Regan Vest

Der Bunker, von dem aus Dänemark im Fall eines Atomkrieges geleitet werden sollte

Der geheime Regierungsbunker öffnet seine Tore

Der geheime Regierungsbunker öffnet seine Tore

wt/ritzau
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Der Bunker Regan Vest befindet sich 60 Meter unter der Erde. Foto: Henning Bagger/Ritzau Scanpix

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Im Rold Skov südlich von Aalborg liegt der einst geheime Bunker, in dem die Regierung und die Königin im Fall eines Atomkrieges untergebracht werden sollten. Seit Montag ist er für die Öffentlichkeit zugänglich – und die Besuchenden reißen sich um die Karten.

Jahrzehntelang war geheim, was sich hinter einem herkömmlichen gelben Ziegelhaus im Rold Skov verbirgt. Erst 2012 wurde bekannt, dass hier der Eingang zur Regierungsanlage Westdänemark (Regan Vest) liegt. Seit Montag kann die Öffentlichkeit den zum Museum umgewandelten Bunker besuchen.

Wer die Anlage bis Ende Juni besuchen will, muss sich jedoch sputen. „Nordjyske Museer“, die das Museum betreiben, haben am 1. November 28.800 Eintrittskarten bis zum Sommer freigegeben. 27.000 von ihnen sind bereits verkauft.

„Wir hatten mit einem großen Interesse gerechnet, aber das hier überrascht uns dann doch“, sagt Lars Enevold Pedersen, Publikumschef bei „Nordjyske Museer“.

Hinter diesem Haus befindet sich der Eingang zum einst geheimen Regierungsbunker. Foto: Henning Bagger/Ritzau Scanpix

Königin, Regierung, Militär und Medien

In dem 5.500 Quadratmeter großen, atombombensicheren Bunker sollte im Fall eines Angriffs die Regierung untergebracht werden. Auch für die Königin stand dort ein Zimmer mit zwei Betten bereit.  

„Dänemark ist eine konstitutionelle Monarchie. Deshalb gehört zum Regierungs- und Parlamentsbetrieb auch die Unterzeichnung der Gesetze durch die Königin als Staatsoberhaupt“, erzählte Museumssprecherin Helle Nørgaard 2020 dem „Nordschleswiger“.

Sie verriet, dass in dem Bunker neben Folketing, Regierung und Militärspitze auch weitere lebenswichtige Elemente der Demokratie Zuflucht finden sollten: Danmarks Radio mit Sendeeinrichtungen sowie die Nachrichtenagentur Ritzau.

Möbel im Original

Das Besondere an dem Bunker: Es ist alles noch so, wie es in den 70er- und 80er-Jahren aussah.

„Das Einzigartige ist, dass der Bunker intakt mit 240 Betten dasteht. Andre Länder hatten ähnliche Anlagen, aber sie sind Stück für Stück demontiert worden“, sagte Museumsinspektor Lars Christian Nørbach vor zwei Jahren.

Alles wie damals: Der Sitzungsraum der Regierung Foto: Henning Bagger/Ritzau Scanpix

Besuchende finden hier Stühle und Lampen von Arne Jacobsen vor. Das Bettzeug ist von Nordisk Fjer. Kommunikationsausrüstung war selbstverständlich notwendig für die Funktion des Bunkers. Doch auch Nato-Stempel und sogar Büroklammern aus der damaligen Zeit sind noch dort. „Es ist wie ein Zeitfenster“, so Nørbach.

Anders ist das beim „Dokumentationscenter Regierungsbunker“ bei Ahrweiler südlich von Bonn, wo der zwischen 1961 und 1972 erbaute geheime „Unterschlupf“ der Bundesregierung, des Bundestags und des Bundespräsidenten angesiedelt war. Nach Aufgabe des Betriebs 1998 wurde er weitgehend rückgebaut.

Zehn Jahre von der Idee zur Eröffnung

Regan Vest wurde erst 2012 endgültig aus den Bereitschaftsplänen herausgenommen und danach in der Öffentlichkeit bekannt. Die Anlage wurde in den Jahren 1963 bis 1968 rund 60 Meter tief im Kalkfelsen erbaut. Im gelben Häuschen vor dem Eingang wohnte bis 2010 der Maschinenmeister des Bunkers mit seiner Familie. Er war dafür verantwortlich, dass der Bunker zu jeder Zeit einzugsbereit war.

Bereits unmittelbar, nachdem der Bunker 2012 aufgegeben wurde, entstand bei „Nordjyske Museer“ die Idee, ihn in ein Museum umzuwandeln. Doch es sollte zehn Jahre dauern, bis es jetzt so weit ist.

Zunächst mussten 75 Millionen Kronen beschafft werden. Dazu haben die Kommunen Aalborg und Rebild sowie die Stiftungen Realdania und Augustinus beigetragen. Auch Staatsgelder sind in das Projekt geflossen. Dafür ist neben dem Bunker auch ein Besucherzentrum entstanden, in dem die Gäste Informationen über die atomare Bedrohung und den Kalten Krieg finden können.

Von hier aus sollte die Nachrichtenagentur Ritzau arbeiten. Foto: Henning Bagger/Ritzau Scanpix

Aktuell durch Ukraine-Krieg

Museumsdirektor Nørbach zeigte sich daher deutlich erleichtert, als er im Oktober vergangenen Jahres den Eröffnungstermin bekannt geben konnte: „Wir haben zehn Jahre daran gearbeitet, und das hat den Mitarbeitenden des Museums, den Projektberatenden und Bauunternehmen viel abverlangt.“

Zu Beginn der Bauarbeiten ging es noch darum, jüngeren Menschen eine ferne Zeit und ein Leben mit der Bedrohung durch Krieg zu vermitteln. Vor einem Jahr wurde eine solche Bedrohung unerwartet erneut präsent. Publikumschef Lars Enevold Pedersen führt das große Interesse für das Museum auch auf diese Entwicklung zurück.

„Der Kalte Krieg ist vorbei, aber wir erleben einen neuen Krieg in der Ukraine. Das bedeutet, dass Fragen der Sicherheit und wie wir auf Dänemark aufpassen, immer noch hochaktuell sind“, meint er.

Das neue Museum kann nur im Rahmen einer Führung besucht werden, an der jeweils zehn Personen teilnehmen können. Bis zu fünf Gruppen gleichzeitig können durch den Bunker geführt werden. Geplant sind auch Führungen auf Deutsch und auf Englisch. In den kommenden Wochen werden „Nordjyske Museer“ Eintrittskarten ab dem 1. Juli freigeben.

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