E-Mobilität
Strompreise, Ladestationen, Apps: Warum der Umstieg aufs E-Auto verwirrend sein kann
Warum der Umstieg aufs E-Auto verwirrend sein kann
Warum der Umstieg aufs E-Auto verwirrend sein kann
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Fehlende Transparenz: Wer einen Verbrenner fährt, sieht den aktuellen Preis für den Liter Benzin auf einen Blick an der Anzeigetafel der Tankstelle. Wer ein Elektroauto laden möchte, findet den Preis noch nicht mal an jeder Ladesäule. Warum Apps helfen und sich der Markt der E-Mobilität hier noch entwickeln muss, erklärt ein Experte.
In großen Zahlen prangt der Literpreis für Diesel oder Benzin an den Anzeigetafeln der Tankstellen. Wer bisher mit einem Verbrenner unterwegs gewesen ist, konnte so schnell sehen, ob es gerade günstig ist zu tanken oder nicht. Über diverse Apps lässt sich außerdem der Kraftstoffpreis verschiedener Tankstellen im Umkreis vergleichen.
Das Elektroauto erfreut sich derweil immer größerer Beliebtheit. 2022 nahm der Bestand an E-Fahrzeugen im Vergleich zum Vorjahr um 69 Prozent zu. 112.700 Stromer sind bereits heute auf den Straßen im Land unterwegs, schreibt „Bil Magasinet“. 2020 waren es noch 31.900.
Den Stromspeicher an einer Ladestation aufzufüllen, ist mit dem Auftanken an der Zapfsäule allerdings nur bedingt vergleichbar. Anzeigetafeln, auf denen ein Preis steht, gibt es schlicht nicht. Wie funktioniert das System also?
Wie der Verbrauch angegeben wird
Anders als bei Verbrennern wird bei E-Autos die Energieeffizienz in Kilometern pro Kilowattstunde (kWh/100 km) angegeben. Ein modernes Elektroauto kann über den Daumen gepeilt 100 Kilometer im Mischverkehr (also Stadt, Autobahn, Landstraße) fahren und verbraucht dabei etwa 18 Kilowattstunden. Mit einer Kilowattstunde kommt es also etwa 5,5 Kilometer weit. Volkswagen gibt den Verbrauch beim ID4 Pure Performance mit 17,9 bis 16,7 kWh je nach Fahrweise an. Beim Tesla Model 3 mit Heckantrieb spricht der Hersteller von einem Durchschnittsverbrauch von 14,9 kWh. Beim Hyundai Kona E sind es 14,7 kWh/100 km.
Wie groß die Reichweite ist, hängt unter anderem vom verbauten Tank ab − beim E-Auto ist das die Kapazität des Akkus. Weitere Faktoren, die den Verbrauch mitbestimmen, sind wie auch beim Verbrenner etwa die Fahrweise oder eingeschaltete Zusatzgeräte wie Radio oder Klimaanlage.
Wie teuer das Aufladen eines E-Autos ist, hängt in erster Linie von der Ladesituation ab – sprich, ob man eine öffentliche Ladesäule nutzt oder über eine Ladestation in der heimischen Garage lädt. Letztere ist häufig an einen Vertrag gebunden. Teurer als normale Ladestationen sind Schnellladestationen. Ungewissheiten gibt es zudem beim Zeitpunkt des Ladens, denn je nach Tageszeit kann der Strompreis variieren.
Große Unterschiede bei den Preisen
Einer, der sich auskennt, ist Ilyas Dogru vom dänischen Automobilclub (FDM). Er erklärt, wie der Lademarkt für E-Autos funktioniert. „Der Betreiber einer Ladesäule hat einen Ad-hoc-Preis für die Ladesäule, den man entweder per Kreditkarte oder über eine App bezahlen kann. Dieser Preis ist auch der Preis, der ausgeschildert wird“, sagt der Experte.
Darüber hinaus melde der Betreiber den Ad-hoc-Preis an Roaming-Plattformen, über die andere den Zugang zu den Ladepunkten des Betreibers anbieten können. „Dieser Preis kann der Ad-hoc-Preis sein, kann aber auch höher oder niedriger sein“, sagt Dogru.
Aufladedienste wie etwa Shell Recharge, Monta oder Spirii können dann über die Plattformen Zugang zur Ladestation gewähren. „Der Preis wird vom Aufladedienst festgelegt, aber der Einkaufspreis ist der Preis, den der Betreiber der Ladestation an die Roaming-Plattform meldet.“
Viele würden jedoch Ladevorgänge unter diesem Preis anbieten, um Kunden anzulocken. „Und hier unterscheiden sich die Preise von Ladepunkt zu Ladepunkt“, sagt Dogru.
Im Grunde genommen handelt es sich um einen unreifen Markt und einen Markt, der noch im Entstehen begriffen ist.
FDM-Chefkonsulent Ilyas Dogru
„Die dritte Möglichkeit ist am interessantesten und wird meiner Meinung nach die Zukunft sein“, sagt Dogru. Hier habe Deutschland die Nase vorn. „Die App von Volkswagen namens ‚Elli‘ ist sehr interessant. Das Gleiche gilt für das Energieunternehmen ENBW (mobility+). Hier können Sie als Verbraucherin oder Verbraucher die App herunterladen und an verschiedenen Ladepunkten einen festen Betrag bezahlen.“ Wer ein Abo abschließe, könne darüber hinaus noch mehr Geld sparen.
