Musikvereinigung

Deshalb ist der Chor das kulturelle Flaggschiff der Minderheit

Deshalb ist der Chor das kulturelle Flaggschiff der Minderheit

Chor ist das kulturelle Flaggschiff der Minderheit

Nordschleswig
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Der Chor der Musikvereinigung Nordschleswig trat Sonntag in der Kirche zu Lügumkloster auf. Foto: Karin Riggelsen

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Chefredakteur Gwyn Nissen hat das Konzert der Musikvereinigung Nordschleswig miterlebt. Er zählt auf, warum der Chor von großer Bedeutung für die deutsche Minderheit ist.

Der Chor der Musikvereinigung Nordschleswig hat nach einer längeren Zwangspause wegen der Corona-Pandemie wieder die passende Melodie gefunden. Am Wochenende führte der große Chor der deutschen Minderheit Josef Rheinbergers „Der Stern von Bethlehem“ sowie Sätze aus Bachs Weihnachtsoratorium vor.

Über 250 Gäste in der Kirche zu Lügumkloster (Løgumkloster) sowie weitere mehr als 150 Zuschauerinnen und Zuschauer in der Sonderburger Marienkirche erlebten die beiden Konzerte.

Chefredakteur Gwyn Nissen schildert seine Eindrücke und erklärt, warum der Chor das kulturelle Flaggschiff der deutschen Minderheit ist.

Es steckt weiterhin viel Saft und Kraft im Chor der Musikvereinigung Nordschleswig. Foto: Karin Riggelsen

Der Zusammenhalt

Der große Chor der Musikvereinigung Nordschleswig musste in Verbindung mit der Corona-Pandemie wie andere kulturschaffende Termine absagen. Das war eine besondere Herausforderung für den größten Chor Nordschleswigs, denn viele Sängerinnen und Sänger haben längst das Rentenalter erreicht. Würden sie weitermachen? Und was macht die Stimme nach einer so langen Pause?

Der Chor ist weiterhin komplett, und die Pause ohne Konzerte und kontinuierliches Üben hat den Stimmen der Sängerinnen und Sänger nichts angehabt.

Der Chor hat weiterhin einen wunderschönen, kraftvollen Klang, der auch in einer großen gewölbten Kirche wie der in Lügumkloster überzeugt. Die Zwangspause hat der Chor mit Zusammenhalt, Engagement, Professionalität und der offensichtlichen Freude am Singen wettgemacht. Das macht ihn unbestritten zum kulturellen Flaggschiff der deutschen Minderheit. 

Mutig treten 12 Sänger des Chors von der Tribüne in die erste Reihe. Vor dem Publikum ist jeder Ton zu hören. Foto: Karin Riggelsen

Der Mut

Die Chormitglieder der Musikvereinigung haben bereits in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie sich nicht scheuen, einen Schritt nach vorn in die erste Reihe zu machen. Beim diesjährigen Werk von Josef Rheinberger traten im siebenten Satz 12 Männer nach vorn, um die „Anbetung der Weisen“ zu singen.

In einem großen Chor kann man sich manchmal etwas „verstecken“, doch wenn man sozusagen allein in der ersten Reihe vor dem Publikum steht, dann wird die Stimme jedes einzelnen Chorsängers hörbar. Das ist fast schon Angst provozierend, doch die Musikvereinigung hat starke und mutige Sängerinnen und Sänger, die sich diesen Schritt ins Rampenlicht zutrauen. Ein starker Auftritt.

Susanne Heigold (Bildmitte) leitet mit viel Energie und Professionalität den Chor der Musikvereinigung Nordschleswig. Foto: Karin Riggelsen

Die Dirigentin

Klein von Statur, aber eine große Dirigentin: Susanne Leona Heigold leitet seit 2013 den Chor der Musikvereinigung und hat es geschafft, in dieser Zeit ein Niveau obendrauf zu legen – und das bei einem hohen Ausgangspunkt.

Heigold verlangt ihren Chormitgliedern alles ab und traut ihrer Truppe auch anspruchsvolle klassische Musik zu. Manchmal vergisst man beim Zuhören, dass es sich um einen Freizeitchor handelt – das ist der professionellen Leitung von Susanne Heigold zu verdanken.

Mit ihrer Auswahl an anspruchsvollen Musikwerken fordert sie höchste Konzentration und Präzision des Chores ein. Das Ergebnis ist jedes Mal erlebenswert.

Anna Maria Wierød konnte ebenso wie Nikolaus Fluck gemeinsam mit deutschen und dänischen Musikerinnen und Musikern für den Auftritt gewonnen werden. Foto: Karin Riggelsen

Die Musiker

Der Chor der Musikvereinigung hat es seit Jahrzehnten musikalisch drauf. Gerade deswegen ist es der Musikvereinigung möglich, tüchtige Musikerinnen und Musiker sowie Solistinnen und Solisten für die Konzerte zu engagieren. Diese können nicht angeheuert werden, wenn sie nicht davon überzeugt sind, dass durch den Chor und das musikalische Umfeld eine hohe Qualität gewährleistet ist.

Gleichzeitig sind es auch diese professionellen Musikerinnen und Musiker, die dem Chor Glanz verleihen und die Chormitglieder zu Höchstleistungen bewegen.

Im Chor der Musikvereinigung kommt das deutsch-dänische Grenzland zusammen. Foto: Karin Riggelsen

Das Grenzland

Der Chor der Musikvereinigung Nordschleswig ist wie ein Maggi-Würfel – ein Konzentrat des Grenzlandes: Die Chormitglieder kommen sowohl aus der Mehrheit als auch aus der Minderheit – von nördlich und südlich der Grenze.

Seite an Seite singen sie für und miteinander. Sie zeigen somit, was im Grenzland möglich ist: Aus nationalen Gegensätzen früherer Jahre sind heute gemeinsame musikalische Sätze geworden. Das macht den Chor der Musikvereinigung so wertvoll – für die Minderheit, aber auch für die deutsch-dänischen Beziehungen im Grenzland.   

Der große Chor der Musikvereinigung kann nächstes Mal am Mittwoch, 14. Dezember, um 16 Uhr in der Christkirche zu Tondern (Tønder) erlebt werden – diesmal mit Weihnachtsliedern zum Zuhören und Mitsingen für Alt und Jung. Die großen Konzerte 2023 – Puccinis „Petite messe solenelle“ – sind für 26., 28. und 29. Oktober geplant.

 

 

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