Miniatur Wunderland Hamburg
Gerrit und Frederik Braun: Ihr großer Traum ganz klein
Gerrit und Frederik Braun: Ihr großer Traum ganz klein
Gerrit und Frederik Braun: Ihr großer Traum ganz klein
Die Zwillinge Gerrit und Frederik Braun betreiben eine der beliebtesten Hamburger Sehenswürdigkeiten. Und sie sind noch lange nicht fertig.
Die Preiserhöhung um zwei Euro bringt nicht etwa den Betreibern einen fetteren Gewinn ein, sondern ist der Erhöhung der Betriebskosten geschuldet. Immerhin müssen jeden Monat die Gehälter für 330 Mitarbeiter gezahlt werden. Hinzu kommt ein kostenintensiver Anbau. Im Nebengebäude haben die Braun-Brüder rund 3000 Quadratmeter Fläche gemietet. Diese soll mit dem Hauptgebäude über eine Brücke verbunden werden. Auf der einen Seite wird dann England liegen, auf der anderen Frankreich, dazwischen der Ärmelkanal. So jedenfalls stellt sich Frederik Braun die ganze Sache vor.
Der 49-Jährige, in Hamburg geboren, ein paar Minuten jünger als sein Bruder Gerrit, gegenwärtig in Hoisdorf im Kreis Stormarn daheim, sitzt vor einem rustikalen Holztisch mit einer Glasplatte. Er trägt sein Hemd lässig über der Jeans, dazu Turnschuhe, auf der Nase eine dunkle Nerdbrille. Dass er drei Tage vor Heiligabend seinen 50. Geburtstag feiert, sieht man ihm nicht an. „Zusammen mit Gerrit werde ich 100“, witzelt er. Genau diese Erkenntnis brachte die beiden dazu, ihre Biografie „Kleine Welt, großer Traum. Die Erfolgsgeschichte der Gründer des Miniatur Wunderlandes“ zu Papier zu bringen. Abwechselnd haben sie ein Kapitel nach dem nächsten geschrieben, jeweils mit Anmerkungen des anderen. Und einem Gastkapitel ihres Vaters.
„Die tollste Kindheit überhaupt“
Bevor sich die Zwillinge ans Werk machten, überlegten sie zunächst, ob ihr Leben wohl genug Stoff für ein Buch hergeben würde. „Als Hamburger“, grübelt Frederik Braun, „neigt man ja zur Zurückhaltung.“ Gleichwohl warfen er und sein Bruder ihr hanseatisches Understatement über Bord, um ihre Lebensgeschichte zu erzählen. „Wir sind der Meinung, dass wir die tollste Kindheit überhaupt hatten“, schwärmt Frederik Braun. Von außen wirkt das allerdings anders. Die Mutter der Brüder wurde als Studentin schwanger, bald war sie geschieden und alleinerziehend: „Manchmal haben wir uns ein bisschen von Mama im Stich gelassen gefühlt.“ Zum Glück hatten Frederik und Gerrit Braun sich, der frühe Tod ihrer Mutter schweißte sie mit 18 noch enger zusammen: „Wir haben verrückte Dinge gemacht und wollten gemeinsam die Welt erobern.“
„Bei mir gilt: Tu Gutes und halt’s Maul“
„Wir waren von unserem Ehrgeiz getrieben, von unserem Streben nach Anerkennung“, resümiert Frederik Braun. Er ist ein Mann, dem die Ideen geradezu zufliegen. Ein hyper-optimistischer Kreativer. Oft muss ihn sein Bruder, ein realistischer Zahlenmensch, ausbremsen. Das passt ihm zwar im ersten Moment nicht, spornt ihn aber an, seine Pläne so lange auszufeilen, bis sie den Skeptiker überzeugen. Wie etwa im Jahr 2000, als Frederik Braun in Zürich ein Modellbahngeschäft besuchte und ihm schlagartig klar wurde, was er wirklich wollte: mit seinem Bruder die größte Modelleisenbahn der Welt bauen. Gerrit Braun erklärte ihn erstmal für verrückt. Frederik Braun ließ indes nicht locker, bis er seinen Bruder auf seiner Seite hatte. Die beiden erkämpften sich einen Zwei-Millionen-Kredit bei ihrer Bank. Mit diesem Startkapital und 20 Mitarbeitern erschufen sie in der Anfangsphase gewissenhaft Szenerien im Maßstab 1:87. Mal sieht man einen Banküberfall, mal einen Pornofilmdreh. Alles ist detailgetreu dargestellt: „Für uns ist Perfektionismus ein untertriebenes Wort.“
Weil jeder nur das Beste will, geraten die Brüder oft aneinander. Manchmal lautstark. Nachtragend ist keiner – im Gegenteil: „Wir vertragen uns nach wenigen Minuten wieder, weil wir eigentlich total harmoniesüchtig sind.“ Und großzügig. Einmal im Jahr haben Kindergärten im Miniatur Wunderland freien Eintritt. Es gibt Phasen, in denen Gratis-Karten für Bedürftige angeboten werden. Doch darüber spricht Frederik Braun nicht so gern: „Bei mir gilt: Tu Gutes und halt’s Maul.“ Das zählt für ihn mehr, als noch reicher zu werden. Millionenschwere Angebote, in Südkorea, Dubai oder Abu Dhabi ein weiteres Miniatur Wunderland zu errichten, lehnen die Brüder konsequent ab: „Unsere Freiheit ist uns wichtiger.“
Statt ihre Bankkonten stetig weiter zu füllen, verbringen die dreifachen Familienväter lieber Zeit mit ihren Angehörigen – der eine in Großborstel, der andere in Hoisdorf: „Wir wollen unseren Kindern keine Millionen hinterlassen. Sie sollen sich später selbst etwas erarbeiten.“ So wie die Braun-Brüder, die im kommenden Jahr mit Geschäftspartner ein Hotel eröffnen werden. Von ihrem Miniatur Wunderland trennen sie sich dafür natürlich nicht: „Das ist längst noch nicht fertig.“