Geburtshilfe auf Sylt

Ulrike Körbs sagt, warum Sylt eine Gemeindehebamme in Vollzeit braucht

Ulrike Körbs sagt, warum Sylt eine Gemeindehebamme in Vollzeit braucht

Warum Sylt eine Gemeindehebamme in Vollzeit braucht

SHZ
Sylt
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Viele Sylter Mütter müssen während Schwangerschaft und Geburt mit einigen Stressfaktoren und Unannehmlichkeiten zurechtkommen. Foto: Dünen Meer Media/shz.de

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Seit Anfang des Jahres gibt es wieder einen Hebammen-Notruf auf Sylt, doch „möglicherweise wackelt der bereits wieder“, sagt die Vorsitzende des Gesundheits- und Sozialausschusses der Gemeinde Sylt.

Vor rund einer Woche schrieb Anke Bertram, Vorsitzende des Hebammenverbandes Schleswig-Holstein, in einem offenen Brandbrief: „Gesundheit und eine wohnortnahe Geburtshilfe kosten, doch die Schließungen folgen dem Rechenschieber und verkauft wird das mit Argumenten, dass die Versorgung der Frauen sich verbessert.“

Demonstrationen für Geburtenstation

Auch auf der Insel haben verschiedene Interessengruppen deshalb bereits mehrfach Demonstrationen für eine verbesserte Geburtshilfe auf der Insel initiiert, seitdem hier 2014 das Aus der Geburtsstation in der Sylter Asklepios Nordseeklinik beschlossen wurde. Erst im vergangenen Juli machte eine Sylter Mutter mit ihrer Spontangeburt auf dem Seenotrettungskreuzer deutschlandweit Schlagzeilen, weshalb ihr Großvater zur Demo auf dem Rathausplatz aufrief. So wird praktisch regelmäßig die Situation werdender Mütter auf Sylt in der Öffentlichkeit diskutiert, aber ändert das etwas daran?

Ulrike Körbs, Vorsitzende des Sozial- und Gesundheitsausschusses der Gemeinde Sylt, hat sich von dem Gedanken verabschiedet, dass die Geburtsstation in der Nordseeklinik jemals wieder eröffnet wird. Sie kennt die oft unbefriedigende Kommunikation mit den zuständigen Behörden und Instanzen, setzt sich mit viel Herzblut für das Thema ein. „Manchmal macht es keinen Spaß, in den Gemeindevertretersitzungen mit Männern über Notkaiserschnitte zu diskutieren.“ Da Ulrike Körbs im Namen der Gemeinde Babygeschenke an junge Mütter verteilt, weiß sie genau um deren Sorgen während der Schwangerschaft. „Den meisten macht besonders die Ungewissheit zu schaffen, was im Notfall passiert. In solchen Gesprächen fließen auch schon einmal Tränen – auf beiden Seiten.“

Umso wichtiger scheint der Hebammen-Notruf für werdende Mütter auf Sylt zu sein, der allerdings „möglicherweise bereits wieder wackelt“, befürchtet Ulrike Körbs. Denn noch befänden sich die Gemeinde Sylt und der Kreis Nordfriesland in Verhandlungen mit den drei Hebammen vom Festland, die zusammen mit ihrer Sylter Kollegin Cornelia von Böhlen im Wechsel für jeweils eine Woche täglich 24 Stunden auf Abruf sind: Die bis dato gestellte Unterkunft sei nicht akzeptabel.

Thema im Sozialausschuss

In die kommenden Sitzungen des Sozial- und Gesundheitsausschusses wird Ulrike Körbs außerdem eine Anregung der Sylter Gynäkologin Bettina Köhne mitnehmen, die sich ebenfalls deutlich für die Festigung der insularen Geburtshilfe durch Hebammen ausspricht. Da im Notdienst grundsätzlich keine engere Bindung zu den Schwangeren aufgebaut werden könne, solle man eine zusätzliche Stelle für eine Gemeindehebamme in Vollzeit zu schaffen. Diese wäre für alle Belange der werdenden Mütter ansprechbar, nicht nur gesundheitlich, sondern ebenso in Bezug auf behördliche Zusammenhänge und ähnliches. „Wir haben auf Sylt auch Schwangere mit Migrationshintergrund, die oftmals Hilfe bei Formalitäten benötigen“, so Ulrike Körbs.

Unbeachtet geblieben ist die Problematik beim Kreis Nordfriesland nicht. Pressesprecher Hans-Martin Slopianka versichert in einem Brief, dass sich alle Beteiligten der Unannehmlichkeiten für die Sylter Familien bewusst seien. Diese bestehen zum einen darin, dass sich Schwangere etwa zwei Wochen vor dem Geburtstermin in eine Unterkunft auf dem Festland (Boarding) nahe der Kliniken in Flensburg, Heide oder Husum begeben müssen, um geburtshilfliche Notfälle auf der Insel zu vermeiden. Der zweite stressbringende Faktor für die Mütter ist folglich: Wie steht es mit der Notfallversorgung auf Sylt, wenn vor diesen zwei Wochen etwas passiert?

Hebammen-Notruf nur im Notfall

Eine Beruhigung kann den Schwangeren seit Anfang des Jahres der Hebammen-Notdienst sein, der nach mehrmonatiger Unterbrechung in 2021 sich nun wieder mit einer ortsansässigen Hebamme und drei weiteren Hebammen vom Festland in ganzjähriger Rufbereitschaft befindet. Dieser solle ganz klar ausschließlich bei Notfällen eingeschaltet werden, betont Slopianka. „Er dient keinesfalls dazu, einen gewünschten Geburtsort quasi zu erzwingen.“ Solange es der Zustand der Patientin zulasse, würde sie auch im Notfall – ob vor oder nach der Geburt – immer in eine Klinik auf dem Festland verlegt werden.

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