Deutsche Minderheit

Kinderbetreuung: Was in Dänemark anders läuft als in Deutschland

Kinderbetreuung: Was in Dänemark anders läuft als in Deutschland

Kinderbetreuung: Was Dänemark anders macht als Deutschland

Sebastian Iwersen/shz.de
Tondern/Tønder
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In gemütlicher Atmosphäre werden Geschichten vorgelesen – einer der Vorteile kleiner Gruppen. Foto: Sebastian Iwersen/shz.de

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Während Eltern in Deutschland an Schließungen von Kindergärten in den Ferien, große Gruppen und Personalmangel gewöhnt sind, läuft in den deutschen Kindergärten in Dänemark vieles anders.

Ute Zander ist Gesamtleiterin für die Kindergärten und Clubs der Deutschen Minderheit in der Kommune Tondern. Drei Kindergärten, drei Krippen und zwei Clubs für größere Kinder gibt es in Südtonderns Nachbarkommune nördlich der Grenze. Bei der Frage, ob die Einrichtungen auch in den Ferien geschlossen sind, stutzt Zander kurz. „Undenkbar“, sagt sie dann.

„Bei uns gibt es eine Betreuungsgarantie“, erklärt sie das System in Dänemark, zu dem auch die Einrichtungen der Deutschen Minderheit gehören. „Es haben in den Ferien vielleicht nicht alle Einrichtungen geöffnet, aber wir bieten immer eine Betreuungsmöglichkeit“, verspricht sie.

Nur Ganztagesbetreuung

Auch die Betreuungszeiten und Kosten für die Eltern sind nördlich der Grenze ganz anders geregelt, als man es in Deutschland gewohnt ist. Vokabeln wie „Kernzeit“ oder „Mehrbetreuung“ kommen im Alltag der Eltern in Dänemark nicht vor. „Bei uns gibt es ausschließlich Ganztagsplätze“, erklärt Zander.

Von 6.15 Uhr bis 16.45 Uhr gibt es die Möglichkeit einer Betreuung. „Ein solcher Ganztagsplatz kostet 2000 Dänische Kronen“, sagt Zander. Das entspricht umgerechnet knapp 270 Euro. Mit diesem Betrag ist dann auch die Betreuung in den Ferien bezahlt. „Halbtagesplätze gibt es für Eltern, die mit einem zweiten Kind in Elternzeit sein – aber diese Möglichkeit hat bei uns noch nie jemand in Anspruch genommen.“

„Wenn Eltern nicht in Stress geraten, ist es auch für die Kinder entspannt“

Gegen einen moderaten Mehrbeitrag gibt es auch ein Mittagessen, das vom Elternbeirat organisiert wird. „Man achtet darauf, dass alles elternfreundlich geregelt ist“, erklärt Zander und erläutert auch gleich den weiterführenden Gedanken hinter dieser Sichtweise. „Wenn Eltern nicht in Stress geraten, weil sie ihre Kinder nicht betreuen können, ist es auch für die Kinder entspannt“. Auch über das eigentliche Einschulungsalter von sechs Jahren hinaus gibt es Betreuungsmöglichkeiten für die Grundschulkinder vor und nach dem Unterricht in den Clubs für Kinder bis zu dritten oder vierten Klasse.

Die Kindergärten der Deutschen Minderheit sind als reguläre Einrichtungen in der Kommune Tondern angesiedelt. „Mit allen Rechten und Pflichten“, sagt Zander. Sowohl die Lohnabrechnungen für die Erzieherinnen und Erzieher als auch der Einzug der Elternbeiträge werden über die Kommune geregelt, ebenso wie die Finanzierung der Einrichtungen. Die Kindergärten der Deutschen Minderheit müssen damit auch die strengen Qualitätsanforderungen erfüllen.

Vorgaben und Kontrollen

75 Prozent aller geleisteten Betreuungsstunden müssen durch ausgebildete Pädagogen erfolgen, zehn Prozent durch Helfer, die in Deutschland der Ausbildung als sozialpädagogische Assistenten entsprechen. Nur 15 Prozent der Betreuungsstunden dürften durch unausgebildete Helfer erfolgen.

Überprüft wird die Einhaltung der Anforderungen zweimal im Jahr. Eine Überprüfung wird angekündigt durchgeführt, die andere unangekündigt. Im Rahmen dieser Überprüfung werden auch Eltern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeladen und es wird besprochen, was gut funktioniert und was weniger gut läuft. „Als Leiterin höre ich mehr zu und lerne daraus, was gesagt wird“, erklärt Zander den stattfindenden Dialog. „Die Eltern sind bei uns sehr viel mit dabei und beteiligt“, ergänzt sie.

Betreut werden die Kinder nach Zanders Worten in kleinen, familiären Gruppen. „Gruppen mit großen Kinderzahlen kennen wir gar nicht“, sagt Zander nicht ohne Stolz. Auch die Digitalisierung ist in den Kindergärten, wie überall in Dänemark, weit fortgeschritten. „Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter hat ein eigenes Tablet zur Terminverwaltung“, berichtet Zander. „Darin können auch die Beobachtungen zur Entwicklung der Kinder eingegeben werden, die dann ausgewertet werden“, erklärt die Einrichtungsleiterin.

Zudem gibt es ein Portal zur Kommunikation und Dokumentation mit den Eltern. „WLAN und Internet im gesamten Gebäude, um diese Technik nutzen zu können, sind in Dänemark eine Selbstverständlichkeit“, beschreibt Zander einen weiteren Unterschied zu vielen Kindergärten südlich der Grenze. Auch Elternbriefe auf Papier sucht man in den Kindergärten nördlich der Grenze vergebens. „Das geht alles digital über eine App“, so Zander.

Die Vorzüge des elternfreundlichen Systems wissen auch Zuwanderer aus Deutschland zu schätzen. „Die kommen natürlich schon mit der Erwartung, dass es unkomplizierter ist“, so Zander. Dennoch gibt es nach ihren Worten viel Lob und die Eltern fühlen sich mit ihren Kindern sehr willkommen. „Die Zahl der Zuwanderer aus Deutschland hat stark zugenommen“, berichtet Zander. „Sonst war es mal ein Kind im Jahr, doch alleine im letzten Monat haben wir zehn Kinder von Auswanderern aus Deutschland aufgenommen“, zeigt sie sich erstaunt. Freie Plätze gibt es in den Einrichtungen der Deutschen Minderheit nach ihren Worten eigentlich immer.

Dänische und deutsche Erzieher können voneinander lernen

Doch auch in den Kindergärten südlich der Grenze sieht Zander in den letzten Jahren eine sehr positive Entwicklung, zu denen sich dänische und deutsche Pädagogen seit einigen Jahren regelmäßig austauschen. „Dabei geht es vorrangig um pädagogische Dinge“, sagt Zander und fügt an, dass man eigentlich beiderseits gut voneinander lernen könne – „in ganz unterschiedlichen Dingen“, sagt sie.

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