„Das gibt den Menschen die Gewissheit eines Festpreises, manchmal wird der Preis mit dieser App niedriger als die Ad-hoc-Preise liegen und manchmal höher“, sagt der FDM-Chefkonsulent.
Außerdem könne man als Nicht-Tesla-Besitzer ein Monatsabonnement abschließen, um günstigeren Zugang zu Teslas Ladestationen zu erhalten.
Der Markt entsteht erst
Der Grund für die zunächst undurchsichtig erscheinende Preispolitik ist, dass der Strompreis von Stunde zu Stunde schwankt. „Im Grunde genommen handelt es sich um einen unreifen Markt und einen Markt, der noch im Entstehen begriffen ist.“
Ilyas Dogru glaubt, dass sich Bezahlsysteme wie mit den Apps „Elli“ oder „mobility+“ in Zukunft durchsetzen werden. „Sie bieten den Verbraucherinnen und Verbrauchern den Komfort von Festpreisen, und das ist zusammen mit der Möglichkeit der Kreditkartenzahlung der Weg in die Zukunft.“ Die Europäische Kommission setze ebenfalls auf Kreditkartenzahlungen, werde aber der Entwicklung von Roaming-Plattformen nicht im Wege stehen, ist der FDM-Experte sicher.
Man sollte sich nur ins Gedächtnis rufen, dass der Preis je Kilowattstunde zwischen 1 und 10 Kronen variieren kann, daher ist es wichtig, dass man seine Hausaufgaben macht und sicherstellt, dass man nicht zu viel bezahlt.
Ilyas Dogru
Preise müssen künftig an der Ladesäule stehen
Zurück zur Tankstelle. Ein am 1. Juli 2022 verabschiedetes Gesetz sieht vor, dass alle neu installierten Schnelllader (Hurtig- og Lynladere) über Kreditkartenterminals verfügen müssen und darüber hinaus der Ad-hoc-Preis für die Kilowattstunde an der Säule oder in unmittelbarer Nähe ausgewiesen ist. „Das bedeutet auch, dass wir keine großen Schilder wie an Tankstellen sehen werden, aber die Preise müssen erkennbar sein“, sagt Dogru.
Ladesäulen, die vor dem 1. Juli 2022 aufgestellt wurden, müssen bis zum 1. Januar 2026 umgerüstet werden.
E-Mobilisten müssen Hausaufgaben machen
Das größte Problem für E-Autofahrende ist, dass man bei Fahrten ins Ausland die billigste App nicht unbedingt kennt. „Apps wie ‚Elli‘ oder ‚mobility+‘ sind gut, weil sie in der gesamten EU gültig sind, aber es gibt vielleicht andere billigere Lösungen, die man nicht kennt“, sagt Dogru. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssten also im Vorfeld ein bisschen im Internet suchen, um entsprechende Angebote zu finden und ansonsten bekannte Apps oder dann Kreditkarten verwenden.
„Man sollte sich nur ins Gedächtnis rufen, dass der Preis je Kilowattstunde zwischen 1 und 10 Kronen variieren kann, daher ist es wichtig, dass man seine Hausaufgaben macht und sicherstellt, dass man nicht zu viel bezahlt.“
Die aktuellen Strompreise lassen sich über Apps wie etwa „Elpriser“ oder „True Energy“ verfolgen, wenn zu Hause aufgeladen werden soll. Gängige Apps für das Aufladen unterwegs sind in Dänemark etwa die Apps von E.On, Ionity, Spirri Go, Northe, Plugsurfing, Monta oder Shell Recharge. Sie können auch für das Aufladen im Ausland genutzt werden.
Kreditkarten-Probleme
Probleme mit Kreditkarten können bei langen Fahrten – etwa von Kopenhagen nach Amsterdam − auftauchen, bei denen mehrmals bei demselben Betreiber aufgeladen werden muss. „Hat der Anbieter eine kontaktlose Zahlungsmöglichkeit eingerichtet, die Kreditkarte fordert aber aus Sicherheitsgründen die PIN-Eingabe, muss man möglicherweise an der Tankstelle zunächst eine Cola kaufen und den PIN-Code eingeben, bevor man die Karte benutzen kann.“ Das sei alles auf die Sicherheit der Kreditkarten zurückzuführen, „was zwar eine gute Idee ist, aber in diesem Fall ein bisschen umständlich“. Man müsse also geduldig sein, sagt Dogru.
Entwicklung der Ladepunkte
In Dänemark schreitet der Ausbau der Ladepunkte schnell voran. Gab es 2021 noch 243 Schnellladestationen (>100kw), waren es 2022 schon 784. Auch bei den übrigen Ladepunkten (Schnelllader 23 bis 99kW und Normallader 3,7 bis 22kW) schreitet der Ausbau voran. Gab es hier 2021 noch 4.657 öffentliche Ladestationen, waren es im vergangenen Jahr bereits 7.978. Insgesamt stehen in Dänemark 8.762 Ladepunkte für E-Mobilisten zur Verfügung.
Laut FDM wird es Ende 2023 allein 2.600 Ladepunkte der Firma E.On in Dänemark geben. Der größte Anbieter von Ladesäulen in Dänemark ist Clever. Das Unternehmen will bis Ende 2023 rund 600 neue Ladesäulen an rund 17 Einkaufszentren im Land installieren. Und auch Tesla will bis Mitte 2023 die bisherige Anzahl von Ladesäulen verdreifachen.
In Deutschland gibt es laut Bundesnetzagentur mehr als 57.000 Normalladepunkte sowie 11.000 Schnellladepunkte (Stand September 2022).