Diebstahl

Museumsleiter: „Die wussten genau, was sie wollten“

Museumsleiter: „Die wussten genau, was sie wollten“

Museumsleiter: „Wussten genau, was sie wollten“

Sonderburg/Sønderborg
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Das Deutsche Museum am Sonderburger Rönhofplatz Foto: Sara Wasmund

Nach einem Einbruch sind wertvolle Nazi-Uniformen aus dem Deutschen Museum in Sonderburg verschwunden. Der Museumsleiter hält es für wahrscheinlich, dass die Tat genaustens geplant war. In den Niederlanden gab es ähnliche Fälle.

Die Scherben der sechs zertrümmerten Vitrinen sind zusammengefegt, Schreck und Entsetzen stehen den Museumsmitarbeitern ins Gesicht geschrieben.

Allen voran Museumsleiter Hauke Grella, der zweieinhalb Monate nach Eröffnung des Deutschen Museums in Sonderburg den Verlust einzigartiger Ausstellungsstücke zu beklagen hat.

In der Nacht auf Dienstag waren Unbekannte ins Museum am Rönhofplatz eingebrochen. Sie hebelten mit einem Stemmeisen ein Fester auf, kletterten ins Museum und plünderten den Raum, in dem Gegenstände aus der Nazi-Zeit ausgestellt waren.

Ehrenamtlicher Mitarbeiter entdeckte die Verwüstung

Der Alarm ging um 4.26 Uhr los, eine knappe Viertelstunde später traf der alarmierte ehrenamtliche Mitarbeiter Christian Christiansen im Museum ein. Er entdeckte die zerstörten Vitrinen und rief die Polizei. Die Täter waren da mit ihrer Beute schon über alle Berge.

Christian Christiansen entdeckte die Verwüstung und die leeren Vitrinen. Foto: Sara Wasmund

Die Beute: unersetzliche Einzelstücke aus dem Bestand des Museums. Gegenstände, die den Nationalsozialismus innerhalb der deutschen Minderheit beleuchten. Eine Wehrmachtsuniform, eine Uniform der Waffen-SS, Uniform und Trommel der Jungenschaft und eine Gefangenen-Bekleidung, die ein deutscher Nordschleswiger in russischer Kriegsgefangenschaft getragen hat.

„Das alles sind unersetzliche Gegenstände, das kriegen wir wohl nie wieder“, so Hauke Grella. Die Polizei bezifferte den Wert einer Uniform auf rund 200.000 Kronen.

 

Diese SS-Uniform wurde gestohlen. Foto: Deutsches Museum

Die Gegenstände sind unbezahlbar und haben inhaltlich und historisch einen unglaublich großen Wert. Das ist sehr tragisch und sowas von bitter.

Hauke Grella, Museumsleiter

Insgesamt sind 20 Ausstellungsstücke gestohlen worden, von der Armbinde über einen SS-Dolch bis hin zum Stahlhelm.

„Die Gegenstände sind unbezahlbar und haben inhaltlich und historisch einen unglaublich großen Wert. Das ist sehr tragisch und sowas von bitter“, so Hauke Grella, der in der Nacht umgehend informiert und hinzugerufen wurde.

Die Polizei hat Spuren gesichert und den benachbarten Supermarkt um die Videoaufnahmen der Kameras gebeten. Die kleine Kamera im Eingangsbereich des Museums kann offenbar keine nützlichen Informationen liefern.

Die Täter hatten es auch auf die Uniform der „Jungenschaft" abgesehen. Foto: Deutsches Museum

Warum waren die Fenster nicht besser gesichert? „Wir haben alle Fenster im Erdgeschoss dichtgemacht – nur diese beiden nicht. Die Täter müssen das vorher genau ausgekundschaftet haben. Die sind gezielt rein und haben alles in nicht mal einer Viertelstunde ausgeräumt. Das sieht sehr nach einer bestellten Arbeit aus. Es gibt Sammler, die bezahlen für diese Gegenstände viel, viel Geld“, so Grella. „Die wussten genau, was sie wollten.“

Die Polizei ermittelt

„Ganz hundertprozentig sicher kriegt man ein Museum aber nie. Und die Alarmanlage hat ja funktioniert. Aber die Täter waren so unglaublich gut vorbereitet.“ Man werde sich nun auf jeden Fall neue Sicherheitsvorkehrungen überlegen.

Vier von sechs Vitrinen sind ausgeraubt und leer. Foto: Sara Wasmund


Die Polizei war am Dienstag mehrfach im Museum, um Spuren zu sichern. „Die waren in der Nacht mit zwei Autos und vier Bediensteten hier, kurz nachdem ich die Polizei gerufen hatte“, so Christian Christiansen.

 

Museum bleibt geöffnet

Eine letzte kleine Hoffnung bleibt, die Gegenstände irgendwann in einem anonymen Sammlerportal wiederzuentdecken. Das Museum behält seine Öffnungszeiten bei. „Der Rest der Ausstellung ist ja noch da – nur für die vier geplünderten Vitrinen müssen wir uns etwas Neues ausdenken“, so Museumsleiter Hauke Grella.

Durch dieses Fenster (l.) stiegen die Einbrecher ein und aus. Foto: Sara Wasmund

Im August war es in den Niederlanden zu zwei Einbrüchen in Museen gekommen, bei denen gezielt Gegenstände aus der Nazi-Zeit gestohlen wurden. Aus dem „The Eyewitness Museum” in Beek und im „War Museum Ossendrecht” waren hochwertige Einzelstücke gestohlen worden.

Der Direktor des Beeker Museums, Wim Seelen, sagte damals gegenüber DutchNews.nl.: „Die wussten genau, was sie wollten, was ihr schnelles Handeln erklärt.”

Bestellt ein stiller Sammler die Ware?

Unter anderem wurde eine Uniform von Waffen-SS-General Richard Hildebrandt gestohlen, ebenso wie ein seltenes Fallschirmjägergewehr im Wert von 50.000. Euro. Direktor Seelen sagte damals: „Ich glaube, irgendjemand sitzt jetzt in einem Keller, raucht eine fette Zigarre und schaut sich die Objekte an. Es ist vermutlich das, was man einen ,stillen Sammler’ mit kriminellen Kontakten nennt.”

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