Tour de France

So viele Menschen begleiten die Tour de France

So viele Menschen begleiten die Tour de France

So viele Menschen begleiten die Tour de France

Peter Kaadtman
Nordschleswig/Kopenhagen/Paris
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Die Tour de France kommt diese Woche nach Dänemark und fähtrt Sonntag durch Nordschleswig. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

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Teil 2: Die Tour de France ist neben den Olympischen Spielen und der Fußball-Weltmeisterschaft eines der größten Sportereignisse der Welt. Der nordschleswigsche Journalist Peter Kaadtmann begleitete für das „ZDF“ jahrelang die Tour und gibt im „Nordschleswiger“ einen Einblick in das Radrennen, das kommende Woche nach Nordschleswig kommt.

Der Tour-Tross ist eine Kleinstadt auf Rädern. Man schätzt etwa 4.500 Personen, die sich Tag für Tag wie ein Schwarm durchs Land bewegen, sich für wenige Stunden niederlassen, um dann rastlos weiterzuziehen. Unter denen machen die Hauptakteure, die Profis in 22 Mannschaften, nur einen Bruchteil aus.

Jedes Team darf seit 2018 mit 8 statt zuvor 9 Fahrern besetzt sein, das macht insgesamt 176. Zu deren Unterstützung kommen noch 15 bis 20 Personen dazu, von sportlichen Leitern über deren Assistenten, Ärzten, Physiotherapeuten, Köchen, Mechanikern, Pressebetreuern, Bus- und Material-LKW-Fahrern bis zu weiteren Hilfskräften.

Umfangreiche Organisation

Die Organisation ist wegen des täglichen Aufwandes an Start- und Zielorten umfangreich besetzt. Während am Startort nach der morgendlichen Vielfalt aus verschiedene Buden und Zelten wieder abgebaut wird, bereiten am Ziel von 5 Uhr an eine Unzahl an Helfern plangenau und zum Verwechseln wiederkehrend den Zielbereich vor.

Nach erstaunlich wenigen Stunden ist alles gerichtet. Zäune für die letzten Kilometer, mobile Gäste- und Reportertribünen, vor allem die große technische Zone für die vielen, sperrigen Übertragung- und Materialwagen des Fernsehens. Da sind etliche Hundert Personen am Werk, die einem genauen Organisationsschema folgen. 

Die Zieleinfahrt wird jeden Tag aufs Neue aufgebaut. Drei Wochen lang – bis auf wenige Ruhetage. Foto: Peter Kaadtmann

Tour-Übertragung in 190 Länder

Etwa 125 Fernsehsender berichten in rund 190 Länder. Geschätzt 250 Kamerafrauen und -männer sind im Einsatz, überwiegend für das internationale Bild, das vom französischen Fernsehen erstellt und weltweit ausgestrahlt wird, an stationären Positionen, auf Motorrädern und Hubschraubern.  

An Menschen, Maschinen und Rohstoffen ein riesiger Ressourcenverbrauch. Er ist den Organisatoren durchaus bewusst, nur schwierig einzudämmen.

Spektakel des Tages

Auffällig ist aber, wie schnell der Zielort sauber hinterlassen wird. Da bleibt nicht der geringste Krümel liegen, die Zielgerade wird von allen Markierungen befreit, lediglich umgeknickte Grashalme müssen sich von allein wieder aufrichten. Sonst zeugt wenig vom lauten Spektakel des Tages. 

Meist gegen 20 Uhr startet der kilometerlange Konvoi aus Spezialfahrzeugen zur Nachtfahrt an den nächsten Zielort. Die Routine nimmt einen neuen Anlauf.

Trinkflasche als begehrtes Souvenir

Auf der Strecke stehen oder hängen immer Abfallbeutel und die Fahrer sind verpflichtet, Abfall nicht einfach wegzuwerfen -– ausgenommen die Trinkflaschen als begehrtes Souvenir.   

Bis in so kleine Details hinein wirkt die Organisation, die in ihrer Gesamtheit zum Besten gehört, was ich erlebt habe.

Die Vielzahl der damit verbundenen Vorschriften, aber auch allerlei Hinweise zu Start- und Zielorten, zur Strecke mit ihren großen und kleinen Orten, zu Sehenswürdigkeiten und historischen Blickpunkten füllt etliche Begleitbücher. 

