Leitartikel

„Deckel drauf“

Deckel drauf

Deckel drauf

Apenrade/Aabenraa
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Sollen Manager- und Vorstandsgehälter gedeckelt werden? Die Volkssozialisten wollen das durchsetzen. Ihre Chancen, damit durchzukommen, sind gering, meint Cornelius von Tiedemann. Dabei wäre es spannend zu sehen, was passieren würde, wenn die Spitzenmanager wegen höherer Verdienstmöglichkeiten tatsächlich abwandern würden, meint er.

Ist es noch zu rechtfertigen, wenn ein Konzernchef oder ein Manager das Dutzend-, Hundert- oder gar Tausendfache eines gewöhnlichen Mitarbeiters verdient – und wo liegt die Grenze? In Dänemark steht diese Frage derzeit wieder zur Debatte. Weil die Ungleichheit in einem der ausgeglichensten Länder der Welt weiter zunimmt. Weil aktuelle Fälle von horrenden Boni unter anderem bei (Renten-)Fonds durch die Medien kreisen.

Leistet einer, der das Vielfache eines einfachen Angestellten verdient, auch das Vielfache? Natürlich gibt es Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Menschen, in ihrer Führungsstärke, in ihrer Kreativität, ihrer Effizienz, ihrer Teamfähigkeit, der Verantwortung, die sie tragen und die sie auf sich nehmen und so weiter. Aber wer kann von sich behaupten, in all diesen Bereichen 450-mal  oder auch „nur“ 38-mal so gut wie ein durchschnittlicher Mitarbeiter zu sein? Und selbst wenn er es wäre – ergäbe sich dadurch automatisch das moralische Anrecht auf die entsprechend höhere Bezahlung?

Es wird schließlich ohnehin nicht unbedingt wirklich nach Leistung bezahlt. Manche unterdurchschnittlich Bezahlte leisten sehr viel, manche Hochbezahlte leisten sehr wenig.

Ein Grund für die Ungleichheit ist ganz einfach wirtschaftlich zu erklären: In einigen Branchen wird Geld gescheffelt, andere kosten Geld. So ziemlich jeder soziale Beruf kostet mehr, als er einbringt. Versuche, im Gesundheits- und Bildungssektor zu privatisieren, führen nicht selten dazu, dass entweder die Löhne der „einfachen“ Mitarbeiter sinken, ihre Arbeitsbelastung steigt – oder dazu, dass nicht lukrative Bereiche gleich ganz wegrationalisiert werden. Wie immer gilt auch hier, dass Ausnahmen die Regel bestätigen.

Die Volkssozialisten wollen jetzt, angesichts ihres Namens nicht ganz überraschend, eine Grenze dafür einführen, wie hoch der Gehaltsunterschied innerhalb eines Unternehmens sein darf. 20-mal mehr als der am schlechtesten bezahlte Mitarbeiter (außer Azubis oder Teilzeitangestellte) soll ein Spitzenverdiener nach Meinung der SF-Fraktion im Folketing höchstens verdienen.

Sollte SF unwahrscheinlicherweise Erfolg haben, wäre Dänemark international einsamer Vorreiter, heißt es in dänischen Medienberichten. Doch so ganz stimmt das nicht. In einem weit entfernten Land namens „Deutschland“ ist Ende vergangenen Jahres ein vergleichbares Gesetz nach Vorlage einer entsprechenden EU-Richtlinie von der großen Koalition verabschiedet worden. Zugegeben – es ist weit weniger radikal als der SF-Vorschlag. Aber es ist ein Anfang.

In Deutschland verdienen die DAX-Vorstände im Schnitt das 52-Fache ihrer Mitarbeiter. Das soll weiter gedrosselt werden, indem Obergrenzen festgelegt werden. Wo diese liegen, sollen fortan die Aktionäre entscheiden.

Der Kern des Problems, wenn wir zum Anfang und zur „Gerechtigkeit“ zurückkehren, ist dabei auch vielleicht gar nicht das Gehalt der Vorstände und Manager. Das Gefühl von Ungerechtigkeit kommt vor allem dann auf, wenn Manager Millionenprämien mit kurzfristigen Geschäften verdienen – die langfristig jedoch schwerwiegende Folgen für das Unternehmen, das sie bezahlt, und oft auch die Gesellschaft, also uns alle, haben.

Die letzte weltweite Finanzkrise ist erst zehn Jahre her. Sie wurde nicht durch Zufall ausgelöst – sondern durch ungezügelte Spekulation, die sich für die Einzelnen gelohnt hat. Wenn Dänemark nun die Zügel anzieht, wäre das sicherlich ein „richtiger“ Schritt aus ethischer Sicht. International wäre die Wirkung jedoch vernachlässigbar, und Spitzenmanager würden mit großer Wahrscheinlichkeit zu ausländischen Unternehmen wechseln, wo sie mehr Geld verdienen könnten.

Die Frage, wie groß ein solcher Verlust wäre, und ob diejenigen, die sich auch mit weniger Geld zufriedengeben, vielleicht auch gute Arbeit leisten würden, bleibt vorerst eine hypothetische.

 

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