Leitartikel

„Grenzland-Grænseland“

Grenzland-Grænseland

Grenzland-Grænseland

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
Apenrade/Aabenraa
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Die vierteilige Serie „Grænseland“ lohnt sich, findet Siegfried Matlok, ehemaliger Chefredakteur des „Nordschleswigers“, allerdings gibt es auch einige Schönheitsflecken.

Am Sonntagabend ging im Dänischen Fernsehen die vierteilige Serie „Grænseland“ zu Ende, die sehr hohe Zuschauerzahlen erreichte, ein Millionenpublikum! Der berühmte Schauspieler Lars Mikkelsen, dessen Stimme in Verdun oder auf dem Friedhof im Broacker stets einen Hauch von Weltuntergang vermittelte, führte durch die jüngere, turbulente Geschichte des deutsch-dänischen Grenzlandes bis zu dem, wie betont wurde, glücklichen Ende 1955, als die Bonn-Kopenhagener Minderheitenerklärungen gemeinsam mit der bundesdeutschen Nato-Mitgliedschaft beschlossen wurden.

Im Gegensatz zur mehrteiligen Fernsehserie „1864“ Düppel, die sehr kritisch beurteilt wurde, ist „Grænseland“ allgemein sehr positiv aufgenommen worden. „Danmarks Radio“ hat aus früheren Fehlern gelernt und die komplizierten Ereignisse, angefangen mit dem ach so bösen deutschgesinnten Herzog von Augustenburg, stichwortartig von einer Galerie kompetenter Historiker eingebettet, wobei man sich vielleicht den einen oder anderen  hätte sparen können. Aber insgesamt wollen wir dem Fernsehprojekt gern unsere Anerkennung zollen, denn natürlich darf man nicht vergessen, dass es dabei in erster Linie um Unterhaltung ging, aber gleichzeitig ist einem breiten Fernsehpublikum auch ein wichtiges Stück dänischer Geschichte vermittelt worden, denn ohne „Sønderjylland“ wäre das Königreich heute ärmer, weil dieser Landesteil eben zur rot-weissen Identitätsstiftung beigetragen hat.

Aber es gab einige Schönheitsflecken, auch wenn man die Ansprüche nicht zu hoch stellen darf. „Grænseland“ war ein grosses dänisches Epos.  Die Sicht durch die dänische Brille ist verständlich, und doch hätte es dem Programm gut getan, wenn auch manche deutsche Position wenigstens etwas ins Bild gerückt worden wäre. Dass König  Christian IX. nach 1864 dem preussischen König Wilhelm I. ganz Dänemark als Teil/Mitglied des Deutschen Bundes angeboten hatte, wie es Tom Buk-Swienty 2010 im königlichen Privatarchiv herausfand, was jedoch an dem einst bei Dänen so verhassten Bismarck scheiterte, lassen wir mal beiseite.

Zur besseren Wahrheit gehört jedoch, dass die deutsche Seite bereits vor dem Waffenstillstand 1918 der dänischen Regierung eine Volksabstimmung in der Schleswig-Frage anbot – ebenso eine bilaterale Lösung zwischen beiden Ländern.  Dänen-Führer H.P. Hanssen suchte aber den taktischen Umweg über Versailles und über die Siegermächte, weil er eben dadurch jene en-bloc-Abstimmung mit der von ihm gewünschten Grenzlinie 1920 durchsetzen konnte. Eine Linie, die – aus unterschiedlichen Gründen – weder die deutsche noch die dänische Minderheit akzeptierten. So war es damals, und diese Fakten sollten auch heute – bei aller Freude mit rückwirkender Kraft – nicht übersehen werden.

Eine Szene verwunderte besonders: als die auswärtigen Wähler mit dem Zug in Nordschleswig eintrafen, wurden sie auf einem Bahnhof in einem Meer von Dannebrogs empfangen, und auf deutscher Seite wurden schwarz-rot-goldene Fahnen geschwenkt. Da hat man offenbar 1920 mit 2020 verwechselt! Warum, obwohl die Fernsehmacher nach unseren Informationen vorab auf diesen Fehler hingewiesen wurde, die Szene so über den Bildschirm lief, ist verwunderlich.

 In der Abstimmungszeit brauchten die Deutschgesinnten ganz andere Farben im Flaggen-Krieg, schwarz-weiss-rot, vor allem aber die schleswig-holsteinischen Fahnen blau-weiss-rot. Ob man übrigens heute mit Schwarz-Rot-Gold schwenkend auf einem Bahnhof stehen würde, ist eine andere Frage, aber immerhin haben die TV-Verantwortlichen nicht die deutsche Reichsflagge des Heiligen Reiches Deutscher Nation aus dem 12. Jahrhundert gewählt, die fast mit dem Dannebrog (!) identisch war.

Es gibt noch andere Punkte, die zu hinterfragen sind, z. B. wird der Auftritt von H.P. Hanssen auf Düppel wie ein Jubelfest dargestellt; die Umstände waren jedoch ganz anders, ja fast peinlich für viele Dänen. Ein Stossseufzer sei doch noch erlaubt. Das teure Millionen-Projekt konnte sich offenbar keine Schauspieler leisten, die wenigstens einigermassen deutsch sprechen konnten – von „Sønderjydsk“ ganz zu schweigen. So klang es eher als hätten manche Kopenhagener den deutschen Text in den falschen Hals bekommen. Eine Werbung für die deutsche Sprache war natürlich nicht beabsichtigt, und deshalb darf man gespannt sein, ob die Serie auch im deutschen Fernsehen laufen wird. Dann wird man wohl zum besseren Verständnis machen müssen, was die Dänen selbst so oft am deutschen Fernsehen kritisieren: synchronisieren, doch selbst damit kann das Grenzland 2020 leben!

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