Coronavirus

Erneut Frust im Grenzland

Erneut Frust im Grenzland

Erneut Frust im Grenzland

Nordschleswig/Apenrade
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Neue Corona-Maßnahmen in Dänemark sorgten am Wochenende für lange Schlangen an der mobilen Testeinheit vor der Flensburger Diako. Foto: Marcus Dewanger/SHZ

Schon wieder müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Grenzland kurzfristige Corona-Maßnahmen hinnehmen.

Eigentlich ist es inzwischen eher die Regel als die Ausnahme: Freitags kommen von der dänischen Regierung oft neue Corona-Anweisungen, und die Betroffenen haben dann nur kurze Zeit, sich auf die neuen Maßnahmen einzustellen. Das gilt für die Wirtschaft, aber immer wieder auch für das deutsch-dänische Grenzland. Am Wochenende gab es wieder so ein Beispiel, das im Grenzland für Frust und Aufregung sorgte.

„Wir sind es in den vergangenen 12 Monaten inzwischen gewohnt, dass es manchmal anders kommt als geplant“, sagt Mikkel Andersen, Pressesprecher der Krankenhäuser von „Sygehus Sønderjylland“, zu den Maßnahmen, die am Freitag für Ärger und Unverständnis im Grenzland sorgten.

Während die dänische Regierung zu Beginn der Corona-Pandemie offensichtlich kein Verständnis für das Leben im deutsch-dänischen Grenzland hatte und im Frühsommer nur langsam für eine Normalisierung sorgte, hat die dänische Corona-Task-Force jetzt zumindest die Grenze im Blick.

Neue Maßnahmen mit Sonderregeln

Es gibt nun Sonderregeln für die Bewohner der Grenzregion, aber auch diese sind zum Teil eine Behinderung für das Grenzlandleben.

So auch die neuen Maßnahmen vom Freitag. Grenzpendler müssen sich nun wöchentlich auf das Coronavirus testen lassen – und dänische Staatsbürger, die in Deutschland ansässig sind, müssen sich gar nicht testen lassen –, während andere Reisende einen frischen, nicht mehr als 24 Stunden alten Negativtest vorweisen müssen.

Doch woher in aller Eile einen Test bekommen? so lautete die Frage am Wochenende, denn die deutsche Testkapazität ist mit der dänischen nicht zu vergleichen. Und auch kann man sich südlich der Grenze nicht einfach kostenlos testen lassen.

Krankenhäuser waren betroffen

„Davon waren auch unsere Mitarbeiter betroffen, ohne dass wir genau sagen können, um wie viele es sich dreht“, sagt Mikkel Andersen auf Anfrage. Er wisse auch nicht, ob Abteilungen davon betroffen seien, dass Mitarbeiter nicht über die Grenze gekommen sind.

„Es ist für unsere Mitarbeiter natürlich ärgerlich, dass sie davon betroffen sind, und stundenlang in der Schlange stehen mussten.“

In Flensburg entstanden am Wochenende bei der mobilen Teststation an der Diako lange Schlangen mit bis zu 5 bis 6 Stunden Wartezeit, und auch an der Falck-Station am Scandinavian Park bildeten sich Schlangen.

Testzeiten nachts um 3

Auch Mitarbeiter der Deutschen Bücherei in Nordschleswig waren davon betroffen. Drei von vier Mitarbeiter/innen hatten es noch am Sonnabend geschafft, nach Dänemark zu fahren, um dort an der Autobahn-Raststätte getestet zu werden.

„Die eine, die das nicht konnte, kam heute nicht rüber. Mittlerweile testen sie in Handewitt 24/7 und Termine sind nur noch nachts um 3 Uhr frei. Im Ernst“, kommentiert Büchereidirektorin Claudia Knauer.

Wie immer, wenn es neue Regeln gibt, tauchten im Grenzland neben der Bestürzung auch wieder viele Fragen auf, „was nun gelte“. Hier sind die aktualisierten Bedingungen in der Übersicht des „Nordschleswigers“:

Reaktionen im Grenzland

Auf der Facebook-Seite des „Nordschleswigers“ gab es übers Wochenende etwa 100 Kommentare.

„Wir Pendler müssen einen Test machen, und was ist mit den Dänen die in Deutschland wohnen und täglich über die Grenze fahren. Oder was ist mit den Dänen, die täglich zum Einkaufen nach Deutschland kommen. Ich fühle mich gemobbt!!!“, schreibt Maike Lindemann.

In dieselbe Kerbe schlägt auch Monika Vogeser ein: „Solange hier täglich noch zig Dänen zum Einkaufen kommen, macht diese Regelung in meinen Augen überhaupt keinen Sinn." Die Dänen, die über die Grenze fahren, würden nicht getestet werden, schreibt sie.

„Man kann doch nicht mal eben Test schreien und dann soll das eine Teststation machen“, meint Sandra Dittrich. „Geht doch nicht. Die wissen wohl gar nicht, wie viele Leute und Kinder pendeln."

Zeitnot im Grenzland

Andre Nordmann wundert sich über die kurze Frist: „Und warum zur Hölle erfährt man das jetzt erst? Wo sollen die ganzen Pendler so schnell alle einen Test herbekommen???“

Floryan Zynga schreibt in einer Mail an den „Nordschleswiger“, dass er vollstes Verständnis dafür hat, dass „wir uns in einer globalen Pandemie befinden“.

„Ich verstehe allerdings nicht, dass die Regierung Entscheidungen trifft, ohne über die Konsequenzen nachgedacht zu haben. Mich irritiert es, dass die Regierung einen negativen Coronatest verlangt, ohne sich gesichert zu haben, dass es überhaupt möglich ist, einen Test zu bestellen“, schreibt Zynga, der zwar eine dänische CPR-Nummer hat, bei jeder Zeitbestellung aber telefonisch freigeschaltet werden muss.

Über die Grenze – oder auch nicht

Indes hatten Pendler an der Grenze ganz unterschiedliche Erlebnisse. Während ein Mitarbeiter des „Nordschleswigers“ über die Grenze gelassen wurde, um sich dort testen zu lassen, traf „Melanie Minnie“ auf einen unnachgiebigen Beamten, der sie weiterfahren ließ (sie hat eine dänische Adresse), während der Freund umkehren musste.

„Auch erzählten wir den Beamten, dass die Test-Station in Flensburg ab 18 Uhr geschlossen hätten. War denen egal“, schreibt Melanie.

Däne im Grenzland ärgert sich

Henrik Kroll ist nach eigenen Angaben „Däne im Grenzland“. Er ärgert sich über die Willkür der dänischen Regierung.

„Die deutsche Regierung hat eher verstanden, wie unsere Grenzregion funktioniert, mit einem gemeinsamen Arbeitsmark ohne Grenze und vielen persönlichen Beziehungen quer über diese Grenze. Die Regierung in Kopenhagen hat dieses offenbar immer noch nicht begriffen (oder will nicht)", schreibt er.

Heico Möllgaard befürchtet, dass solche kurzfristigen und einseitigen Maßnahmen, Konsequenzen mit sich führen könnten:
„Das Verständnis für die Region und für die EU als Ganzes lässt bei der dänischen Regierung deutlich zu wünschen übrig. Vielleicht ist es weiten Teilen der dänischen Bevölkerung ja lieber, ein jeder bliebe wieder auf seiner Seite, Corona hin oder her. Wenn die so weiter machen, wird das die Konsequenz sein.“
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