Geschichte

In Hoyer erinnert jetzt ein Stolperstein an ein Opfer des Nazi-Regimes

In Hoyer erinnert jetzt ein Stolperstein an ein Opfer des Nazi-Regimes

In Hoyer erinnert jetzt ein Stolperstein an ein NS-Opfer

Hoyer/Højer
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Bürgermeister Jørgen Popp Petersen wohnte der Feierstunde bei, als Birthe Spetzler Simonsen den Gedenkstein für ihren Vater setzte. Foto: Monika Thomsen

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Aufgrund einer privaten Initiative gibt es in Hoyer vor dem Haus von Volker Heesch den ersten Stolperstein in Nordschleswig. An der Feierstunde nahmen Angehörige des Grenzgendarmen teil, der 1945 in einem Konzentrationslager in der Nähe von Braunschweig ums Leben kam.

In Kopenhagen, Fredericia, Flensburg und anderen Städten gibt es sie, die Stolpersteine, mit denen namentlich Menschen gedacht wird, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. 

Dank einer privaten Initiative gibt es nun auch in Nordschleswig, in Hoyer, einen Stein mit einer Messingplatte vor dem letzten Wohnsitz des Opfers. 

Volker Heesch, pensionierter Redakteur des „Nordschleswigers“, hat vor seinem Haus, dem Elternhaus seiner Großmutter, in der Herbergsgade 9 eine Gedenktafel angebracht. Sie erinnert an den Gendarm Alois Hermann Peter Boye Spetzler Petersen.

Alois Spetzler Petersen starb im März 1945 in dem Konzentrationslager Schandelah bei Braunschweig. Foto: Privat

Bei der Großtante zur Miete gewohnt

Alois Spetzler Petersen wurde 1939 im Marschenort bei der Grenzgendarmerie angestellt. Er wohnte bei Heeschs Großtante Marie Matthiesen zur Miete. Alois Spetzler Petersen gehörte zu den 291 der 337 Grenzgendarmen, die am 19. September 1944 von der deutschen Besatzungsmacht festgenommen und in das wenige Monate zuvor errichtete Frösleelager gebracht wurden.

„141 von ihnen wurden nach Neuengamme deportiert, obgleich Dänemark eigentlich zugesichert worden war, dass sie in Fröslee bleiben konnten“, berichtet Volker Heesch. 

Junger Vater hinterließ Frau und Kind

Alois Spetzler Petersen gehörte zu jenen Männern, die Anfang Oktober 1944 in ein Außenlager kamen. Er wurde nach Schandelah bei Braunschweig gebracht. Heesch erzählt, dass 38 der 141 Gendarmen, die in ein KZ-Lager kamen, dort starben. Spetzler Petersen sei durch Zwangsarbeit zu Tode gekommen. 

Der aus Herslev bei Fredericia stammende Mann, starb am 4. März 1945 im Alter von 31 Jahren. Er hinterließ in Hoyer seine Frau und seine zweieinhalb Jahre alte Tochter Birthe.

Alois Spetzler Petersen wohnte mit seiner Familie in der Wohnung mit den Fenstern rechts, mit seiner kleinen Familie bei Volker Heeschs Großtante zur Miete. Foto: Privat

Ereignis erschütterte die Nachbarschaft

„Meine Großtante, die damals das Haus bewohnte, hat mir von dem traurigen Schicksal berichtet. Er lebte mit seiner Frau und Tochter in der kleinen Wohnung zur Miete und hatte erzählt, dass er durch deutsche Einwanderer in der Familie katholisch war“, erzählt Volker Heesch.

„Die Situation in Dänemark war zugespitzt, und der Widerstand war gestiegen. Es herrschten auch in Hoyer Spannungen. Trotzdem war die ganze Nachbarschaft über das Ereignis erschüttert. Meine Tante war an dem Tag, als er abgeholt wurde, nicht zu Hause, sie war aber doch sehr schockiert. Sie hat mir erzählt, dass es nette Menschen waren, mit denen sie sich gut verstand“, berichtet Heesch. 

Ein Nachbar aus der damaligen Zeit würde sich noch an das kleine Mädchen erinnern.

Volker Heesches Großtante „Mie“, Marie Matthiesen, mochte die Gendarmen-Familie, die bei ihr zur Miete wohnte, gerne. Foto: Privat

Ein Name, der nicht vergessen wurde

Dem geschichtlich bewanderten Heesch ist das traurige Schicksal von Alois Spetzler Petersen seit rund 50 Jahren bekannt. „Den Namen habe ich mir gemerkt“, so Volker Heesch. 

Er war von klein auf im Haus seiner Großtante zugegen und spitzte stets die Ohren, wenn sie Geschichten aus dem Ort erzählte. „Ich habe sehr viel Ortsgeschichte bei ihr gelernt. In Hoyers Chronik zur neueren Geschichte sind die Grenzgendarmen kurz erwähnt. Ihre Namen aber nicht“, so der 68-Jährige.

