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Grenzfriedenshefte: Blick auf das Geschehen im Grenzland – auch kritisch

Grenzfriedenshefte: Blick auf das Geschehen im Grenzland – auch kritisch

Blick auf das Geschehen im Grenzland – auch kritisch

Flensburg
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Gerret Liebing Schlaber moderiete den „Jungen Dialog" Ende Oktober 2022 im Hauptsitz des ADS-Grenzfriedensbundes in Flensburg. Foto: Helge Möller

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Sechs Artikel sowie Nachrichten aus der Region füllen das neue Grenzfriedensheft. Unter anderem schaut Gerret Liebing Schlaber auf die nachgeholten Feiern anlässlich der Grenzziehung 1920 zurück und sieht falsche Zeichen gesetzt.

Eine neue Ausgabe der Grenzfriedenshefte ist erschienen. Herausgegeben vom ADS-Grenzfriedensbund – 2008 aus der Fusion der Arbeitsgemeinschaft Deutsches Schleswig und des Grenzfriedensbundes hervorgegangen – beschäftigen sich sechs Autorinnen und Autoren mit Themen aus dem deutsch-dänischen Grenzland.

Kritisch blickt Gerret Liebing Schlaber in seinem ersten Beitrag auf die Feiern anlässlich des 100-jährigen Bestehens der deutsch-dänischen Grenze, die aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden mussten. Dabei geht er auf den Besuch der Königin und des Bundespräsidenten am 13. Juni 2021 ein und bemängelt ein rückwärtsgewandtes, nationales Denken und Gedenken auf dänischer Seite, was seiner Meinung nach keinen Platz für neue Perspektiven der Region ließ.

Aber auch der deutsche Umgang mit den dänischen Wiedervereinigungsfeiern (genforening) sieht der Autor kritisch und beschriebt diese als eine „Perspektive zwischen Tourismus und Harmoniebedürfnis“. Das Jubiläum, so Liebing Schlaber, sei mit oder ohne Corona ein Rückschritt für die Entwicklung der Region und für die deutsch-dänische Zusammenarbeit gewesen.

„Mehr Schleswig wagen"

Der Autor belässt es aber nicht bei seiner Kritik, die er nicht nur an Beispielen der Feierlichkeiten festmacht, sondern listet zehn Punkte auf, mit deren Hilfe im Landesteil Schleswig die Grenze überwunden werden soll. So heißt dann auch die letzte Forderung: „Mehr Schleswig wagen“.

Nach einem Text von Andrea Graw-Teebken, die an die Gründung der Region Sønderjylland-Schleswig vor 25 Jahren erinnert, schließt sich eine Kurzfassung einer ausführlichen Studie an, die sich mit der sozialen Identität von Menschen aus den beiden Minderheiten befasst – zu Papier gebracht von schottischen Skandinavisten Ruairidh Thomas Tarvet von der Universität Edinburgh. Tarvet kommt zu dem Schluss, „dass es bei der Mehrheit der Menschen sowohl zu einer Verdopplung als auch zu einer Hybridisierung der nationalen Identität kommt.“

Moderne Geschichtsvermittlung

Auf eine neue Form der Geschichtsvermittlung mit regionalem Bezug weisen Nils Abraham und Thomas Wegener Friis hin. Es geht um das Internetspiel „Die Schattenjäger“, in dem es um die Aufarbeitung der NS-Zeit geht und in dem die Rolle von Heinz Reinefarth im Zweiten Weltkrieg beleuchtet wird. Das hochrangige SS-Mitglied war in führender Position an der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes 1944 beteiligt und machte nach dem Krieg unter anderem als Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein politische Kariere.

Nachdem Siegfried Matlok auf die Volksentscheide Dänemarks zurückblickt, widmet sich erneut Gerret Liebing Schlaber schließlich einer Veranstaltung, die Ende Oktober vergangenen Jahres am Hauptsitz des ADS-Grenzfriedensbundes in Flensburg stattfand, und in der es beim „Jungen Dialog“ um die unterschiedlichen Schulsysteme in Deutschland und Dänemark ging. 

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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