Leitartikel

„Eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft“

Gewässerschutz eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft

Gewässerschutz eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft

Apenrade/Aabenraa
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Das neue Konzept zum Gewässerschutz provoziert die dänischen Landwirte unnötig, meint Volker Heesch.

Der Regierungswechsel zieht jetzt für die Landwirte in Dänemark deutliche Konsequenzen nach sich. Die sozialdemokratische Minderheitsregierung hat sich mit ihren Unterstützern Radikale Venstre, SF und Einheitsliste sowie den Alternativen auf ein neues Gewässerschutzkonzept verständigt.

Ebenso wie die Vorgängerregierung mit ihrem „Nahrungsmittel- und Landwirtschaftspaket“ es nicht geschafft hatte, die für alle Regierungen gleich welcher Farbe geltenden Vorgaben der „EU-Wasserrahmenrichtlinie“, die schon vor Jahrzehnten in Dänemark mit dem Segen der eigenen Legislative Gesetzeskraft erhalten hat, im breiten Konsens durchs Parlament zu lotsen, boxt die sozialdemokratische Regierung das neue Programm gegen die bürgerliche Opposition durch. 

Die neuen Vorgaben, die der Gesetzgeber teilweise schon vor Jahren hätte einführen müssen, werden nach Ansicht der Landwirte im Hauruckverfahren bereits 2020 in Kraft gesetzt. Deren Umsetzung dürfte für viele Landwirtschafsbetriebe nicht einfach sein. Es stellt sich die Frage, ob man den Höfen die Umsetzung der Auflagen damit nicht unnötig erschwert.

Während die neue Regierung in Sachen Klimagesetz auffallend „trödelt“, denn es werden zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes Maßnahmen erforderlich sein, die allen Bürgern ans Portemonnaie gehen, ist man bei der inzwischen, was deren gesellschaftliche Macht angeht, recht kleinen Gruppe der Bauern auffallend forsch zu Werke gegangen.

Hatte die frühere Regierung durch undurchsichtige Berechnungen der Umweltkonsequenzen der Landwirtschaft beim Thema Gewässerschutz auf längere Sicht keinen guten Dienst erwiesen, provoziert die jetzige Regierung mit ihrem neuen Schnellschuss in Sachen Wasserschutz leider viele Landwirte, denen die Auflagen an die Existenz gehen können. Dabei herrscht bei vielen Landwirten bestimmt Bereitschaft, etwas für reines Grundwasser, ökologisch gesunde Auen, Bäche, Förden und Belte mit genug Sauerstoff für Fische, Muscheln und Krebse zu tun. Doch wirtschaftliche Zwänge sind dabei oft ein Bremsklotz.

Im Programm der Regierung und ihrer Unterstützer heißt es, die ökologisch bewirtschaftete Fläche in Dänemark sollte zur Entlastung der Gewässer verdoppelt werden. Auch sollten mehr Öko-Produkte exportiert und im eigenen Land verspeist werden. Es werden Millionenbeträge dafür an Fördermitteln bewilligt. Auch für weitere „grüne Maßnahmen“ werden hohe Beträge locker gemacht. Erwähnt werden z.  B. 20 Millionen Kronen für die Modernisierung von Kuhställen ökologischer Höfe.

Die Pflicht zu mehr Zwischenfrüchten wird finanziell kompensiert durch 190 Millionen Kronen aus dem EU-Landdistriktprogramm. Doch neben Zuckerbrot ist auch die Peitsche für die Bauern zu sehen. Werden die Auflagen bei den Zwischenfrüchten nicht erfüllt, droht den Landwirten eine Pflicht zu noch mehr Flächen mit entsprechenden Aussaaten – ohne finanzielle Kompensation.

Es wird sich herausstellen, ob das Vorhaben in der Praxis umsetzbar ist. Mit Kosten ist es verbunden – und die kann die Landwirtschaft nicht ohne Beteiligung der gesamten Gesellschaft verkraften. Denn die umweltbelastende Intensiv-Agrarproduktion ist ja eine Folge von Discountlebensmittelpreisen und „knickerigen“ Konsumenten, die Mitverantwortung tragen, auch wenn es ihnen nicht klar ist.

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