Energiekrise
So befreien wir uns von Putins Gas
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In einem „Grünbuch“ beschreibt der Think Tank „Mandagmorgen“, wie Dänemark und Europa so schnell wie möglich von den fossilen Brennstoffen loskommen können. Es bedürfe dafür jedoch eines Einsatzes wie zu Winston Churchills Zeiten, so Autor Bjarke Møller.
Spätestens seit Russlands Angriff auf die Ukraine wissen wir, dass die Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle nicht allein ein Problem für das Klima ist, sie bedroht auch unsere Sicherheit und finanziert Wladimir Putins Kriegsmaschine.
Der Think Tank „Mandagmorgen“ hat in einem „Grünbuch“ dargelegt, wie wir so schnell wie möglich von Putins Öl und Gas loskommen. Dafür müssten wir uns jedoch auf eine „Kriegszonenmentalität“ wie während des Zweiten Weltkrieges einstellen, statt langsame Reformen wie zu Friedenszeiten betreiben, so der Hauptautor der Publikation, Bjarke Møller.
„Damals mobilisierte Churchill die Britinnen und Briten im Kampf gegen die Nazis, und die ganze Nation zog mit. Jeden dritten Tag wurde ein Kriegsschiffe produziert. Das ist das Tempo, das wir einlegen müssen, wenn wir den Energiekrieg gewinnen wollen“, so Møller, der Direktor im Rat für Grüne Umstellung (Rådet for Grøn Omstilling) ist.
Neues Energiesystem
Die Ziele sind ein schneller Ausbau von Wind- und Sonnenenergie sowie massive Energieeinsparungen und -effektivierungen.
„Die Politikerinnen und Politiker haben den Ernst der Lage noch nicht vollständig erkannt und handeln zu zögerlich. Vieles ist nur ein grüner Anstrich von ‚Business as usual‘. Notwendig ist, dass wir unser Energiesystem von Grund auf neu denken“, meint Møller.
Einsparungen könnten Gas ersetzen
Der Vorschlag des „Grünbuches“ lautet, dass EU-weit bis 2030 20 Prozent der Energie eingespart werden sollen. Dänemark soll mit 23 bis 25 Prozent sogar noch extra Tempo machen. Das deutsche Fraunhofer-Institut hat errechnet, dass Einsparungen von 20 bis 21 Prozent innerhalb der EU gewinnbringend wären. Das würde fast das gesamte russische Gas ersetzen.
Ein weiterer Vorteil von Einsparungen: Sie können zum Teil schnell umgesetzt werden und so helfen, uns über den kommenden Winter zu bringen.
„Unsere Botschaft ist, dass Energieeinsparungen zu den wichtigsten Instrumenten gehören, um uns aus der akuten Notlage zu befreien. Wir brauchen groß angelegte Kampagnen, um die Menschen zu animieren, weniger Energie zu verbrauchen“, lautet die Aufforderung des Direktors des Rats für Grüne Umstellung.
Er hat Verständnis dafür, dass es notwendig ist, als Notlösung Kohlekraftwerke wieder hochzufahren, betont jedoch, durch Einsparungen von 23 Prozent könnte die EU innerhalb von fünf bis sechs Jahren vollständig auf das russische Gas verzichten.
Offshore-Strom für den Export
Møller schlägt vor, dass alle Öl- und Gasheizungen bis 2027 aus dänischen Haushalten verschwunden sind. Bis 2030 soll die Wärmeproduktion ganz ohne fossile Brennstoffe auskommen.
Außerdem soll sich Dänemark mit landbasierten und küstennahen Windkraft- und Solaranlagen zu 100 Prozent selbst mit Energie versorgen. Die Offshore-Windkraftanlagen sollen ausschließlich dem Export dienen, und es anderen EU-Ländern, nicht zuletzt Deutschland, ermöglichen, sich von Putins Gas zu befreien.
Møller lobt in dem Zusammenhang die Absprache zum Ausbau der Windenergie, die die dänische, deutsche, belgische und niederländische Regierung am 18. Mai in Esbjerg eingegangen sind. Demnach soll bis 2030 die Offshore-Produktion auf 65 GW, bis 2050 auf 150 GW hochgefahren werden. Er meint jedoch auch, es sei zu wenig und zu langsam.
„Die Ziele sind viel zu niedrig gesteckt. Wollen wir die EU ganz von Putins Gas befreien, brauchen wir 500 GW Offshore-Strom aus der Nordsee“, betont Møller.
Studien hätten gezeigt, dass dies machbar sei. Allerdings bräuchte es dafür massive Investitionen.
„In Dänemark können wir bis 2040 ganz auf fossile Brennstoffe verzichten, und das ist inklusive dem Transportsektor. Für die gesamte EU kann das nur wenige Jahre später auch glücken“, sagt Bjarke Møller.
Der Artikel wurde um 19.25 Uhr korrigiert. Die Anzahl von Churchills Kriegsschiffen war ein wenig zu hoch, und der europaweite Bedarf an Offshore-Wind war nicht korrekt angegeben.
„Der Nordschleswiger“ wird in der kommenden Woche weitere Artikel zu dem Thema veröffentlichen.