Gedenken

Ehemaliges KZ-Außenlager soll Gedenkstätte werden

Ehemaliges KZ-Außenlager soll Gedenkstätte werden

Ehemaliges KZ-Außenlager soll Gedenkstätte werden

Dagmar Gehm
Hamburg
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Er will aus dem Lagerhaus eine Gedenkstätte machen: Güven Polat von der Lagerhalle G Heritage KG. Hier steht er auf dem Dach des ehemaligen KZ-Außenlagers. Der schöne Blick auf Hafen, Elbe und Elbphilharmonie steht im Krassen Widerspruch zu den Grauen, die hier passiert sind. Foto: Dagmar Gehm

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10 Millionen Euro würde es kosten, das Gebäude zu einem Ort der Erinnerung zu machen. Dafür setzt sich Güven Polat ein.

Gänsehaut im Lagerhaus G: 1903 bis 1907 auf einer Fläche von 48 mal 170 Metern am Saalehafen als Stückgutspeicher erbaut, erinnern heute nur noch zwei Gedenktafeln an der Backsteinmauer auf Deutsch und Englisch sowie ein Stolperstein an das Grauen, das während der Nazizeit in dem zweckentfremdeten Lagerhaus als Außenlager des KZ Neuengamme herrschte. Tausende von Menschen wurden 1944 hier interniert, die meisten osteuropäische Juden, darunter 1.500 Frauen. Im Januar 1945 wurden mehr als 100 Männer aus Groningen hierher deportiert. Alle starben – durch Misshandlung, Krankheit oder Hinrichtung. Erst am 4. Mai 1945 wurde auf dem Timeloberg nahe Wendisch Evern bei Lüneburg die Teilkapitulation gegenüber dem britischen Feldmarschall Bernard Montgomery unterzeichnet, die am 5. Mai um 8 Uhr in Kraft trat.

Ein Stolperstein erinnert an das Grauen, das Margarethe Müller und tausende andere Menschen in dem zweckentfremdeten Lagerhaus während der Nazizeit erleiden mussten. Foto: Dagmar Gehm

Noch immer sind nicht alle Warenbestände auf den drei Etagen entfernt, die nach dem Krieg von Hamburger Firmen dort eingelagert wurden: Säcke voller Tabak von Reemtsma, Restbestände eines Bundeswehr-Lazaretts, eine Kita-Einrichtung. Leere Holzsärge schlagen eine unheimliche Brücke zwischen dem Geschehen von gestern und der ungeklärten Situation von heute. 

 

Aus dem ehemaligen KZ-Außenlager soll eine Gedenkstätte werden 

Ein Investitionsvolumen von 10 Millionen Euro ist für die 24.000 Quadratmeter erforderlich. Als Generalbevollmächtigter der Eigentümer KG und stellvertretender Vorsitzender der „Lagerhaus G Heritage KG“ will Güven Polat das Gebäude zur Gedenkstätte machen, mit multimedialer Ausstellung, als Ort der Begegnung.

Auf den einzelnen Etagen des Lagerhauses ist viel Platz für Ideen. Foto: Dagmar Gehm

Noch ist die Zukunft des Projekts ungeklärt. 1997 wurde das marode Gebäude durch die heutige HHLA (Hamburger Hafen und Logistik AG) an die Kapitän Lothar Lukas LG Lagerhaus- und Handelsgesellschaft verkauft. Nach Insolvenz erwarb eine internationale Investorengruppe um den Unternehmer Güven Polat 2018 das Gebäude. „Seitdem“, sagt Polat, „werden die Zuständigkeiten zwischen der Hafenbehörde Port Authority (HPA) und der HafenCity hin- und hergeschoben.“ 

Klare Vision trotz unklarer Zuständigkeiten 

Auf Anfrage teilt HPA-Sprecher Ulrich Kerz mit: „Die HPA ist nicht Eigentümerin des Gebäudes. Die Grundstücksfläche wird in den nächsten Monaten an die HafenCity übergeben.“ Dazu Susanne Bühler, Sprecherin der HafenCity GmbH: „Im aktuellen Koalitionsvertrag ist festgeschrieben, dass in einem Teil des Lagerhauses G eine Gedenkstätte zur Dokumentation von Zwangsarbeit und KZ-Außenlagern in der NS-Zeit entstehen soll. Neben der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte ist seit 2019 das Denkmalschutzamt der Behörde für Kultur und Medien und die HafenCity Hamburg GmbH, die den neuen Stadtteil Grasbrook entwickelt, in die Planungen involviert. Derzeit findet eine bautechnische Untersuchung statt.“ Für Polat dauert das alles viel zu lange. „Wir haben ein größeres Konzept, eine Vision, die es in Europa noch nicht gibt, können aber mit der Umsetzung nicht beginnen.“

Eigentlich als Stückgutspeicher erbaut, wurde das Lagerhaus G zu einem Ort des Grauens. Foto: Heritage Foundation/Floris Hommes

Auf dem Dach weichen Schreckensbilder und Streitigkeiten einem befreienden Ausblick auf den Hafen mit der Elbphilharmonie. „Hier könnte ein begehbarer Garten entstehen“, meint Polat. Ein besonderer Ort ist es allemal. 

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