Tour de France

Wo kann ich die Tour de France am besten erleben?

Wo kann ich die Tour de France am besten erleben?

Wo kann ich die Tour de France am besten erleben?

Peter Kaadtman
Nordschleswig/Kopenhagen/Paris
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Wo erlebt man am besten die Tour? Vor der eigenen Haustür vielleicht? Oder in der Stadt? Foto: Bo Amstrup/Ritzau Scanpix

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Teil 3: Die Tour de France ist neben den Olympischen Spielen und der Fußball-Weltmeisterschaft eines der größten Sportereignisse der Welt. Der nordschleswigsche Journalist Peter Kaadtmann begleitete für das „ZDF“ jahrelang die Tour und gibt im „Nordschleswiger“ einen Einblick in das Radrennen, das kommende Woche nach Nordschleswig kommt.

Zweifellos ist die Tour de France das größte mobile Sportereignis der Welt und nach Fußball-Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen (die Reihenfolge ist umkehrbar) das drittwichtigste.

Neben dem Tennisturnier von Wimbledon und der Vierschanzen-Tournee prägt die Tour de France den sportlichen Jahreskalender auf besondere Weise. Wer zuschauen möchte, zahlt trotz dieses Attributs noch nicht einmal Eintrittspreise.

Am besten im Fernsehen

Allerdings: Nirgends sieht man die Tour de France besser als im Fernsehen. Seit wenigen Jahren von Anfang bis Ende. Bilder und Kommentatoren vermitteln einen Gesamteindruck, belegen, was wichtig ist, sind live dabei, vor allem dank der Kameras auf Motorrädern und in Hubschraubern, mit Zeitlupen und erklärender Grafik nah dran am Renngeschehen.

Es ist dies nicht nur eine optische, sondern auch eine technische Meisterleistung.

Foto: Deutsches Museum, Sonderburg

Den besten Platz finden

 

Und an der Strecke? Immer dort, wo langsam gefahren wird, sich das Feld günstigerweise etwas auseinandergezogen hat, hat man eine gute und länger anhaltende Sicht. Das wäre an den Anstiegen.

Letztlich auch im Zielbereich, wenn es um den Tagessieg geht, ersatzweise an den Verpflegungsstationen oder Zwischensprints. Wer Glück hat, sogar vom eigenen Fenster aus – um sich dann wieder der Übertragung zu widmen.

Rechtzeitig einen Platz finden

Man muss rechtzeitig da sein, damit der Platz gut ausgewählt werden kann. Und dann dort bleiben. Geduldig warten. Stundenlang.

Gut zwei Stunden vor dem Fahrerfeld rauscht die Werbekarawane vorbei. Etwa 180 aufwendig gestaltete Fahrzeuge. 600 Personen wetterunabhängig dauerfröhlich. Laut. Bunt. Wer Glück hat, fängt Artikel ein, von denen angeblich 16 Millionen verteilt werden: Lebensmittel- und andere Probierpackungen, Wasserflaschen oder etwas für mehr Krach und Winke-Winke zur Motivation der Fahrer.

Mit kleinen Häppchen werden Zuschauerinnen und Zuschauer am Rande bei Laune gehalten. Dennoch, besser man nimmt sich selbst Verpflegung mit, vor allem zu trinken. Foto: Peter Kaadtmann

Dann kommt wieder für einige Zeit nichts, bis einige Motorräder mit oder ohne Blaulicht vorbeihuschen, offiziell erscheinende Autos ebenfalls.

Am Himmel künden Hubschrauber schließlich das Feld an, vor dem einige Motorräder der Polizei die Strecke seitlich absichern.

Dann ein oder mehrere Ausreißer oder ein größeres oder das gesamte Fahrerfeld.

Die Tour rauscht vorbei

Ein farbenfrohes Durcheinander der Teamtrikots, vielleicht erspäht man das wichtige gelbe. Auf flachen Abschnitten liegt das Tempo bei etwa 45 km/h, das sind pro Sekunde 12,5 Meter.

Das Peloton rauscht, einem Windhauch gleich, in wenigen Sekunden vorbei. Wer will mit der Dauer eines Lidschlages einen bestimmten Fahrer erkennen?

Die Tour ist einmalig

Und warum steht man trotzdem da, opfert manch Radbesessener Urlaubstage in Alpen und Pyrenäen, fährt dem Feld des Nachts voran, um sich am Wegesrand einen schmalen Stellplatz fürs Wohnmobil zu ergattern?

Weil es einmalig ist.

Deshalb sollte sich jeder dort hinstellen, wo’s gefällt. Sich die Hände wund klatschen, schreien, tröten oder was auch immer.

Auf Distanz bleiben

Nur nicht ins Geschehen eingreifen, wie manche, die fernsehwirksam mitlaufen, sich aufreizend vor die Fahrer stellen oder sonstigen Unsinn treiben. Den Fahrern gehört die Straße, hinter deren Absperrungen, Bürgersteigen oder Wegesrändern ist Platz genug.  

Man könnte sich vorher ein wenig nützlich machen und den Namen des Lieblingsprofis auf die Straße pinseln. Ein beliebter und tausendfach erprobter Ausdruck besonderer Zuneigung.

Oder auch Abneigung, wie das Beispiel von 2001 am Anstieg zum Tourmalet in La Mongie zeigt. Wir haben damals sofort angehalten und ich konnte schnell das Foto machen.

