Häusliche Gewalt

Frauen im eigenen Zuhause gefangen

Frauen im eigenen Zuhause gefangen

Frauen im eigenen Zuhause gefangen

Kopenhagen
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Gewalt im eigenen Heim – gerade in der Corona-Krise ein Problem. (Symbolfoto) Foto: dpa

Während des teilweisen Shutdowns konnten viele Frauen der häuslichen Gewalt nicht entkommen. Seit Mai erleben die Frauenhäuser verstärkten Andrang.

Für viele Frauen in einer gewalttätigen Beziehung hat sich die Corona-Krise zu einem Alptraum entwickelt. Ihr Partner hat häufiger Gewalt ausgeübt, und für viele gab es kein Entkommen. So beschreibt der Verband der Frauenhäuser (LOKK) die Situation während des teilweisen Shutdowns.

„Sowohl die Frau als auch der Mann mussten in vielen Fällen von zu Hause aus arbeiten, sofern sie überhaupt arbeiten konnten. Sie waren mehr oder weniger in den eigenen vier Wänden eingesperrt und dies führt zu mehr Gewalt“, sagt LOKK-Vorsitzende Karin Gaardsted dem „Nordschleswiger“.

Bereits als die Gesellschaft im März weitgehend geschlossen wurde, warnten die Frauenhäuser, dies würde voraussichtlich zu mehr häuslicher Gewalt führen. Das veranlasste das Sozialministerium dazu, in Frauenhäusern in Kopenhagen, Kolding, Odense, Holstebro und Aarhus Notunterkünfte einzurichten. Doch der erwartete Andrang blieb zunächst aus.

„Es war, auf das Land verteilt, unterschiedlich, wie stark diese Plätze genutzt worden sind, doch insgesamt kamen weniger Frauen als sonst“, so Gaardsted.

Mehr Gewalt

Was nicht heißen will, dass es weniger häusliche Gewalt gab, ganz im Gegenteil.

„Wir wissen von der Polizei, dass sie vermehrt auf Fälle von häuslicher Gewalt reagieren musste.“

Die Erklärung für den scheinbaren Widerspruch liegt in der Tatsache, dass viele Frauen dem gewalttätigen Mann nicht entkommen konnten.

Diese Frauen waren in dieser Periode in einem Gefängnis, einem Gefängnis im eigenen Zuhause

Karin Gaardsted, Vorsitzende von LOKK

Die Kindergärten und Schulen waren bekanntlich ebenfalls geschlossen.

„Diese Frauen hatten so gut wie keinen Kontakt nach außen. Das hatte große Bedeutung, denn so hatten sie auch niemanden, mit dem sie sprechen konnten.“

Herabwürdigende Behandlung

Denn gerade eine Unterstützung von anderen ist häufig wichtig, damit die Frauen die Kraft aufbringen, aus einer gewalttätigen Beziehung auszubrechen.

„Der Mann hat ihnen über einen langen Zeitraum immer wieder erzählt, wie dumm und hässlich sie seien, dass sie sich ohne ihn nicht zurechtfinden könnten. Daher fällt es ihnen schwer, daran zu glauben, dass es ein Leben jenseits der Gewalt gibt“, erklärt Gaardsted ein sich häufig wiederholendes Muster.

„Diese Frauen waren in dieser Periode in einem Gefängnis, einem Gefängnis im eigenen Zuhause, dem sie nicht entkommen konnten. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Frauen auch versuchten, ihre Kinder zu schützen. Das war eine sehr harte Zeit für die Frauen.“

Als ab Ende April die Gesellschaft allmählich wieder öffnete, füllten sich auch die Frauenhäuser.

„Im Mai kamen wesentlich mehr Frauen und Kinder als im Mai des Vorjahres.“

„Die Rückmeldungen, die wir aus den Frauenhäusern bekommen, sind, dass vor allem auch große Familien kommen, also Frauen die drei bis sechs Kinder mitbringen. Man kann sich ja ausmalen, wie die Situation in diesen Familien gewesen sein muss“, meint die LOKK-Vorsitzende.

Jährlich erleben schätzungsweise 38.000 Frauen und 19.000 Männer physische häusliche Gewalt. 33.000 Kinder erleben Gewalt zwischen ihren Eltern, zeigt eine Studie von „Maryfonden“ und „Lev uden Vold“.

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