Umweltschutz

Dänische Regionen alarmiert: 15.000-mal Giftverdacht

Dänische Regionen alarmiert: 15.000-mal Giftverdacht

Dänische Regionen alarmiert: 15.000-mal Giftverdacht

Kopenhagen/Vejle
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Bei Korsør auf der Insel Seeland wurde im vergangenen Jahr eine gefährliche Verunreinigung der Umwelt mit PFAS-Chemikalien aufgedeckt. Zahlreiche Menschen werden zur Entgiftung ärztlich behandelt. Foto: Ida Marie Odgaard / Ritzau Scanpix

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Eine neue Zwischenbilanz von „Danske Regioner“ weist auf sehr umfangreiche Belastung von Grundstücken mit giftigen PFAS-Substanzen in ganz Dänemark hin. Stephanie Lose fordert 100 Millionen Kronen Sondermittel als erste Maßnahme.

Seit 2021 sorgte zunächst ein früheres Übungsgelände der Feuerwehr bei Korsør auf der Insel Seeland für Schlagzeilen, nachdem aufgedeckt wurde, dass dort weidende Rinder stark durch fluorierte Kohlenwasserstoffe aus der Gruppe der PFAS-Substanzen belastet waren. Anlass für die Untersuchungen der Tiere waren hohe PFAS-Werte im örtlichen Klärwerk, in dessen Einströmungsbereich die Rinder Wasser getrunken haben.

Alarmstimmung wegen Vergiftung durch Lebensmittel

Alarmstimmung herrscht, seitdem sich herausgestellt hat, dass Menschen sich durch Verzehr von Rindfleisch der belasteten Tiere vergiftet haben. Die stellvertretende Vorsitzende des Verbandes der dänischen Regionen „Danske Regioner“, Stephanie Lose (Venstre), hat am Dienstag eine beunruhigende Bilanz der landesweiten Suche nach PFAS-vergifteten Grundstücken vorgelegt, bei der besonders Gebiete im Blickfeld stehen, auf denen Feuerlöschübungen mit Löschschaum stattgefunden haben.

 

 Erstmals haben wir jetzt eine Gesamtübersicht zu der großen Aufgabe.

Stephanie Lose (Venstre), Regionsratsvorsitzende

 

Denn Löschschaum enthielt bis zu einem Verbot vor wenigen Jahren PFAS-Verbindungen, die eine hohe „thermische und chemische Stabilität“ aufweisen, wie es in PFAS-Informationen des deutschen Bundesumweltamtes heißt.

 

Zu wenig Geld bei den Regionen

Zuständig für das Aufspüren möglicherweise durch PFAS vergiftete Grundstücke sind die für chemische Altlasten zuständige Regionen, die aber seit Jahren darauf hinweisen, dass die ihnen dazu von der Staatskasse zur Verfügung gestellten Mittel angesichts von Riesen-Giftdepots wie in Grindsted oder auf Nordalsen (Nordals) nicht ausreichen. 

Dieses Luftbild zeigt die ausgedehnte Niederung bei Korsør, die von Rindern beweidet wird, deren Fleisch sich als PFAS-vergiftet erwies. Foto: Mads Claus Ramussen/ Ritzau Scanpix

 

 Angesichts der neuesten Bilanz der Regionen, dass fast 15.000 Stellen in ganz Dänemark PFAS-verdächtig sind, fordert Stephanie Lose, dass 100 Millionen Kronen zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, damit zunächst einmal an all diesen Orten das Belastungspotenzial festgestellt und an Gefahrenstellen rasch Entsorgungsprojekte eingeleitet werden können.

 

Auch Verdachtsorte in Nordschleswig

In Nordschleswig waren als mögliche PFAS-Gefahrenstellen vor allem Bereiche auf und an dem Militärflugplatz Skrydstrup, an der Übungsschule der Bereitschaftsbehörde in Tingleff (Tinglev) oder am Flughafen Sonderburg (Sønderborg) ins Visier genommen worden. Landesweit sind genau 14.607 Bereiche registriert worden, in denen es Aktivitäten gegeben hat, die zu PFAS-Verunreinigungen geführt haben. Jetzt muss geklärt werden, ob die Balstungen sich auf  Wohngebäude oder, was besonders wichtig ist, auf Grundwasser auswirken können.  

