Deutsche Minderheit

Regierung lässt Deutsch-Projekt fallen

Regierung lässt Deutsch-Projekt fallen

Regierung lässt Deutsch-Projekt fallen

Apenrade/Kopenhagen
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Kein Geld für erfolgreiches Deutschportal: Unterrichtsministerin Merete Riisager. Foto: Martin Sylvest/Ritzau Scanpix

Mit der Webseite „Grenzgenial“ hat die Minderheit Tausende Deutschlehrer und -schüler in Dänemark mit Unterrichtsmaterial versorgt. Unterrichtsministerin Riisager lobt das Projekt, will aber kein Geld mehr geben. „Können das als Minderheit nicht für die Mehrheit finanzieren“, sagt der BDN-Chef.

Monatelang haben der dänische Deutschlehrerverband der Grundschulen, der Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) und die Mitarbeiter, die in das Projekt „Grenzgenial“ eingebunden sind, auf eine Antwort aus Kopenhagen gehofft: Kann das Apenrader Angebot für Deutschlehrer in ganz Dänemark weiter betrieben werden, oder nicht?

Die Antwort von Unterrichtsministerin Merete Riisager jetzt: Nein, zumindest nicht mit Mitteln des Unterrichtsministeriums. „Jetzt müssen wir das Geld anderswo herbekommen oder das Projekt einstampfen“, sagt der Hauptvorsitzende des BDN, Hinrich Jürgensen. „Das ist sehr, sehr schade“.

Er ist vor allem deshalb enttäuscht, weil „wir der Regierung ja in ihrer Deutschlandstrategie damit geholfen haben. Es wurde sehr viel Arbeit investiert“, so Jürgensen.

Lehrer nutzen das Angebot weiter 

Für die vielen Deutschlehrer, die das Angebot genutzt haben und weiterhin nutzen, obwohl es seit Monaten, weil der Geldhahn abgedreht wurde, nur auf Sparflamme läuft, heißt das, „dass sie jetzt anderes Material finden müssen. Die Rückmeldungen waren ja, dass man sehr froh war, diese Plattform zu haben“, so Jürgensen. „Es war unsere Hilfe in der Deutschlandstrategie, mehr Deutsch in die Öffentlichkeit zu bringen. Es ist problematisch, wenn wir das künftig als Minderheit für die Mehrheit finanzieren sollen“, sagt er.

Der Deutschlehrerverband der Grundschulen (in Dänemark allgemeinbildende Schulen bis zur 9. oder 10. Klasse) und der BDN hatten sich an die Finanz-, Kultur- und Unterrichtsministerien gewandt, um die jährlichen Kosten von 600.000 Kronen für Betrieb und Weiterentwicklung der Internetplattform zu sichern.

Ministerin: Hohe Qualität – aber nicht Aufgabe des Ministeriums

Unterrichtsministerin Merete Riisager (Liberale Allianz) hebt in ihrer schriftlichen Absage an den BDN die „hohe Qualität“ von Grenzgenial hervor, außerdem sei es notwendig, die Qualität des  Deutschunterrichts im Rahmen der Deutschlandstrategie der Regierung weiter zu fördern.
Deshalb werde nun ein „Nationales Zentrum für Fremdsprachen“ errichtet, mit Deutsch als „Kernaufgabe“.

Mit diesem, noch nicht existenten, Zentrum könne „zugunsten des Deutschunterrichtes“ ja zusammengearbeitet werden, um sicherzustellen, dass alle „in eine Richtung ziehen“. Geld, um Grenzgenial die Existenz bis dahin zu ermöglichen, wird es aber nicht geben. Schließlich „unterstützt das Ministerium Produktion und Betrieb von Unterrichtsmaterialien grundsätzlich nicht, weil dies eine Aufgabe ist, die Verlage lösen“, schreibt Riisager in einer Mail an die unterrichtspolitische Sprecherin von Venstre, Anni Matthiesen, die dem „Nordschleswiger“ vorliegt.

Doch bisher hat es Geld für Grenzgenial just aus Kopenhagen gegeben. Geld, ohne das das Projekt gar nicht erst entstanden wäre und jetzt  wohl eingestellt werden muss, sagt Jürgensen. Der BDN werde das Thema jetzt im Hauptausschuss diskutieren „und wir versuchen, politisch Druck zu machen, schließlich wurde Grenzgenial für die Regierung entwickelt“, so der BDN-Chef.

 

 

 

Hintergrund

  • Grenzgenial ist ein Online-Portal für den deutschen Fremdsprachenunterricht insbesondere in den Abschlussklassen dänischer Grundschulen.
  • Das Angebot wurde vom dänischen Kulturministerium im Rahmen der „Deutschland-Strategie“ der  Regierung finanziell unterstützt und ist gratis.
  • Institutionell ist Grenzgenial im „Bund Deutscher Nordschleswiger“ verankert.
  • Der Nordschleswiger, die Tageszeitung der deutschsprachigen Minderheit in Dänemark, liefert die Grundlage für die meisten Unterrichtsmaterialien von Grenzgenial.
  • Das Material ist nach den Gesichtspunkten eines funktionellen Sprachgedankens und eines „entreprenanten" didaktischen Zugangs aufbereitet.
  • Im Februar haben 1.300 einzelne Lehrer und Schüler die Seite genutzt – obwohl diese wegen der fehlenden Förderung seit Längerem nicht mehr aktualisiert werden kann.
  • Mit den „Schnickschnacks“, einer Unterrichtshilfe für Schüler mit Redewendungen und Tipps, hat Grenzgenial einen großen Erfolg gelandet. Mehr als 2.500 Stück sind an dänischen Schulen in Umlauf.
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