Bei Lance Armstrong schieden sich schon immer die Geister. Für die Tour-Organisatoren war er nur bedingt gerngesehener Teilnehmer. Die Fans wussten sich präziser auszudrücken. Foto: Peter Kaadtmann

Städte, Orte, kleinere Gemeinden wissen sich herauszuputzen. Ein regelrechter Wettkampf entbrennt, für den wochenlang gearbeitet wird, damit die ausgefallenste Idee gut zur Geltung kommt. Belohnt wird jede Aktion durch die Hubschrauberbilder, die nicht zuletzt sehr wirksam für Werbung aller Art sorgen.

Ein ganz außergewöhnlicher Einfall: In einer Serpentinenkurve bei Verbier in der Schweiz haben 2009 oberhalb der Stützmauer sehr kreative Menschen Momente eines Rennens sehr humorvoll eingefangen. Foto: Peter Kaadtmann
So leicht getan wie gesagt. Mit etwas Weiß und einer Farbrolle lassen sich Namen und andere Fanbekundungen auf die Straße pinseln. Zur Freude des Künstlers halten sie monatelang. Foto: Peter Kaadtmann

Auch Nordschleswig macht sich tourfein. Von der in Gelb gekleideten Sonderburger Klappbrücke wissen wir, aber was lassen sich Hadersleben, Apenrade, Sonderburg und die zahlreichen Orte dazwischen an Überraschungen einfallen?

Der Fotograf Mads Claus Rasmussen von Ritzau Scanpix hat im Vorfeld der Tour de France in Dänemark bereits den Ideenreichtum der Bürgerinnen und Bürger eingefangen. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

So sieht eine typische Strecke aus

Am Beispiel der Etappe Vejle-Sonderburg, die vorwiegend in Nordschleswig ausgetragen wird, lässt sich gut darstellen, welche markanten Punkte eine Flachetappe ausweisen kann.

Start:

Oft neutral, zum Beispiel, wenn in engem Stadtgebiet, danach dann der offizielle Start an einem ausgewähltem Punkt. Tourdirektor Christian Prudhomme schwenkt die gelbe Flagge aus Autodach heraus.

Bergwertungen:

Côte de Koldingvej nach 27,3 Kilometern: 1,1 Kilometer Länge / 3,4 % Steigung / 4. Kategorie

Côte de Hejlsminde Strand nach 82,8 Kilometern: 800 Meter Länge / 5,5 % Steigung / 4. Kategorie

Côte de Genner Strand nach 123,3: 1,7 Kilometer / 3,4 % / 4. Kategorie

Sprints:

Christiansfeld nach 90,5 Kilometern

Sonderburg Zielsprint nach 182 Kilometern

Unspektakulärer Teilabschnitt

Es ist sportlich gesehen ein ziemlich unspektakulärer Teilabschnitt, bei dem die Teams sicherlich alles tun werden, ihren Sprintern das Feld zu bereiten. Sie können sich dabei besonders verausgaben, denn bereits am Montag folgt ein Ruhetag wegen des langen Transportweges zum Start der vierten Etappe in Dünkirchen.

Das von manchen langersehnte Ziel. Die Champs Élysées fordern die Teams dennoch bis zuletzt. Auf dem groben, unebenen Kopfsteinpflaster zum Triumphbogen hinauf und wieder herunter nimmt das Tempo sprunghaft zu, um das Feld zu spalten und den Topsprintern einen letzten Sieg zu lancieren.

Teil 1 und 2 der Serie gibt es hier:

 

Peter Kaadtmanns Tour de France

Die komplette, jetzt fast 120-jährige Historie und persönliche Erlebnisse (1981, 1998 bis 2011) von der Tour de France fügen sich zu einem mehrere zehntausend Teile umfassenden Puzzle zusammen. In dieser Serie konnten nur einige zusammenhängende Einzelstücke miteinander verknüpft werden. Ein Gesamtbild wird allerdings niemals möglich sein. Zu umfangreich sind sämtliche Ereignisse – und zu allem Überfluss kommen bei jeder neuen Ausgabe unzählige hinzu.

In meinem Berufsleben war nichts so herausfordernd, spannend und erfolgreich wie die redaktionelle Leitung der Tour. Umso schmerzlicher der Rückzug des ZDF aus der Berichterstattung 2012, der für alle, die hoch engagiert und kreativ mitgearbeitet haben, unverständlich bleibt.

Peter Kaadtmann wurde 1950 in Hadersleben geboren, wohnte danach bis zum Abitur am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig 13 Jahre in Apenrade. 1970 begann er ein Germanistik-, zwei Jahre später zusätzlich ein Sportstudium an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz.

Unmittelbar nach dem Staatsexamen Anfang Mai 1978 absolvierte er eine Hospitation in der Hauptredaktion Sport des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) in Mainz, begann danach eine Freie Mitarbeit und wurde im November 1980 festangestellt.

Bei Europa- und Weltmeisterschaften sowie den Olympischen Spielen 1984 und 1988 hat er die Turnwettbewerbe kommentiert, leitete seit 1998 vornehmlich Großereignisse wie die Tour de France, die Paralympics sowie die Welt-Cups und Weltmeisterschaften der Skispringer und Biathleten.

Seit 2015 befindet er sich im Ruhestand, übernimmt aber gelegentlich im ZDF redaktionelle Aufgaben.

Foto: Tour de France/A.S.O.
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