Umfangreiche Informationen wie hier die Bücher zum hundertjährigen Jubiläum der Tour de France garantieren den reibungslosen Verlauf. Foto: Peter Kaadtmann

Einen sicheren Verlauf der Etappen garantieren unzählige Beamte der zwei Polizeibehörden des Landes, der Police Nationale (des Innenministeriums) und der Gendarmerie (des Verteidigungsministeriums) oder weitere ortsnahe Helfer, die an der Strecke an Ausfahrten sogar kleiner Feldwege postiert sind.

An die 30.000 Personen sorgen in den drei Tour-Wochen für einen ungestörten Verlauf. 

Die Arbeit der Journalisten

Die Tour de France ist in zweifacher Hinsicht ein Presserzeugnis, geschaffen zur Auflagensteigerung von 'l'Auto', vermittelt durch ebenjene Journalisten. 

Das live ausstrahlende Fernsehen und das Radio haben ganz wesentlich zur Popularität beigetragen und zugleich den Typus der Journalisten verändert: die Schreibenden und die Kommentierenden.

Beide sitzen im Zielbereich, Radio und Fernsehen in mobilen, zweistöckigen Reporterkabinen in Höhe der Zielgeraden, die anderen im Pressezentrum – manchmal etwas weiter entfernt.

Das Pressezentrum – ein neues jeden Tag – ist nicht wie zu Hause im Büro. Foto: Peter Kaadtmann

Live am Fernsehschirm

Das Fernsehbild liefert den Stoff für ihre Arbeit. Die einen im Hier und Jetzt am Mikrofon, die anderen am Laptop für die schriftliche Nachbetrachtung für ihre Leser.

Der Kommentator sagt der Etappe mit deren Ende und allem Gesagten ade!, der Schreibende feilt an der Story, die möglichst tiefgreifender, am besten mit exklusiven Informationellen, den Renntag interpretieren soll. 

Die Konkurrenz als Mitstreiter

Ich bewundere diese Kolleginnen und Kollegen besonders, weil sie oft in leicht abgedunkelten, schlecht klimatisierten Räumen die Etappe lediglich am Fernsehgroßbild verfolgen, im Gedränge nach Zieldurchlauf, telefonisch oder im Mannschaftshotel nach Eigenverwertbarem suchen.

Und weil es so viele sind, zudem von Konkurrenzblättern des eigenen Landes, ist das auch noch besonders zeitraubend und nervig.

Teil 1 der Serie:

Peter Kaadtmanns Tour de France

Die komplette, jetzt fast 120-jährige Historie und persönliche Erlebnisse (1981, 1998 bis 2011) von der Tour de France fügen sich zu einem mehrere zehntausend Teile umfassenden Puzzle zusammen. In dieser Serie konnten nur einige zusammenhängende Einzelstücke miteinander verknüpft werden. Ein Gesamtbild wird allerdings niemals möglich sein. Zu umfangreich sind sämtliche Ereignisse – und zu allem Überfluss kommen bei jeder neuen Ausgabe unzählige hinzu.

In meinem Berufsleben war nichts so herausfordernd, spannend und erfolgreich wie die redaktionelle Leitung der Tour. Umso schmerzlicher der Rückzug des ZDF aus der Berichterstattung 2012, der für alle, die hoch engagiert und kreativ mitgearbeitet haben, unverständlich bleibt.

Peter Kaadtmann wurde 1950 in Hadersleben geboren, wohnte danach bis zum Abitur am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig 13 Jahre in Apenrade. 1970 begann er ein Germanistik-, zwei Jahre später zusätzlich ein Sportstudium an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz.

Unmittelbar nach dem Staatsexamen Anfang Mai 1978 absolvierte er eine Hospitation in der Hauptredaktion Sport des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) in Mainz, begann danach eine Freie Mitarbeit und wurde im November 1980 festangestellt.

Bei Europa- und Weltmeisterschaften sowie den Olympischen Spielen 1984 und 1988 hat er die Turnwettbewerbe kommentiert, leitete seit 1998 vornehmlich Großereignisse wie die Tour de France, die Paralympics sowie die Welt-Cups und Weltmeisterschaften der Skispringer und Biathleten.

Seit 2015 befindet er sich im Ruhestand, übernimmt aber gelegentlich im ZDF redaktionelle Aufgaben.

Foto: Tour de France/A.S.O.
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