Befragung mit Waffe in der Unterhose

Selbstmord von Entführer in Havetoft: Der entscheidende Fehler der Polizei

Selbstmord von Entführer in Havetoft: Der entscheidende Fehler der Polizei

Selbstmord in Havetoft: Der Fehler der Polizei

Eckard Gehm, shz.de
Havetoft
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Foto: Benjamin Nolte

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Ein Entführer versteckt seine Waffe in der Unterhose, erschießt sich in Obhut der Polizei. Jetzt ist klar, welcher Fehler bei dem Einsatz in Havetoft gemacht wurde.

Eine Befragung durch die Polizei mit der Tatwaffe in der Unterhose – und dann erschießt sich der Entführer in der Obhut von zwei Beamten: Der Selbstmord von Alexander S. (37) in Hostrup in der Gemeinde Havetoft (Kreis Schleswig-Flensburg) hat viele Fragen aufgeworfen, von denen die Polizei noch nicht alle beantworten konnte.

Streifenpolizisten trafen völlig uninformiert auf den Entführer

Doch jetzt wird langsam klar, wann und wo Entscheidungen gefällt wurden, die dazu führten, dass die beiden Streifenbeamten völlig uninformiert auf den Entführer trafen. Der polizeibekannte Drogendealer hatte am 13. August in Rendsburg seine Ex-Freundin entführt und ihr dabei in den Rücken geschossen. Passanten hörten die Schreie der Frau, merkten sich das Kennzeichen und riefen die Polizei.

Wie das Landespolizeiamt bereits mitgeteilt hatte, leitete die Rendsburger Polizei eine „örtliche Fahndung“ ein. Die Ermittler gingen offenbar davon aus, dass der Drogendealer in der Stadt bleiben würde und sollen verschiedene Adressen aufgesucht haben.

Erst nach einer Handy-Ortung wurde die Leitstelle im Kreis Schleswig-Flensburg über die Entführung informiert

Tatsächlich aber flüchtete Alexander S. (37) mit seinem Audi in Richtung Norden. Die Polizei soll dann die Daten einer Handy-Ortung erhalten haben, woraufhin den Ermittlern klar wurde, dass Alexander S. im Kreis-Schleswig-Flensburg ist. Um 16.59 Uhr wurde die Leitstelle dort über die Entführung informiert. Doch da war S. bereits eine halbe Stunde tot.

Er war mit seiner schwer verletzten Freundin nach Hostrup gefahren, hatte an einem Gehöft geklingelt und den Landwirt gebeten, den Rettungsdienst zu holen. Doch der rief die Polizei, die auch einen RTW alarmierte.

Die Schussverletzung wurde den Beamten berichtet – über die Ursache aber gelogen

Um 15.54 Uhr trafen die Beamten ein, etwa zehn Minuten später der Rettungsdienst. Sowohl Alexanders S. als auch die Ex-Freundin berichteten von der Schussverletzung, sagten, es sei ein Unfall gewesen. Alexander S. log, er habe die Frau ins Krankenhaus bringen wollen. Er trug nur Shorts und Schuhe, musste seine Taschen leeren.

Warum betrachteten die Beamten Alexander S. nicht als Beschuldigten

Wie das Landespolizeiamt jetzt berichtet, sprachen die Beamten mit Alexander S., während die Verletzte versorgt wurde, um sich einen Überblick zu verschaffen. Warum haben sie nicht erwogen, ihn als Beschuldigten zu betrachten? „Marcel Schmidt, Sprecher im Landespolizeiamt: „Von der Entführung wussten die Kollegen nichts. Und wegen der wenigen vorliegenden Informationen haben sie keine rechtliche Einordnung vorgenommen.“

Auf der Toilette des Gehöfts schoss sich der Entführer in den Kopf

Nach etwa 20 Minuten wurde die Frau abtransportiert. Gegen 16.30 Uhr soll Alexander S. den Beamten dann erklärt haben, dass es ihm nicht gutgehe und er auf die Toilette müsse. Die beiden Beamten begleiteten ihn in das Gehöft. Dort ging Alexander S. ins Bad, zog die versteckte Waffe aus seiner Unterhose und schoss sich in den Kopf.

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