Grenzüberschreitendes
Schleswig-Holstein veröffentlicht Dänemark-Strategie
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Das Kabinett in Kiel hat am Mittwoch eine angekündigte Dänemark-Strategie zur Vertiefung der Beziehungen beider Länder beschlossen und veröffentlicht. Darin geht es unter anderem um die Stärkung der Minderheiten auf beiden Seiten der Grenze, den Abbau grenzüberschreitender Barrieren und die Stärkung des Bus- und Bahnverkehrs.
Minderheitenschutz, Verkehrspolitik, Handel: Das Land Schleswig-Holstein hat seine Dänemark-Strategie veröffentlicht und betont darin, dass das Nachbarland in vielerlei Hinsicht wichtigster Partner ist.
Der Bevollmächtigte des Ministerpräsidenten für die Zusammenarbeit mit Dänemark, Johannes Callsen, will die bestehenden Beziehungen und Strukturen noch weiter vertiefen. In Kiel hat das Kabinett das 100-seitige Dokument nun verabschiedet.
„Wir wollen in wichtigen Zukunftsfeldern wie Wirtschaft und Infrastruktur, Bildung und Kultur, Umwelt, Klima und Energie oder der Digitalisierung noch enger mit Dänemark als unserem wichtigsten Nachbarn im Ostseeraum zusammenarbeiten“, sagte Callsen im Anschluss an die Sitzung laut Pressemitteilung.
Die neue Dänemarkstrategie macht auch bereits bestehende Strukturen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Schleswig-Holstein sichtbar und stärkt diese. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Chancen durch die Feste Fehmarnbeltquerung.
Minderheiten stärken
Auch die Minderheiten auf beiden Seiten der Grenze bekommen einen eigenen Abschnitt in der Strategie. Dort heißt es: „Sowohl die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein wie auch die deutsche Minderheit in Nordschleswig prägen grenzüberschreitend die Region und tragen zu Verständigung, Partnerschaft und Freundschaft über die Grenze hinweg bei. Sie leisten als Brückenbauer in der Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark wichtige, oft ehrenamtliche Arbeit.“
Neben der Förderung dieser nationalen Minderheiten sowie der friesischen Volksgruppe und der Minderheit der deutschen Sinti und Roma gehört laut Strategie auch die Unterstützung der grenzüberschreitend wirkenden Organisationen der Minderheiten wie der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) oder dem Minderheiten-Kompetenz-Netzwerk (MKN) mit Sitz im Akademiezentrum Sankelmark zum Bekenntnis des Landes Schleswig-Holstein.
Grenzüberschreitender Verkehr
Kiel setzt sich außerdem dafür ein, den grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark zu stärken, auf der Jütland-Route ebenso wie der festen Fehmarnbeltquerung.
Mit der Anschaffung mehrsystemfähiger Züge soll der grenzüberschreitende Bahnverkehr gestärkt werden. Mit der Neuausschreibung des Netzes Mitte ist geplant, den RE7 (Hamburg – Flensburg) zweistündlich nach Tingleff (Tinglev) zu verlängern, da die Dänische Staatsbahn (DSB) ab 2028 nicht mehr nach Flensburg fahren können wird. Dabei gibt es auch die Möglichkeit einer Verbindung bis nach Sonderburg (Sønderborg). Diese und weitere Verlängerungen über Tingleff hinaus sind grundsätzlich möglich, müssen aber mit Blick auf die Kostenübernahme mit Dänemark abgestimmt werden, heißt es.
SH-Ticket bis Tingleff?
Auf der Linie RB66 von Niebüll (Nibøl) nach Tondern (Tønder) und Esbjerg fahren heute von Montag bis Freitag zwischen 6 und 22 Uhr elf Züge in jede Richtung. Am Wochenende wird ein Zweistundentakt angeboten. Bis Tondern gilt der SH-Tarif, weiter nach Esbjerg und Nørre Nebel gibt es das „Nachbarticket“. Dieses gilt ab allen Bahnhöfen in Hamburg und Schleswig-Holstein. Es werden derzeit Gespräche mit dem Ziel geführt, den SH-Tarif auch durchgehend bis Tingleff anzuerkennen.
Auch im Fernverkehr will sich Schleswig-Holstein gegenüber der Deutschen Bahn für eine Fernverbindung Hamburg – Aarhus einsetzen.
Seit Dezember 2023 gibt es eine zweistündliche Fernverkehrslinie zwischen Hamburg und Kopenhagen mit Halt in Schleswig. Kiel setzt sich außerdem für Halte in Schleswig-Holstein ein, insbesondere bei den geplanten Fernverbindungen nach Kopenhagen im Rahmen des Programmes „Connecting Europe“. Gemeinsame Interessen sollen weiterhin in der deutsch-dänischen Verkehrskommission als Austauschplattform gebündelt werden.
