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Kampf gegen die Kriminalität: Sønke Iwersen über die Ermittlungen im Grenzland

Kampf gegen die Kriminalität: Sønke Iwersen über die Ermittlungen im Grenzland

Sønke Iwersen auf der internationalen Spur von Verbrechern

Pattburg/Padborg
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Sønke Iwersen leitet die polizeilichen Ermittlungen bei der UKA Vest. Foto: Karin Riggelsen, Montage: NOS

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Organisiertes Verbrechen: Wie fängt die Polizei Täterinnen und Täter im Grenzland ab? Der polizeiliche Ermittlungsleiter der Ausländerkontrollabteilung UKA Vest erklärt im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“, wie die Grenzpolizei arbeitet, und welche Rolle dabei Grenzkontrollen und Nummernschildscanner spielen.

Kriminalität kennt keine Grenzen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass es eine intensive grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Zoll und Polizei gibt, findet Sønke Iwersen. Er ist polizeilicher Ermittlungsleiter bei der UKA Vest in Pattburg. UKA steht für „Udlændingekontrolafdeling“, übersetzt Ausländerkontrollabteilung. 

Sie ist eine Spezialeinheit der Polizei für Südjütland und Nordschleswig und besteht aus Einsatzkräften, Ermittlungs- und Analyse-Teams und hat ihren Sitz am Toldbodvej in Pattburg nahe der Grenze zu Deutschland. Auch der deutsche Zoll und die Bundes- sowie schleswig-holsteinische Landespolizei haben hier Abteilungen. 

Im Interview spricht Iwersen einem Werkzeug der Grenzüberwachung immer wieder eine ganz besondere Bedeutung zu. Und das sind nicht die Grenzkontrollen an den drei besetzten Grenzübergängen in Krusau (Kruså), Pattburg und Ellund-Fröslev (Frøslev). Denn viele Wege führen ins Land und auch wieder heraus. Es sind die Kameras, mit denen die Polizei Nummernschilder scannen und auffällige Bewegungen feststellen kann. 

Wir haben es vorwiegend mit großen Fällen zu tun.

Sønke Iwersen, Ermittlungsleiter bei UKA Vest

„Wir fassen hier nicht den Ladendieb, der in Flensburg etwas gestohlen hat, und deshalb an der Grenze durch seine Nervosität auffällt“, erklärt Iwersen. Den vielleicht auch, aber: „Wir haben es vorwiegend mit großen Fällen zu tun.“ Gemeint ist das organisierte Verbrechen – Menschenhandel oder Drogenschmuggel. 

Zusammenarbeit verschiedener Instanzen

Wenn es um Waren geht, spielt auch die Zusammenarbeit mit dem Zoll eine wichtige Rolle. „Sie haben die Waren im Blick, wir die Straftaten“, so Iwersen. Häufig überschneidet sich beides, weshalb der enge Austausch besonders wichtig sei. 

Anfang Februar wurde bei UKA Vest der Erweiterungsbau offiziell eröffnet. Er soll genau das erleichtern: die enge Zusammenarbeit, verschiedener Instanzen aus Dänemark und Deutschland.

Mehr als Grenzkontrollen

Hier geschieht sehr viel mehr als die Überwachung der Grenze an den drei ständig besetzten Grenzposten. 

 

Dass die meisten Grenzübergänge nicht ständig besetzt sind, und es aus dem Land heraus keine Kontrollen gibt, heißt nicht, dass diese Wege nicht bewacht sind.

Sønke Iwersen

Bei organisierten Verbrechen seien meist Profis am Werk, und die überführe man in der Regel nicht zufällig, so der Ermittlungsleiter. „Organisierte Verbrechen folgen Mustern und Taktiken. Diese gilt es, aufzudecken.“ 

Kriminalität in großem Maßstab erfordere auch Ermittlungen im großen Maßstab. Das gelte vor allem auch räumlich – und zwar europaweit. Die reine Kontrolle an der Grenze sei immer nur eine Momentaufnahme. „Wichtig, aber nicht ausreichend“, sagt Iwersen.  

Daten sind das Ermittlungs-Gold

Der Schlüssel seien Daten. Mit ihrer Hilfe stoßen die Mitarbeitenden in den Analyse- und Ermittlungsteams auf die gesuchten Muster, Taktiken und letztlich auf die Täterinnen und Täter organisierter Kriminalität. Diese Daten liefern hauptsächlich Kameras bzw. Nummernschildscanner. 

„Für uns sind zwei Stränge interessant: der Weg ins Land rein und der aus dem Land raus“, erklärt er.

In der Abteilung für die Grenzanalyse, sitzen rund um die Uhr Analytikerinnen und Analytiker, die auf Bildschirme schauen und nach Auffälligkeiten im Grenzland-Verkehr achten. 

