Leitartikel

„Grenzkontrollen: Freundliche Grüße aus Kopenhagen“

Grenzkontrollen: Freundliche Grüße aus Kopenhagen

Grenzkontrollen: Freundliche Grüße aus Kopenhagen

Apenrade/Aabenraa
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Corona ist laut Regierung nicht mehr gesellschaftskritisch. Einreisende werden trotzdem weiter kontrolliert. Inzwischen, meint Cornelius von Tiedemann, wäre es vielleicht an der Zeit, die Kontrollen ehrlich zu begründen und nicht länger um den heißen Brei herumzureden. Er hat da einen Vorschlag ...

Manche Leitartikel schreiben sich fast von selbst. Zum Beispiel dann, wenn die dänische Regierung ankündigt, sämtliche Corona-Maßnahmen in Dänemark zurückzunehmen – sie zugleich aber die Grenzkontrollen beibehält.

Apropos. Spektakulärster Fang der Grenzpolizei vorige Woche: Ein Schwede, der deutlich mehr in sein Auto geladen hatte, als zulässig. 70 Paletten Dosenbier musste der 53-Jährige in Rødbyhavn vorübergehend zurücklassen.

Ein Glück, dass es die Grenzkontrollen gibt! Der Hinterlandpolizei wäre der funkenschlagende Kombi auf Kriechfahrt sicherlich niemals aufgefallen.

Und wie gut, dass die dänische Regierung die Grenzkontrollen auch dann aufrechterhält, wenn sie Corona in Dänemark offiziell für beendet erklärt. Schließlich wären wir während der Corona-Krise fast ins Zweifeln geraten, ob sie nicht doch manchmal Sinn ergeben können.

Dass sämtliche Corona-Maßnahmen im Inland aufgehoben werden, wird damit begründet, dass Covid-19 keine „gesellschaftskritische Krankheit“ mehr ist.

Aber womit werden dann eigentlich die Grenzkontrollen jetzt begründet?

Na, irgendwas wird sich schon finden. Die Auswahl an Gründen ist ja inzwischen lang. Terrorgefahr, „Flüchtlingskrise“, Corona-Pandemie.  

Vielleicht sollte die Regierung einfach ehrlich sein und ihre Begründungen für die verlängerten Kontrollen künftig ungefähr wie folgt formulieren:

„Dänemark verlängert hiermit seine Grenzkontrollen. Dies geschieht, um der eigenen Bevölkerung weiszumachen, dass es einfache Lösungen für komplexe Herausforderungen gibt. Zudem soll suggeriert werden, dass die Bedrohung stets von außen kommt. Ziel ist es, die Menschen glauben zu machen, dass die Regierung über die Macht verfügt, solche vermeintlichen Gefahren abzuwehren, zum Beispiel durch Machtdemonstrationen wie das Einschüchtern Einreisender durch bewaffnete Uniformierte an der Grenze.

Wir (die Regierung sowie eine Folketingsmehrheit und ihre Medienpartner) haben viele Jahre darauf verwandt, die vermeintliche grundsätzliche Bedrohung von außen aufzubauen. Deshalb können wir der EU, auf deren Ebene die Herausforderungen unserer Zeit tatsächlich angegangen und gelöst werden können, öffentlich diesbezüglich keine positive Rolle zugestehen. Wir wünschen uns vielmehr, mit der Verlängerung der Grenzkontrolle erneut ein Stück zum Image einer handlungsunfähigen Europäischen Union beizutragen.

In der Hoffnung, dass unsere kurzsichtige, einzig dem Machterhalt geweihte Politik auch mithilfe dieser Maßnahme noch mindestens für einen Wahlsieg gut ist und dass uns unsere Kinder und Enkel unsere Torheit vergeben können, mit der wir die europäische Integration und somit die Zukunftsfähigkeit Europas um Jahre und Jahrzehnte zurückwerfen, und mit freundlichen Grüßen aus Kopenhagen, …“

 

 

 

 

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