Den Namen von Alois Spetzler Petersen fand Volker Heesch auch auf einer Gedenktafel für die Gendarmen im Museum Frösleelager. Foto: Privat

Ein Schicksal, das berührt

Als er vor Jahren im Museum Frösleelager war, fand er den Namen auf der Gedenktafel der Grenzgendarmen. Mehr Informationen über das besonders schlimme Schicksal der Gendarmen bekam er von Henrik Skov Kristensen, dem Leiter des Museums.

„Ich habe viele Jahre an dieses Schicksal gedacht. Auch wenn ich beruflich im Fröslee-Lager gewesen bin“, so der pensionierte Redakteur. 

Als er sich an das Lokalhistorische Archiv in Fredericia wandte, um weitere Informationen über den Lebenslauf des aus dieser Gegend stammenden Grenzgendarm zu erhalten, machte ihn ein Mitarbeiter auf die Tochter von Alois Spetzler Petersen aufmerksam.

Der Stolperstein, der an Alois Spetzler Petersen erinnert, der nur 31 Jahre alt wurde. Foto: Volker Heesch

Ein aufregender Moment

Volker Heesch war ziemlich aufgeregt, als er zu Birthe Spetzler Simonsen Kontakt aufnahm, die zwei Jahre alt war, als ihr Vater deportiert wurde. 

„Ich bin froh, dass sie die Initiative begrüßte und sich darüber freut“, sagt Volker Heesch. Zu seiner Freude nahm die rüstige alte Dame aus Korsør am Freitag an der Feierstunde in Hoyer teil. 

Die 81-jährige Birthe Spetzler Simonsen mit dem Stolperstein, der an ihren Vater erinnert. Foto: Monika Thomsen

„Tausend Dank. Es ist eine sehr große Ehre heute hier zu sein und jemanden zu ehren, den ich nie gekannt habe“, sagte eine dankbare und sehr berührte Birthe Spetzler Simonsen, nachdem sie den Stolperstein vor dem letzten Wohnsitz ihres Vaters gesetzt hatte.

Die Tochter des Opfers, Birthe Spetzler Simonsen setzte gemeinsam mit Volker Heesch den Stein vor seinem Haus. Foto: Monika Thomsen

Es war nicht der erste Besuch in der Herbergsgade

Birthe Spetzler Simonsen war mit ihrer Tochter Marlene Spetzler Larsen und ihrem Schwiegersohn Jens Larsen nach Hoyer gekommen. 

Die Familie hat Verwandtschaft in Nordschleswig und ist oft einen Schlenker über Hoyer und vorbei an dem Haus in der Herbergsgade gefahren, wenn sie Angehörige in Tondern (Tønder), Scherrebek (Skærbæk) oder auf der Insel Röm (Rømø) besuchte.

Birthe Spetzler Simonsen erzählte, dass der frühere Bürgermeister der alten Kommune Tondern, Hans L. Hansen (Venstre), ihr Vetter ist.

Wichtig, an die fürchterlichen Konsequenzen zu erinnern

Der Bürgermeister der Gegenwart, Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei), wohnte der Feierstunde bei. Er erwähnte, dass eine Arbeitsgruppe, der Volker Heesch auch angehört, sich mit Stolpersteinen in der Kommune Tondern befasst. Da die Arbeit derzeit ruhe, sei es schön, dass Volker Heesch nicht nachgelassen habe, sondern selbst aktiv geworden sei.

„Ich bin stolz und froh, dass wir nun dem Opfer des schrecklichen Geschehens des Zweiten Weltkriegs gedenken. Es ist wichtig für die Nachwelt, dass wir an die fürchterlichen Konsequenzen von Krieg erinnern“, so der Bürgermeister, der einen großen Dank an den Initiator richtete.

Marlene Spetzler Larsen, Jens Larsen, Birthe Spetzler Simonsen und Initiator Volker Heesch (v. l.), bevor es nach draußen ging, um den Gedenkstein zu platzieren. Foto: Monika Thomsen

Hoffnung auf mehr Stolpersteine

Volker Heesch hofft, dass es gelingt, noch weitere Stolpersteine in der Kommune Tondern zu setzen. Er hatte den Stein bei Gunter Demnig in Köln, dem Initiator der Stolpersteine, in Auftrag gegeben. Demnig fing 1992 mit der Verlegung der Steine an. 

Inzwischen gibt es in 21 Ländern über 100.000 Stolpersteine.

Stolpersteine: Ein Anlass zum Nachdenken

Die Gedenkinitiative Stolpersteine ist ein internationales Kunstprojekt des deutschen Künstlers Gunter Demnig, das der Opfer des Nationalsozialismus gedenkt. Begonnen im Jahr 1992, verlegt Demnig in den Gehweg eingelassene Betonquader mit einer Messingplatte vor den letzten freiwillig gewählten Wohnorten der NS-Opfer. Auf den Platten sind Name, Lebensdaten und das Schicksal der Menschen eingraviert. Die Stolpersteine gibt es für Opfer verschiedener Gruppen, unter anderem für Menschen jüdischen Glaubens, Sinti und Roma, politische Gefangene, Homosexuelle und Euthanasieopfer. Mit über 100.000 verlegten Steinen in mehr als 20 Ländern Europas ist es das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

 

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