Rundgang

Reges Interesse an dänischsprachigen Rundführungen über den Knivsberg

Dänischsprachige Rundführungen über den Knivsberg

Dänischsprachige Rundführungen über den Knivsberg

Knivsberg /Knivsbjerg  
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Zur zweiten von insgesamt drei Rundführungen über den Knivsberg am Sonnabend hatten sich 40 Teilnehmer versammelt. Abteilungsleiter Lasse Tästensen führte die Interessierten in eineinhalb Stunden über den Berg. Foto: Nils Baum

Die in diesem Sommer erstmalig angebotenen dänischsprachigen Rundführungen auf dem Knivsberg ziehen viele Besucher an. Am Sonnabend konnte der Leiter der Bildungsstätte Knivsberg, Lasse Tästensen, die Tour über das Gelände gleich dreimal durchführen und so Wissenswertes über den Ort und seine Geschichte vermitteln.

Um Punkt 11.30 Uhr begrüßt der Leiter der Bildungsstätte Knivsberg, Lasse Tästensen, die rund 40 Besucher, die sich vor dem Michael-Jebsen-Haus versammelt haben. Für ihn ist es der Beginn der zweiten Rundführung über den Berg, nachdem bereits um 10 Uhr etwa 35 Interessierte den Weg zur Bildungsstätte der deutschen Minderheit in Nordschleswig gefunden hatten.

Zum ersten Mal überhaupt werden in diesem Sommer Rundführungen auf Dänisch angeboten. „Wir wollten uns weiter öffnen und damit zeigen, dass hier jeder willkommen ist, egal ob man Deutsch oder Dänisch als Muttersprache hat“, sagt Lasse Tästensen.

Die Rundführung beginnt mit einem kurzen geschichtlichen Abriss. Das Gelände wurde 1893 für 6.750 Mark gekauft, um einen Ort für künftige deutsche Volksfeste zu haben. Erster Vorsitzender der Knivsberggesellschaft war der Apenrader Reeder Michael Jebsen. Als im Jahr 1970 der Jugendhof Knivsberg gebaut wurde, wurde Jebsen der Namensgeber für das Haupthaus.

Von dort geht es die ersten Meter den Berg hoch, bis die Teilnehmer vor einem weiteren Haus stehen, dem Langbehnhaus. Eine große Informationstafel weist auf die aktuellen Umbaumaßnahmen hin.

An der ersten Station, dem Langbehnhaus, erläutert Lasse Tästensen die aktuellen Umbaumaßnahmen und warum man am Namen des Hauses festhält. Foto: Nils Baum

Das Langbehnhaus wurde 1930 als Jugendherberge erbaut, finanziert durch die Spende des wohlhabenden Hamburger Kaufmanns Alfred Toepfer. Benannt wurde das Haus nach dem in Hadersleben geborenen und seinerzeit einflussreichen deutsch-nationalen Schriftsteller August Julius Langbehn. Lasse Tästensen macht die Teilnehmer auf eine Diskussion um den Namen des Hauses aufmerksam. Langbehn war nämlich durch ein deutschnationales Weltbild geprägt und wandte sich seinerzeit mit zunehmend antisemitisch geprägten Texten gegen eine aufklärerische Moderne. 

„Darf das Haus dann in der heutigen Zeit immer noch Langbehn-Haus heißen?“, fragt Tästensen. Und gibt die Antwort gleich selbst: „Ja. Wir wollen die Geschichte nicht wegwischen. Sobald die Umbauten am Haus abgeschlossen sind, kommt hier eine große Informationstafel hin, die sich kritisch mit dem Namensgeber des Hauses auseinandersetzen wird. Aber dass das Haus diesen Namen bekommen hat, ist Teil unserer Geschichte, und zu der wollen wir offen stehen.“

Momentan wird an der Wiederherstellung des alten Baustils mit Fledermausgaube und der Täfelung des Tagesraumes mit Gemälden von A. Paul Weber gearbeitet, im nächsten Jahr sollen die Renovierungsarbeiten abgeschlossen sein.

Vom Langbehn-Haus geht es vorbei an der „Mulde“ genannten Open-Air Bühne mit elegant geschwungener Zelt-Überdachung weiter zur Gedenkstätte.

Dorte und Kurt Tidemann aus Holebüll/Holbøl gucken zusammen mit Helmuth Jacobsen (mittig) auf eine der Gedenktafeln. Für sie bietet die Rundführung in dänischer Sprache interessante Einblicke in die Geschichte des Knivsbergs und der deutschen Minderheit. Foto: Nils Baum

Die Gedenkstätte sei der am meisten diskutierte Ort auf dem Knivsberg. „Bis 2012 hat sie noch ,Ehrenhain' geheißen, doch neue Informationen über begangene Kriegsverbrechen haben dazu geführt, dass wir den Namen in ,Gedenkstätte' umbenannt haben“, erläutert Tästensen.

„Auch hier stellten wir uns die Frage, wie man damit umgehen kann, ohne die Geschichte zu verwischen. Etwa 2.500 Personen aus der deutschen Minderheit meldeten sich freiwillig zum Kriegsdienst und dienten teilweise unter der Waffen-SS, wo sie schwerste Verbrechen begangen. Aus diesem Grunde sind auch verschiedene Namen von den Gedenksteinen entfernt worden. Nicht entfernt haben wir hingegen den Stein, auf dem das Wort ,Ehrenhain' steht. Einige meinten, man solle ihn entfernen, aber wir haben entschieden, dass wir offen mit unserer Geschichte umgehen wollen“, erklärt Tästensen den aufmerksam zuhörenden Besuchern.

