Leitartikel

„Politischer Zirkus“

Politischer Zirkus

Politischer Zirkus

Tondern/Tønder
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Die Machtverhältnisse im Tonderner Stadtrat haben sich mit der Tønder Listen geändert. Die Venstre-Fraktion ist auf acht Mitglieder geschmolzen. Zu hoffen bleibt, dass die Lokalpolitiker das Wohl der Kommune bis zur nächsten Kommunalwahl 2021 im Auge behalten, meint Brigitta Lassen.

Was zurzeit in der Kommune Tondern politisch vor und hinter den Kulissen abgeht, gleicht einem Kindergarten. Unter dem Motto „wie du mir, so ich dir”.

Kaum haben Bürgermeister Henrik Frandsen und seine sechs Gefolgsleute mitgeteilt, dass sie ihre Mitgliedschaft bei Venstre gekündigt und die neue Tønder Listen gegründet haben, werden im anderen „Lager” wieder heiße Eisen geschmiedet.

Das Niveau ist kindisch. Ein Beispiel: Noch am selben Tag schimpfte das Venstre-Stadtratsmitglied Susanne Linnet in einem Leserbrief, dass Frandsen ein schlechter Verlierer sei. Er habe gute Venstre-Leute ins Boot geholt und wolle sich mit dem guten Parteinamen und den Werten der Liste V profilieren.

Die öffentlich zur Schau getragene Selbstzerfleischung geht weiter. Frandsen kann, obwohl er als Venstre-Mann gewählt wurde und trotz des Parteiaustritts, Bürgermeister bleiben, es sei denn, er begibt sich in kriminelle Machenschaften.

Anders sieht es mit den drei amtierenden Ausschussvorsitzenden Bo Jessen, Irene Holk Lund und René Andersen aus. Sie könnten ihre Jobs los sein, wenn sich in ihren Ausschüssen eine Mehrheit für einen anderen entscheidet. Auch das ist schon im Gespräch.

Wer hier der Böse und wer hier der Gute ist, ist von außen schwer erkennbar. Eines ist sicher: „Die Hintermänner” des neuen Bürgermeisterkandidaten Martin Iversen haben ganze Arbeit geleistet, ihren Kandidaten an die Spitze zu manövrieren, während sich der politische Neuling als Unschuldslamm sieht, der die persönlichen Querelen nach eigener Meinung nicht mitmacht.

Jetzt weiß man endgültig bei Venstre, wer Feind und wer Freund ist. Bürgermeister Henrik Frandsen, der öffentlich von den eigenen Leuten diskreditiert worden ist und für vieles beschuldigt wird, trägt eine Mitschuld an der Venstre-Krise. Er und der  mächtige, aber später gestürzte Parteivorsitzende Lars-Erik Skydsbjerg, der jetzt hinter den Kulissen der Tønder Listen die Fäden zieht, haben nach Meinung einiger Parteimitglieder die Posten nach der Wahl 2017 nicht gerecht verteilt. 

Venstre-Frauen und -Männer, die zum Teil bei der Wahl gar nicht so gut abgeschnitten hatten, wurden mit wichtigen Ämtern belohnt. Für die Sozialdemokraten und die Dänische Volkspartei blieben ein Vorsitz im Sozialausschuss, beziehungsweise im Arbeitsmarktausschuss. Seine eigene Nichtberücksichtigung veranlasste Jens Møller aus Lügumkloster dazu, früh der Venstre-Fraktion den Rücken zu kehren.

Frandsen, der 2017 ein sehr gutes Wahlergebnis für sich persönlich und seine Partei einfuhr, erklärte bei der Präsentation der Tønder Listen, dass seine neue Liste die breite Zusammenarbeit mit allen Parteien suche. Tønder Listen  sehe im Gegensatz zum Parteivorstand von Venstre  nicht die Sozialdemokraten als ärgsten Gegenspieler bei der Wahl 2021.  

Vielleicht ein kluger Schachzug des Bürgermeisters für die Zeit nach der Wahl. Bei einer Verbrüderung mit den Sozialdemokraten könnte er vielleicht im Amt bleiben, beziehungsweise mit einem wichtigen Posten belohnt werden. Denn es geht ihm nach eigenen Worten nach dem größtmöglichen Einfluss für seine Liste. Ein Paarlauf mit Venstre und der Tønder Listen ist nahezu ausgeschlossen.


Die Sozialdemokraten, die auf ihren Stimmenmagneten Peter Christensen verzichten müssen und mit einer gänzlich unbekannten Bürgermeisterkandidatin antreten, sind nicht die Einzigen, die den Schlüssel zum politischen Glück haben.

Die kleinen Parteien können eine Schlüsselposition einnehmen, und dabei wird Jørgen Popp Petersen von der Schleswigschen Partei immer wieder als möglicher Bürgermeisterkandidat gehandelt. In der Politik ist fast alles möglich.
Interessant dürften die kommenden 14 Monate werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Volksgewählten das Wohl der Kommune im Auge haben und sich nicht weiter gegenseitig bekriegen.

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