Tragödie bleibt unvergessen

Dammboot-Tragödie bleibt unvergessen

Karin Friedrichsen
Karin Friedrichsen Journalistin
Hadersleben/Haderslev
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Gerhard Kley nahm am Montagnachmittag an der Gedenkveranstaltung auf dem Dammhalbufer teil. Foto: Karin Riggelsen

60 Jahre ist es her, dass eine Explosion auf dem Haderslebener Ausflugsboot „P 840 Turisten“ 57 Menschen das Leben kostete. Am Montag gedachte Bischöfin Marianne Christiansen den Toten in der St. Severin Kirche und der Gedenkstätte auf der Dammhalbinsel. Ein Zeitzeuge erinnert sich an die Katastrophe von riesigem Ausmaß am 8. Juli 1959.

Ersthelfer Gerhard Kley ist einer der Zeitzeugen, der die tragischen Ereignisse vom 8. Juli 1959 in deutlicher Erinnerung hat. Der deutsche Nordschleswiger nahm am 60. Jahrestag der Katastrophe an der Gedenkveranstaltung teil, die das Bistum Hadersleben und die Kommune Hadersleben ausrichteten. „Der Nordschleswiger“ sprach mit dem 81-Jährigen, für den die Dammkatastrophe ein Teil seines Lebens geworden ist.

Gerhard Kley ist in Gedanken oft bei den Verstorbenen. Der Haderslebener besucht regelmäßig die Gedenkstätte. Foto: Karin Riggelsen

„Wir sahen die furchtbaren Flammen und sind sofort umgekehrt“

Der Haderslebener Gerhard Kley leistete im Sommer 1959 seinen Wehrdienst in Apenrade ab. Er nutzte einen freien Nachmittag dazu, um mit seinem Ruderkameraden Richard Jensen eine Fahrt auf dem Damm zu machen.  Der 8. Juli war ein warmer Sommertag. Kurz bevor die Freunde an der Bootsbrücke des Deutschen Rudervereins Hadersleben (DRH) anlegen wollten, sahen sie hinter ihrem Ruderboot „furchtbare Flammen und Rauch“ aufsteigen.  

Mutter und Kind wurden als erste gerettet

„Wir sind in eine Jolle, die auf dem Nachbargrundstück vom DRH lag, umgestiegen und dann sind wir sofort zur Katastrophe gerudert“, erinnert sich der pensionierte Zahnarzt. Gerhard Kley und Richard Jensen waren unter den ersten Helfern, die am Ort der Katastrophe eintrafen. Als erster habe Senior-Fabrikant Engel (damals 64) das Ausflugsboot, das, wie sich später herausstellte, aufgrund einer Explosion in Flammen stand, erreicht, erinnert sich Gerhard Kley.

„Die Ersten die wir retteten, waren eine Mutter und ihr kleines Mädchen. Das kann ich noch vor mir sehen. Die Mutter stand mit ihrer Tochter an einer Stelle, wo sich eine kleine Insel aufgebaut hatte. Sie schrie völlig panisch“, erzählt Gerhard Kley. Nachdem die jungen Männer die Mutter und ihre Tochter in Sicherheit gebracht hatten, gelang es ihnen zwei oder vier weitere Personen zu retten. An die genaue Anzahl, die sein Freund und er in Sicherheit brachten, kann sich Gerhard Kley nicht erinnern. Das sei aus seinem Gedächtnis verschwunden, wahrscheinlich aufgrund dessen, dass er sich damals in einer extremen Stresssituation befand.

„Die übrigen, die wir reinruderten, lagen im Wasser und waren gestorben. Im Hinterkopf habe ich noch immer eine ältere Frau, die ich an den Haaren gegriffen habe, um sie ins Boot hineinzuziehen. Plötzlich hatte ich die Haare statt der Frau in der Hand“, schildert Kley das furchtbare Schicksal eines der 57 Opfer der Dammkatastrophe.  Gerhard Kley half auch bei der Bergung mehrerer umgekommener Personen, die sich noch auf dem fast ausgebrannten Ausflugsboot befanden.

Rettungswagen fuhren erst zur verkehrten Seite des Damms

Der Einsatz auf dem Damm habe wohl anderthalb bis zwei Stunden angedauert. Während anfangs nur wenige Retter zur Stelle waren, trafen nach und nach weitere Ersthelfer und Rettungskräfte ein.

„Die Rettungswagen waren alarmiert worden, fuhren aber erst auf die Südseite des Damms und kamen erst allmählich auf die Nordseite rüber. Wir haben das sehen und hören können“, erinnert sich Kley. Er weiß noch genau, wo das Unglück passierte. Das havarierte Boot habe etwa 70 Meter vom Ufer an der Ripener Landstraße, dort wo der „Skallebæk“ in den Damm mündet, gelegen.   

In Gedanken oft bei den Verstorbenen

Damals habe es keine psychologische Hilfe gegeben, resümiert der Haderslebener. Tröstende Worte seiner Mutter Kathrine hätten ihm etwas über den Schock hinweggeholfen. „Ich hatte unruhige Nächte. Ich bin aber nicht depressiv  geworden“, so der 81-Jährige, der an jenem Juli-Tag zum ersten Mal einen toten Menschen sah. Er denke oft an den Tag zurück und besuche regelmäßig die Gedenkstätte am Dammhalbufer. 

Das Denkmal wurde anlässlich des 50. Jahrestages errichtet. „Ich finde es in Ordnung, dass wir den 60. Jahrestag begehen. Jedes zehnte Jahr ist doch wohl das Minimum an Veranstaltungen die wir durchführen, um der Verstorbenen zu gedenken“, sagt Kley. Er ist einer der 23 Menschen, die ob ihrer Verdienste bei der Rettungsaktion mit dem sogenannten Carnegie-Orden ausgezeichnet wurden. Sein Ruderkamerad Richard Jensen, der vor einigen Jahren gestorben ist, wurde ebenfalls für seinen Heldenmut geehrt.

 

Musiker des Militärorchesters SMUK geleiteten Angehörige und Helfer zur Gedenkstätte. Foto: Karin Riggelsen
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