Wir knüpfen große Erwartungen daran, dass der Knivsberg seinem Namen als Bildungsstätte auch aus historischer Perspektive gerecht wird.

Lasse Tästensen, Leiter der Bildungsstätte Knivsberg

Er verweist auch auf die Arbeit des Doktoranden Jon Thulstrup, der seit Jahresbeginn an einem Forschungsprojekt zur Geschichte der deutschen Minderheit in den 1930er und 1940er Jahren an der Syddansk Universitet in Odense arbeitet. „Wir knüpfen große Erwartungen daran, dass der Knivsberg seinem Namen als Bildungsstätte auch aus historischer Perspektive gerecht wird“, unterstreicht Tästensen den Wunsch der Minderheit, offen über die Geschichte zusprechen und nichts zu verstecken.

Von der Gedenkstätte geht es weiter auf die Spitze des Knivsbergs.

Lasse Tästensen zeigt den Teilnehmern ein Foto mit dem im Jahr 1901 eingeweihten Bismarckdenkmal. Es wurde 1919 wieder entfernt und steht heute auf dem Aschberg in Schleswig-Holstein. Foto: Nils Baum

Mit 100 Metern über dem Meeresspiegel freuen sich alle über die fantastische Aussicht. Lasse Tästensen rollt einen Ausdruck aus, auf dem das im Jahr 1901 eingeweihte Bismarckdenkmal zu sehen ist.

Die Bismarck-Statue wurde bereits im Jahr 1919 wieder entfernt, als absehbar war, dass bei der Volksabstimmung im darauffolgenden Jahr eine Mehrheit der Bevölkerung für eine Abtretung des Gebietes an Dänemark stimmen würde. Doch der dazugehörende Turm verblieb noch bis 1945 auf dem Berg, bis er dreieinhalb Monate nach dem Ende der deutschen Besetzung Dänemarks durch dänische Widerstandskämpfer mit 850 Kilo Sprengstoff gesprengt wurde. Aus den Resten des Turms wurde eine Gedenkmauer auf dem Berg errichtet, die neben den Namen der Mitglieder des Gründungsvorstandes der Knivsberggesellschaft der Spruch „Jungs holt fast“ ziert.

„Hier müsste heute eigentlich ,Jungs und Mädchen holt fast' stehen“, konstatiert Tästensen mit einem Lächeln. Der Spruch wolle zum Ausdruck bringen, dass man an seinen Wurzeln und der Geschichte festhalten solle. „Und damit nicht gesagt, dass man die dunkle Seite der Geschichte wegwischen sollte“, gibt er zu bedenken. „Es ist wichtig zu erzählen, wo man herkommt als Minderheit. Und es ist gut, dass wir heute offen darüber sprechen können. Meine Oma erzählt mir immer wieder, dass man früher nicht darüber sprach, wie es in der Minderheit war.“ Und deswegen freue sie sich vor allem für ihre Enkel, dass sich das deutsch-dänische Verhältnis im Laufe der Jahre so positiv entwickelt habe.

„Hier müsste heute eigentlich ,Jungs und Mädchen holt fast' stehen“, meint Lasse Tästensen. Er freut sich über das rege Interesse auch unter der dänischsprachigen Bevölkerung für den Knivsberg. Foto: Nils Baum

Und ein Ausdruck dieser positiven Entwicklung ist das rege Interesse auch vonseiten der dänischsprachigen Bevölkerung am Knivsberg. „Die 2020-Feierlichkeiten mit ihren vielen Hinweisen auch auf den Knivsberg haben dazu geführt, dass viele Leute hierherkommen und sich umschauen, vor allem an den Wochenenden. Deswegen dachten wir, dass es jetzt an der Zeit sei, auch Rundführungen auf Dänisch anzubieten“, sagt Tästensen.

Die Idee dazu kam von Harro Hallmann, Kommunikationschef beim Bund Deutscher Nordschleswiger. Bereits am vergangenen Wochenende gab es Rundführungen auf Dänisch, und ein weiteres Mal haben Interessierte die Möglichkeit, am kommenden Wochenende in dänischer Sprache etwas über den Knivsberg zu erfahren. 

Der Knivsberg ist schließlich ein historischer Ort für das Grenzland, und es sei schön, diese Geschichte auch der dänischsprachigen Bevölkerung zu erzählen, gibt Tästensen zu bedenken. Und beendet die Rundführung den Teilnehmern zugewandt mit den Worten „Man darf herzlich gerne hierherkommen und eine Tour über den Knivsberg machen. Also, ihr kommt einfach!“

Hanne und Aage Barsballe aus Hadersleben haben in „Jydske Vestkysten“ von den Rundführungen erfahren. Sie fahren ab und an auf der Landstraße am Knivsberg vorbei, haben ihm bisher aber noch keinen Besuch abgestattet. „Man traut sich ja gar nicht, einfach so ungefragt hier auf das Gelände zu kommen. Aber jetzt kommen wir gerne mit anderen Gästen wieder“, freut sich Hanne Barsballe. Foto: Nils Baum
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