Streaming

EU-Kommission soll Regelungen zum Geoblocking überarbeiten

EU-Kommission soll Regelungen zum Geoblocking überarbeiten

EU-Kommission soll Regelungen zum Geoblocking überarbeiten

Brüssel
Zuletzt aktualisiert um:
Die EU hat zwar die Möglichkeit für die grenzüberschreitende Nutzung kommerzieller Streaming-Angebote gelockert, doch bei den Mediatheken der traditionellen Fernsehsender gilt das Geoblocking weiterhin. Foto: Glenn Carstens-Peters/Unsplash

Diesen Artikel vorlesen lassen.

„Dieses Video ist in deinem Land nicht verfügbar!” – Diese Meldung erhalten Menschen im Grenzland häufiger, wenn sie etwa in Dänemark wohnend ein Video aus der Mediathek eines deutschen Fernsehsenders ansehen wollen. Dies ist insbesondere für Minderheiten ein Problem, weil ihnen durch das Geoblocking der Zugang zu Inhalten in der Muttersprache verwehrt wird. Das EU-Parlament will das ändern.

Das Europäische Parlament hat am Mittwoch die Notwendigkeit unterstrichen, die seit vier Jahren geltenden EU-Vorschriften zum Geoblocking zu überarbeiten, um letzte Barrieren abzubauen. Das geschehe insbesondere vor dem Hintergrund des beschleunigten digitalen Wandels, schreibt das Komitee für den Internationalen Markt und Verbraucherschutz (IMCO) in einer Pressemitteilung. Der Entschluss wurde mit 376 Ja-Stimmen, 111 Nein-Stimmen und 107 Enthaltungen angenommen.

Im Ausland dieselben Inhalte streamen wie zu Hause

Zum Hintergrund: Laut dem aktuellen Anti-Geoblocking-Report im Europaparlament ist das übergeordnete EU-Ziel ein gemeinsamer „Digitaler Binnenmarkt“. Dies müsse endlich auch für audiovisuelle Inhalte umgesetzt werden, heißt es darin. Heißt: Nutzerinnen und Nutzer digitaler Medienangebote müssten innerhalb der EU eigentlich unabhängig von ihrem geografischen Standort, ihrer Nationalität oder ihrem Wohnsitz gleich behandelt werden. Doch hier besteht bisher eine Ausnahme. 

Konnte man früher etwa in weiten Teilen Dänemarks deutsches Fernsehen frei per Antenne empfangen und am Fernseher sehen, ist dies in Zeiten von Streamingdiensten und Mediatheken nicht mehr so. Für alle, die in Dänemark Inhalte konsumieren wollen, ist selbst bei den deutschen öffentlich-rechtlichen Anbietern längst nicht alles frei zugänglich.

Für Minderheiten wie die deutsche Minderheit in Dänemark ist das ein besonderes Ärgernis, denn sie werden nicht mehr vollumfänglich mit dem muttersprachlichen Angebot aus den Titularnationen (kin-states) versorgt – also aus jenen Ländern, in denen die eigene Sprache Landessprache ist. Auch bei privaten Streaming-Anbietenden sind Inhalte in der Muttersprache von Minderheitenangehörigen oft nicht über Landesgrenzen hinaus verfügbar.

Dringende Modernisierung nötig

IMCO schreibt in der Pressemitteilung: „Als Reaktion auf die begrenzten Verbesserungen beim grenzüberschreitenden Zugang zu Online-Angeboten mit audiovisuellen Inhalten und Live-Sportveranstaltungen betonen die Abgeordneten, wie wichtig es ist, den audiovisuellen Sektor zu modernisieren, um die Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Bezug auf Verfügbarkeit, Erschwinglichkeit, Flexibilität und Qualität der Inhalte zu erfüllen.“

 

Ziel der Minderheiten könnte erreicht werden

Die Abgeordneten fordern demnach eine bessere grenzüberschreitende Verfügbarkeit von Inhalten und einen grenzüberschreitenden Zugang zu Sportveranstaltungen über Streaming-Dienste. Die Abgeordneten erwarten von der Europäische Kommission und den Mitgliedstaaten, alle Optionen sorgfältig zu prüfen, um die Verbreitung ungerechter und diskriminierender Geoblocking-Barrieren zu reduzieren.

Mit dem Beschluss kommt das Europaparlament einer der Forderungen nach, die die Minderheitenrechte-Initiative MSPI an die EU stellt. Die Initiative, die das Parlament unterstützt und die unter anderem von den autochthonen Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland getragen wird, hat zum Ziel, Minderheitenrechte in der EU zu verankern – darunter auch in Bezug auf den Zugang zu muttersprachlichen Medien.

Auswirkungen auf Geschäftsmodelle untersuchen

Dennoch gibt es Hürden für die Abschaffung des Geoblockings im audiovisuellen Bereich. So sollen die genauen Auswirkungen auf bestehende Geschäftsmodelle und die Finanzierung der Kreativwirtschaft untersucht werden. Denn die Ausweitung des Geltungsbereichs der bestehenden Vorschriften auf den audiovisuellen Sektor könnten laut EU-Parlament zu erheblichen Einnahmeverlusten führen, Investitionen in neue Inhalte gefährden, die kulturelle Vielfalt der Inhalte verringern und die Vertriebskanäle einschränken. Dies könnte letztlich die Preise für die Verbraucherinnen und Verbraucher erhöhen.

Wie lange eine Umsetzung dauert, ist unklar. Das EU-Parlament spricht sich für einen „realistischen Zeitrahmen aus, damit sich der audiovisuelle Sektor anpassen kann“. 

Geoblocking

Geoblocking

Definition

Geoblocking ist eine Technologie, die es möglich macht, Nutzenden den Zugang zu Internetinhalten und -diensten basierend auf der geografischen Lage zu beschränken. Diese Praxis wird häufig von Online-Diensten verwendet, um zu steuern, in welchen Ländern oder Regionen ihre Inhalte verfügbar sind.

Beispiele

  • Filme oder Fernsehsendungen können auf Streaming-Plattformen aufgrund von Lizenzvereinbarungen nur in bestimmten Ländern abgerufen werden.
  • Online-Shopping-Websites können unterschiedliche Preise oder Produkte je nach Standort des Nutzers anbieten.
  • Geoblocking kann auch genutzt werden, um gesetzliche Vorschriften einzuhalten, die den Zugang zu bestimmten Inhalten in verschiedenen Ländern regeln.

Quellen und weitere Informationen

Foto: Cornelius von Tiedemann

Mehr lesen

„Mojn Nordschleswig“

Jetzt im Podcast: Fußball-EM im Grenzland – warum Nordschleswigerinnen mitkicken

Apenrade/Aabenraa In Folge 16 von „Mojn Nordschleswig“ spricht Sara Eskildsen mit der Teamleiterin der Frauenmannschaft über die Fußball-EM Europeada, die im Sommer in Nordschleswig stattfindet. Walter Turnowsky beschäftigt sich mit der Frage, wann und wie die Wehrpflicht für Frauen beschlossen wird, und ein Jungunternehmer erläutert, wie man mit dem Prinzip Teilen statt Kaufen Geld sparen kann.

Diese Woche In Kopenhagen

Walter Turnowsky ist unser Korrespondent in Kopenhagen
Walter Turnowsky Korrespondent in Kopenhagen
„Die unaufgeregte Diskussion über den historischen Beschluss zur Abtreibung“