Grenzbarrieren abbauen
Hürden sollen auch in anderen Bereichen nach dem Willen Schleswig-Holsteins abgebaut werden. Das betrifft etwa Pendlerinnen und Pendler sowie die Wirtschaft, die aus Sicht des südlichen Nachbarn ohne Grenzkontrollen zwischen beiden Ländern verkehren sollten.
Auch die deutsch-dänische Arbeitsgruppe beschäftigt sich intensiv mit Hemmnissen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in weiteren Bereichen. Auf Initiative aus Kiel soll diese wichtige Aufgabe nach vorläufigem Abschluss der Arbeitsgruppenarbeit nach dem Ansatz des Nordischen Ministerrates verstetigt werden. Damit würden erstmals feste Strukturen zwischen Berlin, Kopenhagen und Kiel geschaffen, die sich dauerhaft immer wieder auftretenden unterschiedlichen Hemmnissen in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit widmen und sich für Lösungen einsetzen, heißt es. Dies beträfe nicht nur beispielsweise Probleme von Pendlerinnen und Pendlern im Arbeits- oder Sozialrecht, sondern auch Hemmnisse in der Hochschul- und Forschungsarbeit bis hin zur Abstimmung aktueller Herausforderungen für die Wirtschaft etwa im Grenzhandel.
Zusammenarbeit vertiefen
Auf den insgesamt 100 Seiten geht es zudem um Wirtschaftsförderung, grenzüberschreitende Bildungsangebote, Energiewende, gemeinsame Gefahrenabwehr sowie die Stärkung bestehender Netzwerke.
„Die Etablierung fester Strukturen und die Stärkung der Netzwerke haben für uns eine große Bedeutung. Sie sind die Grundlage für eine stärkere und regelmäßige Zusammenarbeit mit Dänemark“, betont Callsen. Die Strategie zeige, dass es bereits eine Vielzahl intensiver Kooperationen und Projekte zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark gebe. Positive Resonanz und viele Anregungen zu der Strategie habe es aus zahlreichen Institutionen sowie aus den Partnerregionen Süddänemark und Seeland gegeben, so der Dänemarkbeauftragte.
Minderheiten begrüßen Strategie
„Der Bund Deutscher Nordschleswiger freut sich vor allem über die Wertschätzung der Minderheiten und ihre Funktion als Brückenbauer. Der BDN ist jederzeit bereit, als Brückenbauer in Nordschleswig – aber auch in Kopenhagen – zur Erweiterung und Intensivierung der Zusammenarbeit beizutragen“, kommentiert der BDN die Dänemark-Strategie.
„Wir begrüßen den Fokus auf die Beseitigung von Mobilitätsbarrieren und unterstützen den Vorschlag, diese Arbeit zu verstetigen und bieten in dem Zusammenhang gerne unsere weitere Mitarbeit an.“
Auch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) begrüßt die Dänemark-Strategie, mahnt aber, dass Papier geduldig sei. „Eine Strategie kann noch so gut sein, wenn sie nicht im Alltag mit Leben erfüllt wird. Wenn die Grenze eben doch noch viel zu oft spürbar ist – etwa für die Arbeitnehmerin, die sich mit der Anerkennung ihres Berufsabschlusses herumschlagen muss. Oder für den Grenzpendler, der an Tickettarifen und schlecht angepasster Taktung verzweifelt“, so der Landesvorsitzende Christian Dirschauer. Viel zu häufig sei die Grenze noch eine echte Barriere.
Die Minderheiten als Brückenbauer noch mehr zu nutzen, unterstützt Dirschauer. „Die Kompetenzen der Minderheiten auf beiden Seiten der Grenze sind ein oftmals leider ungehobener Schatz.“
Kritik der SPD
Zurückhaltend äußert sich die Sprecherin für die Zusammenarbeit mit Dänemark, Birte Pauls (SPD). „Zur Zusammenarbeit mit Dänemark führt die Landesregierung viele Gespräche, zuletzt während der Delegationsreise des Kabinetts in Kopenhagen. Zu Ergebnissen haben diese kaum geführt, wie die Antwort auf unsere Kleine Anfrage gezeigt hat. Der jetzt vorgelegte Entwurf für ihre Dänemark-Strategie ist beeindruckend viel Papier, der Inhalt dagegen dürftig“, heißt es in einer Pressemitteilung.
So würden soziale Projekte komplett ausgeklammert. Darüber hinaus finden sich laut Pauls nur einige wenige Anmerkungen zu den nicht neuen und weiterhin ungelösten Problemen im grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt. Auf die politische Gestaltung zur Überwindung von Barrieren, die Anerkennung von Abschlüssen oder die Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich, gebe es keine Antworten.