Traditionssegler in Kappeln

Traditionssegler „Gotland“ verlässt Kappeln

Traditionssegler „Gotland“ verlässt Kappeln

Traditionssegler „Gotland“ verlässt Kappeln

SHZ
Kappeln
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Letztes Familienfoto an Bord: Familie Hübner auf der „Gotland“. Foto: privat Foto: 90037

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Vom Minensuchboot über den Fischkutter zum Segelschiff: Die „Gotland“ hat sich seit ihrem Stapellauf 1942 oft gewandelt. Zuletzt war sie prägender Teil des Kappelner Südhafens – nun ist auch das bald Geschichte.

Seit 2003 ist die „Gotland“ in Kappeln zu Hause. Seit dieser Zeit ist sie ein prägender Teil der Hafensilhouette. Und doch wird sie demnächst zu neuen Ufern aufbrechen und Kappeln im Kielwasser zurücklassen. Sie ist verkauft und wird vom neuen Eigentümer nach Greifswald verholt werden, wo ein Verein mit seinen jugendlichen Mitgliedern den Wartungsstau der vergangenen drei Jahre aufholen will und das Schiff als Vereinsheim herrichten wird.

Stapellauf 1942 in Swinemünde

Die „Gotland“ hat eine bewegte Zeit hinter sich. 1942 ist sie in Swinemünde vom Stapel gelaufen. Als sogenannter KFK (Kriegs-Fischkutter) diente sie der Kriegsmarine als Minensuchboot und wurde als solches überwiegend in der Region um Bergen (Norwegen) eingesetzt.

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Umbau zum Fischkutter

Nach dem Krieg wurde sie bestimmungsgemäß bei Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) in Kiel zum Fischkutter umgebaut und vom Heikendorfer Fischer Karl Kristand in der Hochseefischerei betrieben. Mit dem Fischer ging auch die „Gotland“ 1989 in „Rente“. Ein Künstler aus Schwerin erwarb sie und wollte sie als Atelier herrichten. Als dieser damit scheiterte, wurde die „Gotland“ von einem Hamburger Luden gekauft, der sie als schwimmendes Bordell einsetzen wollte. Als auch das nicht klappte, fristete sie ein tristes Dasein in Wischhafen (Elbe) an einer stillgelegten Werft, wo sie zerfiel.

Kurz nach Fertigstellung gekentert

Dort entdeckte sie 1998 Kapitän Harald Hübner als schrottreifes Schiff. Hübner kaufte die „Gotland“, restaurierte sie in dreijähriger Arbeit in Wischhafen, Freiburg (Elbe) und Klaipeda (Litauen) vollkommen und baute sie schließlich zum Segelschiff um. Das neue Rigg wurde in Klaipeda entworfen, konstruiert und installiert. Ein Rechenfehler der Werft führte jedoch im Sommer 2002 kurz nach Fertigstellung zum Kentern der „Gotland“ in einer Gewitterbö vor Damp. Das Schiff wurde vom Ostseedienst Jaich gehoben und anschließend auf der Heinrich-Eberhardt-Werft in Arnis erneut restauriert.

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Ein Schiff als Wohnung

Als der Ausbau komplett erneuert war, wurde in Marstal bei Ebbes Baadebyggeri ein kleineres Rigg aufgebaut. Harald und Friederike Hübner nutzten das Schiff bis 2008 mit ihren drei Kindern als Wohnung. In der Saison war die „Gotland“ für Gästefahrten auf den Hafenfesten unterwegs und hat jeweils nach der Saison in unterschiedlichen Häfen überwintert.

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Als die erste der drei „an Bord geborenen“ Kinder, Josephine, im Vorschulalter war, sollte Stabilität in die Familie gebracht werden und die Zeit der „Gotland“ in Kappeln begann. Bis 2019 betrieben Hübners den Schoner von Kappeln aus als Veranstaltungsschiff, als Tauchbasis und auch für Seebestattungen. Mehrfach fuhr die „Gotland“ zu den Heringstagen die Teilnehmer der Heringswette zum Heringszaun.


Zu hohe Auflagen, um Betrieb fortzuführen

2019 versetzte die See-Berufsgenossenschaft der „Gotland“ aber den Todesstoß. Die Auflagen der BG waren so umfangreich, dass ein wirtschaftlicher Betrieb für Familie Hübner nicht mehr möglich war. Seitdem stand das Schiff zum Verkauf. Kurz vor Abschluss eines vielversprechenden Kaufvertrages kam der erste Corona-Lock-Down, und ein Verkauf war ausgeschlossen. Nun, drei Jahre später, gibt es eine neue Perspektive für das Schiff in seiner nunmehr vierten Bestimmung. Dem Hafen von Kappeln wird sie fehlen – und sicherlich auch Familie Hübner.

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