Regierungsbildung

Analyse: Jetzt kann es bei den Verhandlungen plötzlich schnell gehen

Analyse: Jetzt kann es bei den Verhandlungen plötzlich schnell gehen

Analyse: Es kann bei den Verhandlungen sehr schnell gehen

Kopenhagen
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Im Wahlkampf schloss Venstre-Chef Jakob Ellemann-Jensen eine Koalition mit Mette Frederiksen (Soz.) aus. Jetzt erklärt er sich bereit, das Versprechen zu brechen. Foto: Emil Helms/Ritzau Scanpix

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Eine Koalition über die Mitte ist wahrscheinlich. Am Montag sprach der Venstre-Chef Jakob Ellemann-Jensen von „guten Takten“ bei den Gesprächen mit der Sozialdemokratie. Am Dienstag legte sein Gegenüber, Mette Frederiksen (Soz.), nach und zeigte sich „hoffnungsvoll“ und „optimistisch“. Eine Einschätzung von Walter Turnowsky.

Es ist jetzt wahrscheinlicher, dass eine Koalition zwischen der Sozialdemokratie und Venstre etwas wird, als dass das Gegenteil eintritt. So weit traue ich mich jetzt aus dem Fenster zu lehnen.

Der Grund dafür, dass ich mich das traue, sind die Äußerungen des Venstre-Vorsitzenden Jakob Ellemann-Jensen am Montag und die seines sozialdemokratischen Gegenübers, Mette Frederiksen, am Dienstag.

Ellemann meinte, man habe „etwas Richtiges“ am Laufen; Frederiksen bestätigte, man habe vor „vor allem mit Venstre“ viel Zeit verbracht. Wenn diese beiden Äußerungen in dieser Reihenfolge und so zeitnah kommen, dann darf man ruhig davon ausgehen, dass beide sie zumindest bis zu einem gewissen Grad miteinander abgestimmt haben.

Parteichefs wollen Kritik zuvorkommen

Ganz offensichtlich stimmen die beiden Parteichefs die Bevölkerung wie auch die eigene Basis darauf ein, dass die sozialdemokratisch-liberale Regierung Realität werden könnte. Und das machen Verhandlungspartnerinnen und -partner nur, wenn sich eine Lösung abzeichnet.

Denn beide müssen Enttäuschungen vorbeugen. In einer Koalition müssen naturgemäß immer Kompromisse eingegangen werden, in einer mit zwei so unterschiedlichen Parteien umso mehr. Darauf wollen Ellemann und Frederiksen die Öffentlichkeit vorbereiten, um somit der zu erwartenden Kritik bereits im Vorfeld den Wind aus den Segeln zu nehmen.

„Wahlversprechen brechen“

Im O-Ton hört sich das dann bei Ellemann im Interview mit „TV2 News“ so an: „Selbstverständlich würde ich damit ein Wahlversprechen brechen.“

Frederiksen schreibt auf Facebook: „Die ideologischen Ausgangspunkte zwischen Venstre und der Sozialdemokratie liegen weit auseinander. Es gibt bekanntermaßen Uneinigkeiten. Aber es gibt auch vieles, das uns eint“, und sie fügte hinzu, alle Parteien in einer breit aufgestellten Regierung müssten sich in ihr wiederfinden können.

Diese Vorbereitung auf die notwendigen Kompromisse würde wenig Sinn ergeben, wenn sie nicht eine mögliche Einigung vor Augen haben. Damit ist nicht gesagt, dass wir die historische Koalition zwischen Rechtsliberalen und Sozialdemokraten bereits als Tatsache abhaken können. Verhandlungen können auch zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt noch scheitern.

Noch kein weißer Rauch

Unklar ist auch, ob es gegebenenfalls nur eine Koalition dieser beiden Parteien wird, oder ob sich noch weitere dazugesellen. Immerhin benötigt die Regierung eine Mehrheit, und die haben die beiden bei Weitem nicht.

Wenn ich in der Überschrift schreibe, dass es plötzlich sehr schnell gehen kann, dann gibt es zwei Gründe dafür. Zum Ersten sind Regierungsverhandlungen meistens weiter vorangeschritten, als die Öffentlichkeit und politische Beobachter es ahnen. Und zum Zweiten beschleunigen sie sich, je weiter sie fortgeschritten sind. Zeichnet sich am Horizont ein Ergebnis ab, arbeiten die Verhandlungsparteien immer zielgerichteter darauf hin und finden die notwendigen Kompromisse.

Und wann steigt dann aus dem Staatsministerium oder Schloss Marienborg weißer Rauch auf? Ganz so weit möchte ich mich dann doch nicht aus dem Fenster lehnen. Doch vor Weihnachten wird es wohl werden – falls sie nicht doch noch beim Endspurt stolpern. 


 

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