Die Woche am Alsensund

„Was tun, wenn der Traum ausgeträumt ist?“

Was tun, wenn der Traum ausgeträumt ist?

Was tun, wenn der Traum ausgeträumt ist?

Sonderburg/Sønderborg
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Eine neue Woche am Alsensund mit Kolumnistin Sara Eskildsen Foto: Karin Riggelsen

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In dieser Woche am Alsensund fragte sich Kolumnistin Sara Eskildsen am Rande eines Interviews, warum der Satz „das geht doch nicht“ immer wieder hinterfragt werden sollte.

Den Bauernhof verkaufen und mit einem Koffer auf eine Weltreise gehen – als Lokaljournalistin begegne ich den Menschen oft dann, wenn sie an einem Scheideweg stehen, etwas planen oder Spannendes zu berichten haben.

Aus Ideen werden Entscheidungen. Aus Entscheidungen Planungen und aus Planungen Erlebnisse, über die ich dann berichte.

In dieser Woche am Alsensund habe ich eine Familie besucht, die in meinen Augen das perfekte Leben führt. Mit Ponys und Pfauen auf den Weiden, eigenhändig renoviertem Gutshof und so abgelegen, dass man auf dem Schotterweg instinktiv umdrehen möchte, weil man denkt: Da kommt jetzt nichts mehr.

Kinder, die mit Rehen kuscheln

Ich folge der Familie und ihrem Besuchs-Bauernhof seit rund einem Jahr auf Instagram und sehe täglich Fotos wie aus einem Bilderbuch. Ökoschweine, die im Dreck baden. Kinder, die mit Rehen kuscheln. Ziegen, die auf Kühen herumturnen.

Daher war ich mehr als überrascht, als die Familie plötzlich mitteilte, dass sie nun alles verkaufen will, um auf Weltreise zu gehen. Was für eine Lebensentscheidung.

Der Lebensentwurf, der viele Jahre verfolgt und in die Tat umgesetzt wurde, fühlte sich einfach nicht mehr richtig an.

Meine Neugierde war geweckt, die Lokaljournalistin in mir hellwach, und so lud ich mich kurzerhand selbst auf den Gutshof auf Südalsen (Sydals) ein – und vereinbarte einen Interviewtermin.

Im Laufe des Gesprächs stellte ich einmal mehr fest, dass die Online-Welt der sozialen Medien nicht die Realität abbildet. „Es wurde uns alles zu viel“, so die kurze Antwort der Familienmutter auf meine Frage nach dem Warum. Der Lebensentwurf, der viele Jahre verfolgt und in die Tat umgesetzt wurde, fühlte sich einfach nicht mehr richtig an.

Der Traum war ausgeträumt

Der Traum vom Leben auf dem Land war ausgeträumt. Neue Wünsche machten sich auf dem heimischen Sofa mit Blick auf die Wiesen und Felder vor dem Haus breit. Riefen Sehnsüchte hervor und brachten die Familie dazu, ihr Leben zu überdenken. Muss alles so bleiben, nur weil es so ist?

Sie trafen ihre Entscheidung. Nein, es musste nicht alles so bleiben, nur weil es so ist.

Sie trafen ihre Entscheidung. Nein, es musste nicht alles so bleiben, nur weil es so ist. Während online alles weiterging wie gehabt, schmiedeten sie einen neuen Lebensentwurf. Während ich bei jedem Ziegenbaby des Frühlings mein Herz daließ, reifte der Plan der Weltreise. Die Familie begann davon zu träumen, ziegenlose Zugvögel zu sein. Das Interview erscheint übrigens am Montag.

Der Hof steht jetzt zum Verkauf, die Möbel auch, und für diverse Zwei- und Vierbeiner wird ein neues Zuhause gesucht. Ich stehe jetzt wiederum vor der Frage, ob ich Platz für ein paar Zwergziegen schaffen könnte.

So ist das Leben der anderen für mich als Lokaljournalistin immer wieder eine Quelle für spannende Geschichten. Ob es sich dabei um Königin Margrethe handelt, die für ihren privaten Sommerurlaub auf Schloss Gravenstein einzieht oder um eine Familie, die ihr Leben überdenkt und neu entwirft.

Oder die 32-jährige Campingplatzbetreiberin auf Nordalsen (Nordals), die mit 23 aus Deutschland ausgewandert ist, sich den Campingplatz gekauft hat und ihn seitdem betreibt.

Die Möglichkeit ist die schwerste aller Kategorien

Immer wieder stelle ich beim Schreiben der Geschichten dann verblüfft fest, wie viel im Leben eigentlich möglich und machbar ist. „Das geht doch nicht“ oder „das kann man doch nicht machen“ – wie oft bremsen diese Gedanken uns aus.

Die Möglichkeit ist die schwerste aller Kategorien, fand Søren Kirkegaard. Weil Möglichkeiten Tatkraft und Mut erfordern, um Wirklichkeit zu werden.

Gut, dass Ideen erst mal nichts kosten. Man kann ihnen auch dann nachhängen, wenn man kraft- und mutlos auf dem Sofa liegt und in den Nebel starrt. Dann werden aus Ideen Entscheidungen. Aus Entscheidungen Planungen und aus Planungen neue Lebenswege. 

Um uns mit Christian Morgenstern ins Wochenende zu schicken: „Wir brauchen nicht so fortzuleben, wie wir gestern gelebt haben. Machen wir uns von dieser Anschauung los, und tausend Möglichkeiten laden uns zu neuem Leben ein.“

 

 

 

 

 

 

 

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