Im Bereich der Bereitschaftsschule in Tingleff ist vermutlich auch PFAS bei Löschübungen zum Einsatz gekommen (Archivfoto). Foto: Kjeld Thomsen

 

 „Wir sind überrascht über die große Anzahl Grundstücke, die mit PFAS verunreinigt sein könnten. Die Substanzen sind über die Jahre an vielen Stellen verwendet worden. Erstmals haben wir jetzt eine Gesamtübersicht zu der großen Aufgabe, die vor uns liegt“, so Stephanie Lose, die Regionsvorsitzende in Süddänemark ist, der Region, in der die nordschleswigschen Kommunen Apenrade, Hadersleben (Haderslev), Sonderburg und Tondern (Tønder) liegen. Stephanie Lose unterstreicht, dass die Regionen die Aufgaben in Sachen PFAS-Gefahren nur bei Zuteilung von mehr Mitteln im Rahmen der angelaufenen Haushaltsverhandlungen zwischen Regionen und Regierung erledigen können.

 

 Erstmals haben wir jetzt eine Gesamtübersicht zu der großen Aufgabe.

Stephanie Lose, Regionsratsvorsitzende

 

Laut Lose sind jährlich rund 100 Millionen Kronen zusätzlich erforderlich. Bisher ist eine PFAS-Belastung nur an rund 900 der inzwischen registrierten fast 15.000 verdächtigen Grundstücke nachgewiesen worden.

 

30 Prozent der Verdachtsflächen noch nicht untersucht

30 Prozent der 15.000 Flächen sind noch gar nicht überprüft worden, über 60 Prozent sind auf chemische Altlasten untersucht worden, allerdings nicht auf PFAS-Belastungen. Allein die nochmalige Untersuchung auf die fluorhaltigen Gefahrenstoffe wird nach Angaben des Verbandes der Regionen über 4 Milliarden Kronen kosten.

Stephanie Lose (Venstre) will bei den Haushaltsverhandlungen mehr Geld aus der Staatskasse für den PFAS-Einsatz. Foto: Michael Drost-Hansen/ Ritzau Scanpix

 

„Es wird viele Jahre dauern, bis wir ans Ziel kommen. Es ist wichtig, dass wir nun anfangen, bevor es zu Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt kommt“, so die Regionsvorsitzende. Wenn die Regionen wie gewünscht 100 Millionen Kronen zusätzlich für die PFAS-Altlastensanierung bekommen, könnten 1.000 Grundstücke pro Jahr zusätzlich untersucht werden. Das ist besonders wichtig, damit die unbelasteten Flächen rasch lokalisiert werden und der Einsatz sich auf die Lokalitäten konzentrieren kann, wo ein Einsatz dringend erforderlich ist.

 

Region auch wegen Pestizidgefahren gefragt

Die Regionen weisen darauf hin, dass sie keine Haushaltsmittel für die PFAS-Aufgabe umschichten können, weil die vorhandenen Mittel zur Abwehr der ebenfalls andauernden Gefahren des Grundwassers durch Pestizide „verbucht“ sind. Dabei geht es um den Schutz des Trinkwassers von einer Million Menschen in Dänemark.

PFAS-Verbindungen werden nicht nur in Feuerlöschmitteln eingesetzt, sondern auch in der Holz- und Möbelindustrie, besonders bekannt ist die Stoffgruppe PFOS, perfluorierte Alkylsulfonate. Die Verbindungen kommen wegen ihrer langsamen Abbaubarkeit inzwischen weltweit vor. Während bei Korsør Rinder wahrscheinlich verunreinigtes Wasser getrunken haben, gibt  es auch Bodenverunreinigungen durch Klärschlamm, der die Giftstoffe enthalten kann.

Im Menschen landen die Substanzen, die Krebs auslösen können, nicht nur durch belastete Lebensmittel. Es kann auch zur Aufnahme beim Einsatz von Imprägniersprays oder bei Kontakt mit imprägnierten Textilien kommen.         

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