Deutsch-Dänisch

Gesandte an der Botschaft: Europäerin und Beauftragte für die Minderheit

Gesandte an der Botschaft: Europäerin und Beauftragte für die Minderheit

Diplomatin: Europäerin und Beauftragte für die Minderheit

Kopenhagen/Nordschleswig
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Büro mit Weitblick: Andrea Berdesinski in der Botschaft in Kopenhagen Foto: Walter Turnowsky

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Seit August hat Andrea Berdesinski an der deutschen Botschaft die Aufgabe, den Kontakt zur Minderheit zu pflegen. Für den Job bringt sie eigene Grenzlanderfahrung mit. Die Botschaft plant im kommenden Jahr eine Konferenz zum Ideenaustausch zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

Drei Dinge können dazu beitragen, Andrea Berdesinskis Sicht auf ihre eigene Arbeit im Allgemeinen und auf ihre Zusammenarbeit mit der deutschen Minderheit im Besonderen zu verstehen. Da wäre zunächst ihre eigene Herkunft, die ihrer Schwiegereltern und dann noch ein Bild, das ihre Tochter gemalt hat.

Das Bild befindet sich in ihrem Büro in der deutschen Botschaft in Kopenhagen. Im sechsten Stock eines umgebauten Silos im neu gestalteten Nordhafen gelegen, bietet es an einem frostklaren Dezembertag einen weiten Blick über die Stadt. Seit August ist Berdesinski Gesandte an der Botschaft und damit auch Beauftragte für die deutsche Minderheit und die Kontakte im Grenzland.

„Die Kontakte zur deutschen Minderheit sind für die Botschaft eine sehr wichtige Aufgabe, der wir hohe Bedeutung beimessen“, sagt sie.

Die deutsche Botschaft hat in den Portland Towers im neuen Stadtentwicklungsgebiet im „Nordhavn“ Unterschlupf gefunden. Foto: Walter Turnowsky

Beauftragte fühlt sich gut empfangen

Ihr Chef, Botschafter Pascal Hector, hat seit seinem Amtsantritt im Herbst 2021 die Volksgruppe bereits etliche Male besucht. Berdesinski selbst war in den vergangenen vier Monaten bereits fünfmal dort.

„Ich bin überwältigt von der Herzlichkeit und Offenheit, mit der ich von allen Vertreterinnen und Vertretern der Minderheit aufgenommen wurde, und das, obwohl sie sich alle paar Jahr an eine neue Beauftragte oder einen neuen Beauftragten gewöhnen müssen. Das fand ich ganz toll“, schildert die Beauftragte ihre ersten Begegnungen.

Die beiden Minderheiten haben mit Sicherheit  entscheidend dazu beigetragen, dass sich die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Dänemark so gut haben entwickeln können.

Andrea Berdesinski

Sehr beeindruckt sei sie gewesen, das alltägliche Miteinander im Grenzland zu erleben .

„Ich hatte selbstverständlich darüber gehört und gelesen. Doch es ist noch einmal etwas anderes, konkret zu erleben, wie eng und vielfältig die Zusammenarbeit über die Grenze hinweg ist. Das ist das, was Europa ausmacht.“

Andrea Berdesinski sprach beim diesjährigen Deutschen Tag in Tingleff. Foto: Karin Riggelsen

Erfahrungen aus dem deutsch-französischen Grenzland

Wobei ihr das Leben in einem Grenzland in keiner Weise fremd ist. Sie ist in Freiburg im Breisgau, unweit der französischen Grenze, geboren. 

„Für uns zu Hause waren der Blick nach Frankreich und häufige Besuche drüben im Elsass ganz selbstverständlich. Und diese Offenheit meine ich auch in der schleswigschen Grenzregion zu spüren.“

Diese Erfahrung prägt dann auch ihre Sicht auf die europäische Zusammenarbeit: „Europa steht für mich für Offenheit und für Zusammenleben auch über die Grenzen hinweg.“

Gerade für einen großen Nachbarn ist es wichtig, die Freundschaft zu einem kleineren Partner nicht als selbstverständlich zu nehmen, sondern auch zu pflegen. Dessen ist man sich in Berlin sehr bewusst.

Andrea Berdesinski

Sieht Bedeutung der Minderheiten

Dass das heutige Zusammenleben im deutsch-dänischen Grenzland keine Selbstverständlichkeit ist, wurde der Minderheitenbeauftragten bei einem Besuch im Deutschen Museum in Sonderburg (Sønderborg) ein weiteres Mal verdeutlicht. Sie nennt es „eine große Errungenschaft“, die nicht selbstverständlich sei.

 „Die beiden Minderheiten haben mit Sicherheit  entscheidend dazu beigetragen, dass sich die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Dänemark so gut haben entwickeln können.“

Das Bild

Womit wir beim Bild in ihrem Büro angekommen wären. Über die Frage, was die Arbeit der Diplomatin ausmache, muss Andrea Berdesinski zunächst kurz nachdenken. Doch dann lenkt sie den Blick auf das Bild.

