Klagen gegen Fehmarnbelt-Querung

Kritiker der Fehmarn-Autobahn fürchten Wasserverschmutzung durch Mikroplastik

Kritiker der Fehmarn-Autobahn fürchten Wasserverschmutzung durch Mikroplastik

Kritiker der Fehmarn-Autobahn fürchten Wasserverschmutzung durch Mikroplastik

Henning Baethge/shz.de
Kiel
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Auf Fehmarn häufig anzutreffen: Das blaue Kreuz als Zeichen des Widerstandes gegen die Fehmarnbelt-Querung Foto: dpa

Das Ministerium streitet ab, dass es zu einer Zunahme „in erheblichem Umfang“ kommen könnte, wie die Kritiker fürchten.

Plastikteilchen in den Weltmeeren sind ein dramatisch wachsendes Umweltproblem – und bald werden sie auch das Oberverwaltungsgericht Schleswig im Prozess gegen die Autobahn-Anbindung des geplanten Fehmarnbelt-Tunnels beschäftigen: Das Aktionsbündnis gegen eine feste Beltquerung hat seine Klage gegen den zwischen Heiligenhafen und Puttgarden vorgesehenen Ausbau der Bundesstraße 207 zur vierspurigen Autobahn 1 diese Woche erweitert und macht nun geltend, dass durch die Straßenabwässer der A1 womöglich „in erheblichem Umfang umweltschädliches Mikroplastik“ in die Ostsee gespült wird. Vor allem der Abrieb von Reifen, aber auch von Bremsbelägen könnten das Meer um Fehmarn herum verdrecken.

Zwar hat Schleswig-Holsteins FDP-Verkehrsminister Bernd Buchholz die vor drei Jahren von seinem SPD-Vorgänger Reinhard Meyer erarbeiteten Ausbaupläne inzwischen nachbessern lassen und nun auch deren Folgen für die Wasserqualität untersuchen lassen, wie es die EU seit kurzem vorschreibt. Doch haben seine Leute dabei eine mögliche Ostsee-Verschmutzung durch Mikroplastik einfach ausgeklammert. „Mikropartikel aus dem straßenverkehrsbedingten Reifenabrieb sind für die Beurteilung der vorhabenbedingten Auswirkungen nicht relevant“, schreibt Buchholz’ Genehmigungsbehörde in schönstem Amtsdeutsch in ihrem nachgebesserten Planungsbeschluss vom Mai dieses Jahres.

Ganz anderer Meinung ist Hendrick Kerlen vom Aktionsbündnis. „Es stellt sich sehr wohl die Frage, wie weit dieser Abrieb sowohl nach der Wasserrahmenrichtlinie der EU als nach der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie bei der Planung zu berücksichtigen ist“, sagt er. Schon jetzt macht Reifenabrieb einen Großteil des Mikroplastiks in der Ostsee aus und gehört laut einer Studie des Umweltbundesamts „zu den Hauptbefunden“ dort. Dass Buchholz’ Planer trotzdem nicht geprüft haben, wie sich der zusätzliche Verkehr auf dem 16 Kilometer langen Autobahnstück auf die Plastikmenge im Meer auswirkt, sei wohl mal wieder der Devise „Schnelligkeit vor Gründlichkeit“ geschuldet, wettert Kerlen.
 

Foto: shz.de/Can Yalim

Die Belastung durch Mikroplastik ist aber bei weitem nicht der einzige Grund, aus dem Klagen gegen den 109 Millionen Euro teuren Autobahnbau in Schleswig eingereicht wurden. So hält Kerlen die Autobahn auf Fehmarn auch für überdimensioniert und einen dreispurigen Ausbau der B 207 für ausreichend. Zudem würden einige Vogelarten nicht genügend geschützt. Auch der Naturschutzbund Nabu, die Stadt Fehmarn, die Gemeinde Großenbrode und der Wasser- und Bodenverband klagen.

Die Reederei Scandlines hat zwar nichts gegen den vierspurigen Ausbau, ist aber ebenfalls vor Gericht gezogen, weil die die Zufahrt zu ihrem Fährterminal in Puttgarden künftig schwieriger würde. Sie will ihre Fähren selbst nach der Tunneleröffnung in voraussichtlich zehn Jahren weiter zwischen Fehmarn und Lolland fahren lassen. Daher befasste sich gestern auch der Landtag mit der Terminalanbindung. Die SPD forderte eine nochmalige Überarbeitung der Pläne. Minister Buchholz will sich aber auf anderem Wege mit der Reederei einigen. Scandlines-Sprecherin Anette Ustrup Svendsen bestätigt, es gebe „Gespräche in konstruktiver Atmosphäre“, aber „noch keine Lösung“.

Wann der Prozess gegen das erste fertig geplante Teilvorhaben des Fehmarnbelt-Projekts steigt, ist offen. „Im Jahr 2018 wird kein Termin stattfinden“, sagt Gerichtssprecherin Brigt Voß-Güntge. Und für nächstes Jahr könne sie „noch keine Einschätzung abgeben“. Doch selbst wenn die Schleswiger Richter in ein oder zwei Jahren entschieden haben werden, rechnet Buchholz nicht mit einem Ende des Rechtsstreits: „Wir gehen davon aus, dass eine Weiterverhandlung in zweiter Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolgen wird“, lässt er ausrichten. Das würde dann noch mal rund zwei Jahre dauern – und der Bau wohl weitere vier bis fünf.

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