Dosenmüll

Landrat Buschmann irritiert von Klage der Umwelthilfe

Landrat Buschmann irritiert von Klage der Umwelthilfe

Landrat Buschmann irritiert von Klage der Umwelthilfe

Mira Nagar/shz.de
Flensburg
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Däninnen und Dänen können im Grenzhandel Dosenpaletten pfandfrei einkaufen. Foto: Gregor Fischer

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Die DUH sieht den Kreis Schleswig-Flensburg mitverantwortlich für Dosenmüll. Der Landrat ist verwundert über das Ansinnen.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) klagt gegen den Landkreis Schleswig-Flensburg auf Einhaltung der Pfandpflicht. Grund dafür sei die „Vermüllung der deutsch-dänischen Grenzregion mit Dosenschrott“ heißt es in einer Mitteilung der DUH.

Die Begründung: Die Grenzhändler verkaufen Dosen pfandfrei an skandinavische Kunden und verstoßen damit nach Ansicht der Umwelthilfe gegen das Verpackungsgesetz. „Deutsche Grenzshops verkaufen jährlich rund 650 Millionen Getränkedosen an skandinavische Verbraucherinnen und Verbraucher, ohne darauf ein Pfand zu erheben. Die Folge ist, dass weite Teile der Landschaft im deutsch-dänischen Grenzgebiet mit Dosenschrott zugemüllt werden“, sagt Barbara Metz, Stellvertretende Geschäftsführerin der DUH.

Der Verkauf möglichst vieler Bierdosen scheint der Landesregierung offenkundig wichtiger zu sein als Umweltschutz.

Barbara Metz, stellv. Geschäftsführerin DUH

„Ministerpräsident Daniel Günther hätte das Problem gemeinsam mit den schleswig-holsteinischen Behörden längst lösen können. Aber der Verkauf möglichst vieler Bierdosen scheint der Landesregierung offenkundig wichtiger zu sein als Umweltschutz.“ Schleswig-Holstein nehme bereits seit 18 Jahren die Vermüllung der Umwelt mit pfandfreien Getränkedosen in Kauf.

Der Kreis Schleswig-Flensburg sieht das anders. „Mit Irritation habe ich das Ansinnen der Deutschen Umwelthilfe zur Kenntnis genommen, gegen den Kreis eine Untätigkeitsklage wegen der Duldung des seit fast zwei Jahrzehnten währenden pfandfreien Verkaufs von Getränkedosen im Grenzhandel anstrengen zu wollen“, erläutert Landrat Wolfgang Buschmann. Die geltende Regelung sei durch verwaltungsgerichtliche Entscheidungen als rechtskonform anerkannt und wird ohne Einschränkungen und Probleme im Grenzhandel praktiziert. Schon deshalb gebe es aus Sicht des Kreises keinen Grund zum Einschreiten.

Weitere Kreise im Visier

Die DUH hatte den Landkreis Schleswig-Flensburg zuvor am 12. Januar 2021 dazu aufgefordert, gegen die andauernde Verletzung der Pfandpflicht einzuschreiten. „Der Kreis reagierte allerdings nicht, sondern teilte nur mit, dass er auf eine Antwort des Umweltministeriums warte. Eine inhaltliche Antwort des Landkreises fehlt bis heute“, beschwert sich die DUH. Sie hat daher Untätigkeitsklage erhoben. Die Umwelthilfe behalte sich vor, gegen weitere Kreise und kreisfreie Städte im deutsch-dänischen Grenzgebiet rechtlich vorzugehen, „wenn die rechtswidrige Praxis des systematischen pfandfreien Dosenverkaufs weiterhin geduldet wird.“

Der Landrat kontert: „Man möge es mir verzeihen, dass wir Pandemie bedingt andere Schwerpunkte setzen als eine geltende, rechtlich einwandfreie Handhabung zu hinterfragen und damit gleichzeitig mehrere tausend Arbeitsplätze zu gefährden“, so Buschmann weiter. Umso mehr verwundere den Landrat die Intervention der DUH zum jetzigen Zeitpunkt.

 

Der dänische Dosentourismus ist so absurd wie illegal.

Remo Klinger, Rechtsanwalt und rechtlicher Vertreter der DUH

Er habe die Klagebegründung noch nicht gelesen, aber in der Presseankündigung der DUH würden alt bekannte Argumente bemüht. „Die darin beschriebene Vermüllung der deutsch-dänischen Grenzregion scheint man vom Sitz der DUH in Berlin anders wahrnehmen zu können, als in der Region selbst. Ich wohne an der Grenze und kann den „Umweltskandal“ nicht bestätigen“, so der Landrat weiter.

Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt, betont hingegen: „Der dänische Dosentourismus ist so absurd wie illegal. Die Pfandpflicht entfällt nicht, wenn Verpackungen nach dem Verkauf mit in ein anderes Land genommen werden. Das Verpackungsgesetz sieht keine Ausnahmen vor, wie die Bundesregierung bestätigte.“

Pflichtpfand seit 2003

Verärgert ist Buschmann darüber, dass man dem Kreis Untätigkeit vorwirft. Denn in den zurückliegenden fast 20 Jahren haben viele Beteiligte immer wieder an einer tragfähigen Gesamtlösung gearbeitet, das Umweltbewusstsein der dänischen Kunden habe seitdem einen spürbaren positiven Wandel vollzogen. „Vielleicht bietet die Klage die Möglichkeit, den Fokus nicht nur auf einen aktiven Umweltschutz, sondern gleichsam auf die wirtschaftlichen, arbeitsmarkt-politischen Aspekte diesseits der Grenze zu richten. Auf der dänischen Seite wurde dieser schon längst als bedeutsam und verfahrenslenkend erkannt“, erklärt Buschmann.

Dänisches Pfand für den Grenzhandel?

Seit dem 1. Januar 2003 gilt in Deutschland ein Pflichtpfand in Höhe von 25 Cent auf Einweggetränkeverpackungen. Durch diesen finanziellen Anreiz werden Dosen und Plastikflaschen im Handel zurückgegeben und nicht achtlos in der Umwelt entsorgt. Durch den Vertrieb ohne Pfand fehle der Anreiz zur Rückgabe im Handel, weshalb viele der Dosen in der Umwelt landen. Dänische Umweltschutzgruppen sammeln laut DUH in der Grenzregion regelmäßig zehntausende pfandfreier Dosen aus der Umwelt. „Dieser Umweltskandal, der sich seit Jahren für alle sichtbar in Schleswig-Holstein und Dänemark abspielt, muss unverzüglich gestoppt werden“, erklärt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer.

Im Zugzwang steht nach Sicht des Landrats Buschmann allerdings die dänische Seite. Diese habe sich gegenüber der Landesregierung und dem damaligen Umweltminister bereit erklärt, für den deutschen Grenzhandel einen diskriminierungsfreien Zugang zum dänischen Pfandsystem zu ermöglichen. Dagegen habe der dänische Einzelhandel allerdings große Vorbehalte. Zweifelsohne dürften der DUH diese Zusammenhänge bekannt sein, schätzt Buschmann, ebenso das beim Europäischen Gerichtshof von dänischer Seite eingereichte Prüfverfahren, welches Mitte des Jahres beschieden werden soll.

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