„Auffällig könnte zum Beispiel sein, wenn unser Team in der Analyse-Abteilung beobachtet, dass dasselbe Fahrzeug immer wieder über die Grenze fährt, und eine Stunde später wieder herausfährt. Immer mit einer anderen Person auf dem Beifahrersitz.“ Das wird dokumentiert und an die Teams draußen weitergegeben, damit sie der Sache bei einer Kontrolle nachgehen, denn hier steht der Verdacht des Menschenhandels im Raum.   

Auf die Frage, ob die ständig bewachten Grenzübergänge dabei ein Segen sind, weil sie die Überwachung der Wege ins Land einfacher machen, antwortet Iwersen: „Dass die meisten Grenzübergänge nicht ständig besetzt sind, und es aus dem Land heraus keine Kontrollen gibt, heißt nicht, dass diese Wege nicht bewacht sind.“ Denn Kameras stehen überall im Grenzgebiet und auch auf dem Weg aus dem Land heraus. Außerdem gibt es mobile Teams, die Fahrzeuge aus dem Verkehr ziehen und kontrollieren können. Faktisch überwache die Polizei also alle Grenzübergänge. Nur eben nicht immer mit Personal vor Ort.

Daten sind das A und O

Die Kameras liefern Daten, die die Polizei 24 Stunden speichern darf. „Danach sind sie nicht mehr abrufbar.“ Ausnahmen gibt es, wenn ein besonderer Verdacht vorliegt.

„Werden zum Beispiel in Aarhus Diebstähle gemeldet und die Ermittlerinnen und Ermittler kennen ein verdächtiges Fahrzeug, das im Zusammenhang mit diesen Taten stehen kann, so geben sie die Fahrzeugdaten in die Datenbank ein, und wir können nach diesem Fahrzeug Ausschau halten. Nummernschildscanner gibt es im ganzen Land verteilt – nicht nur an der Grenze. Solange die Fahndung nach dem Fahrzeug vorliegt, können wir die gewonnenen Daten zu diesem Fahrzeug speichern.“

Gleiches gelte für internationale Fahndungen. „Jede Information, die wir über die gesuchten Personen haben, ist wertvoll.“ Was dänische Nummernschilder angeht, so werden beim Scan auch die Halterdaten für das angemeldete Fahrzeug angezeigt. 

Mit anderen Worten: Informationen sind das A und O für die Ermittlung von Verbrechen. Aber nicht alle Menschen planen ein Verbrechen, und sie wollen ihre Daten geschützt wissen. 

Eingeschränkter Datenfluss aus und innerhalb der Bundesrepublik

Deshalb kann der Informationsfluss je nach Staatsangehörigkeit unterschiedlich sein. Bei deutschen Nummernschildern zum Beispiel werden aus Datenschutzgründen in der Bundesrepublik keine Halterdaten übermittelt. 

Was jedoch nicht heißt, dass die dänische Polizei keine Daten zu deutschen Kennzeichen hat. Jede Kontrolle, bei der die Personalien aufgenommen werden, liefert neue Daten, die in eine Datenbank eingetragen werden. Auch andere europäische Länder tun das. So entsteht eine gemeinsame Datenbank, auf die international zugegriffen werden kann. 

Was die Länder auf europäischer Ebene tun, ist etwas, das laut Iwersen in Deutschland noch hinderlich ist. Denn die Landespolizeien der Bundesländer nutzen keine gemeinsame Datenbank und sind darauf angewiesen, dass wichtige Informationen über verdächtige Personen von Land zu Land weitergegeben werden. 

Aus Iwersens Sicht würde es vieles vereinfachen, wenn es in einem so großen Land wie Deutschland eine gemeinsame Datenbank gäbe, auf die auch die deutschen Teams bei UKA Vest zugreifen können.

Unsere Aufgabe ist es, im Rahmen der Vorgaben, unsere Möglichkeiten zur bestmöglichen Ermittlung auszuschöpfen. Das tun wir jetzt und auch, wenn es die Grenzkontrollen nicht mehr geben wird.

Sønke Iwersen

Ob nun die Nummernschildscanner, mit oder ohne Datenübermittlung, dauerhaft besetzte Grenzkontrollen oder mobile Teams im Grenzgebiet: „Wir arbeiten mit dem Rahmen, der uns politisch zur Verfügung gestellt wird.“

Deshalb vermag Iwersen auch nicht zu sagen, ob er die ständigen Grenzkontrollen nun sinnvoll findet oder nicht. „Unsere Aufgabe ist es, im Rahmen der Vorgaben, unsere Möglichkeiten zur bestmöglichen Ermittlung auszuschöpfen. Das tun wir jetzt und auch, wenn es die Grenzkontrollen nicht mehr geben wird.“ 

Fakt sei: Die Kontrollen an den drei großen Grenzübergängen sind nie das einzige Werkzeug, um Verbrechen zu bekämpfen. „Wie die Kriminellen, müssen auch wir flexibel und vor allem nicht durchschaubar sein, deshalb ist es immer gut, verschiedene Möglichkeiten der Kontrolle zu nutzen.“ 

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Meinung
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„Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Gefahr“