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Nordfriese leitete Kinderporno-Plattform „Boystown“

Nordfriese leitete Kinderporno-Plattform „Boystown“

Nordfriese leitete Kinderporno-Plattform „Boystown“

Eckard Gehm, shz.de
Tönning
Zuletzt aktualisiert um:
Während Beamte sein Haus durchsuchen, sitzt Christian K. (58) auf einem Stuhl, spielt mit seinem Hund. Foto: Ministerio Público

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Als die Staatsanwaltschaft gegen Christian K. ermittelte, floh er nach Südamerika und versorgte von dort aus Pädophile.

Ein Nordfriese soll die vom Bundeskriminalamt zerschlagene Kinderporno-Plattform „Boystown“ geleitet haben – von einer kleinen Hazienda in Paraguay aus. Mit einem internationalen Haftbefehl stürmten bewaffnete Spezialkräfte das Anwesen in der Kleinstadt Belén, nahmen Christian Manfred K. (58) fest. 

Operation Hades 

Die Ermittler hatten den Einsatz „Operation Hades“ getauft, schlugen genau in dem Moment zu, als Christian K. sich in die Darknet-Plattform einloggte. Nach Angaben von Staatsanwältin Irma Llano hatte er als Administrator eine Schlüsselrolle inne. Sie sagte: „Zu seinen Aufgaben gehörte die Aufnahme von Pädophilen sowie die Einschränkung, wer teilnehmen konnte und wer nicht.“ 

 

Nackte Kinder auf Laptop-Bildschirm 

 

Die Polizisten beschlagnahmten neben zwei Notebooks, externe Datenträger sowie drei Handys und Modems. Außerdem fotografierten sie den Bildschirm eines Laptops ab, auf dem zu diesem Zweitpunkt zwei nackte Kinder zu sehen waren.

 

Paraguayische Polizisten stellen Beweismittel sicher. Foto: Ministerio Público

Nach Angaben der Behörden von Paraguay lebte Christian K. seit 2010 in dem südamerikanischen Land, reiste immer wieder ein und aus, ohne sich jemals offiziell registriert zu haben. Das hatte seinen Grund: K. war damals von der Staatsanwaltschaft Itzehoe zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben worden. 

Bereits 2010 ermittelte die Staatsanwaltschaft Itzehoe gegen Christian K. 

Oberstaatsanwalt Peter Müller-Rakow, Sprecher der Behörde: „Wir haben 2010 ein Verfahren gegen den Beschuldigten wegen der Verbreitung kinderpornografischer Schriften und sexuellen Missbrauchs von Kindern geführt. Weil der Beschuldigte nicht auffindbar war, wurde er gesucht.“ 

Worum ging es in dem mittlerweile eingestellten Verfahren genau? Die Akten liegen jetzt beim Bundeskriminalamt – und das will keine Angaben machen. 

Fakt ist: Auch die Staatsanwaltschaft Flensburg ermittelte gegen den Tönninger, stellte das Verfahren aber 2013 wegen Verjährung ein. Nach Informationen unserer Zeitung soll Christian K. als Jugendlicher einen sieben Jahre alten Jungen missbraucht haben. 

„Um ihn herum waren immer Kinder, kleine Jungs, nie besonders alt“

Spurensuche in Tönning, wo Christian K. lange Zeit sein Taxi-Unternehmen hatte, dass er kurz vor dessen Pleite verkaufte. Ein Bekannter erzählt über ihn: „Er hatte südlich der Eider, in Nesserdeich, ein kleines Haus gemietet. Um ihn herum waren immer Kinder, kleine Jungs, nie besonders alt.“ 

Wie es Christian K., der stets ein wenig ungepflegt wirkte, gelang, die Jungs zu sich zu locken, ist unklar. Möglicherweise knüpfte er Kontakte als Fußballtrainer. Im IF-Tönning trainierte K. in den 90er-Jahren die C-Jugend (12 bis 14 Jahre). Schon damals war aufgefallen, dass er nach dem Training mit den Jungen duschte. 

Irgendwann war Christian K., der auch als Erzieher gearbeitet haben soll, dann ganz plötzlich verschwunden. Der Bekannte: „Er soll seine beiden Hunde ins Haus gesperrt haben und nach Hamburg gefahren sein, wo er seinen Smart verkaufte. Die eingesperrten Hunde sind dann nur durch Zufall entdeckt worden.“ 

„Ist viel stressfreier hier“ 

Um Spuren zu verwischen, soll Christian K. einen Abschiedsbrief hinterlassen haben, in dem er seinen Selbstmord ankündigte. Über seinen Aufenthalt in Südamerika postete er später: „Ist viel stressfreier hier“. 

Wie das Bundeskri­minalamt und die Generalstaats­anwaltschaft Frankfurt am Main berichten, hatte die Plattform „Boy­stown“, auf der auch Aufnahmen schwersten sexuellen Missbrauchs von Kleinkindern zu sehen waren, 374.423 Mitglie­der. Neben Christian K. wurden Programmierer Alexan­der G. (48) aus Bayern, der Koch Andreas G. (40) aus Ostwestfalen und der arbeits­lose Fritz Otto K. (64) aus Hamburg verhaftet. Letzterer soll über 3500 Beiträge gepostet haben. 

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