„Das hat mir meine kleine Tochter, als sie in der ersten Klasse war, einmal geschrieben. Das ist für mich der Kern dessen, wofür wir arbeiten: Suche Frieden und jage ihm nach.“

Das Bild der Tochter als Auftrag: „Suche Frieden und jage ihm nach.“ Foto: Walter Turnowsky

Konkret bedeutet das für ihre derzeitige Arbeit an der Botschaft in Kopenhagen, die Kooperation zwischen Dänemark und Deutschland, ja „gleichgesinnten Partnern und Nachbarn“ insgesamt zu stärken. Die Notwendigkeit und Dringlichkeit dieser Aufgabe ist in diesem Jahr auf schmerzliche Weise deutlich geworden. 

„Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat uns in Europa deutlich gemacht, dass die Werte, die das Fundament unseres Zusammenlebens sind, etwas ungeheuer Wertvolles sind, das auch verteidigt werden muss. Es ist wichtig, in die Freundschaften zu investieren.“

Freundschaft muss gepflegt werden

Denn auch und gerade, wenn der eine Freund deutlich größer ist als der andere, würde sich diese Investition auszahlen.

 „Gerade für einen großen Nachbarn ist es wichtig, die Freundschaft zu einem kleineren Partner nicht als selbstverständlich zu nehmen, sondern auch zu pflegen. Dessen ist man sich in Berlin sehr bewusst.“

Andrea Berdesinski sieht das Zusammenleben im Grenzland als Verwirklichung der europäischen Idee. Foto: Walter Turnowsky

Konferenz im Grenzland

Die Botschaft arbeitet bereits an dem nächsten konkreten Projekt zu dieser Freundschaftspflege. Im kommenden Jahr will sie in Nordschleswig eine Grenzland-Konferenz veranstalten, an der auch Vertreterinnen und Vertreter des deutsch-französischen Grenzlandes teilnehmen sollen. Ziel ist es, Erfahrungen, gute wie weniger gute, miteinander auszutauschen.

„Ich hoffe, dass sich aus so einem Austausch auch konkrete Ideen ergeben, in welchen Bereichen man die Kooperation noch intensivieren oder wo man voneinander lernen könnte. Zum Beispiel im Gesundheitsbereich“, erläutert die Gesandte.

Lebenslauf

Andrea Berdesinski wurde am 23. Januar 1975 im Breisgau geboren

Abitur 1994 in Freiburg

Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg und Jerusalem

2000-2002  Eintritt in den Auswärtigen Dienst und Attaché-Ausbildung
2001-2002  Deutsche Botschaft Colombo, Sri Lanka
2002-2006 Referentin im Pressereferat des Auswärtigen Amts, Berlin
2006-2008 Ständige Vertretung Deutschlands bei der Europäischen Union, Brüssel; Vorsitz der Ratsarbeitsgruppe „Westbalkan“
2008-2011  Referentin für den Nahostfriedensprozess im Auswärtigen Amt
2012-2015 Planungsstab des Auswärtigen Amts: Leiterin der Projektgruppe „Review 2014 – Außenpolitik Weiter Denken“
2016-2019 Leiterin des Grundsatzreferats in der Abteilung Nahost, Afrika, Lateinamerika des Auswärtigen Amts
2019-2020 Leiterin des Nordeuropa-Referats
2020-2021 Leiterin des Referats Vereinigtes Königreich, EFTA und Arktis
2021 Leiterin der Politischen Abteilung der Deutschen Botschaft Peking, China
seit Sommer 2022 Gesandte und Beauftragte für die deutsche Minderheit und Kontakte im Grenzland an der Botschaft Kopenhagen

Quelle: Deutsche Botschaft in Kopenhagen

Schwiegerfamilie in Südschleswig

Für sie sind eine engere Zusammenarbeit im Grenzland und stärkere Kooperation zwischen Dänemark und Deutschland nämlich zwei Seiten derselben Medaille. Und die Minderheiten auf beiden Seiten würden dabei eine Schlüsselrolle spielen.

„Wenn ich nach Nordschleswig und auch nach Südschleswig schaue, dann habe ich den Eindruck, dass die Minderheiten ganz stark dazu beitragen, das Interesse und das Wissen über das andere Land zu stärken.“

Denn, und der Punkt muss noch erwähnt werden, so ganz fremd ist Andrea Berdesinski das deutsch-dänische Grenzland nicht. Ihre Schwiegereltern sind aus Flensburg und haben ihr von ihren Erfahrungen berichtet.

 „Wer zum Beispiel in Flensburg einen dänischen Nachbarn hat, entwickelt häufig ein ganz anderes Interesse für Dänemark,  für die Kultur, die Sprache und Menschen. Man sagt eher: Lass uns mal rüberfahren und dieses Land kennenlernen.“

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