Asylpolitik

Radikale Venstre erstaunt, dass Ruanda-Plan noch nicht vom Tisch ist

Radikale Venstre erstaunt, dass Ruanda-Plan noch nicht vom Tisch ist

Radikale Venstre verblüfft über Ruanda-Plan

nlm/Ritzau
Kopenhagen
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Trotz Kritik halten die dänische Regierung und Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) weiter am Ruanda-Plan fest. Foto: Henning Bagger/Ritzau Scanpix

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Verärgerte Politikerinnen und Politiker der Radikalen Venstre haben nicht für möglich gehalten, dass es der Regierung tatsächlich gelingen könnte, Asylsuchende nach Ruanda zu schicken. Nun wollen die Radikalen mit einer noch schärferen Rhetorik gegen den umstrittenen Plan vorgehen.

Die dänische Regierung will in Ruanda ein Büro für die Bearbeitung von Asylanträgen errichten und Geflüchtete laut einem Gesetzesentwurf erforderlichenfalls mit Hilfe von „unmittelbarem Zwang“ in das 6.000 Kilometer entfernte zentralafrikanische Land ausfliegen. Damit will die Regierung erreichen, dass Asylbewerberinnen und -bewerber nicht in Dänemark leben, während die Asylverfahren in Bearbeitung sind.

Kritik an dänischer Asylpolitik

Migrationsexpertinnen und -experten sowie Kritikerinnen und Kritiker von Flüchtlingsorganisationen bezeichnen den Ruanda-Plan als menschenrechtswidrig und bemängeln unter anderem, dass Ruanda autokratisch regiert werde und eine zweifelhafte Bilanz habe, wenn es um die Einhaltung von Menschenrechten gehe. Auch die EU-Kommission kritisierte das Projekt und warnte, sich rechtliche Schritte vorzubehalten, sollten Abschiebeflüge in das Drittland umgesetzt werden.

Dennoch treibt die dänische Regierung die Pläne, Asylsuchende nach Ruanda zu überführen, noch immer voran. Als Grund gibt die dänische Regierung an, dass das derzeitige Asylsystem dysfunktional sei und gundlegend geändert werden müsse. Dänemarks Ausländer- und Integrationsminister Kaare Dybvad Bek (Soz.) rechnet sogar damit, dass zwei Personen aus dem diplomatischen Dienst noch vor dem kommenden Sommer nach Ruanda entsandt werden, um dort zukünftig die Bearbeitung der Asylanträge vorzunehmen.

Schärfere Rhetorik von Seiten der Radikalen

Viele Personen hielten das Projekt zunächst für einen Bluff oder eine Illusion, die ohnehin nicht in die Realität umgesetzt werden könne. Hierzu zählten die Einheitsliste und die Radikalen, die sich in ihren Rollen als Stützparteien der Regierung sofort gegen die Pläne aussprachen und weiterhin in Erwägung ziehen, die Regierung zu stürzen, sollte das Projekt in die Tat umgesetzt werden.

Ausländer- und Integrationsminister Kaare Dybvad Bek (Soz.) ist vor kurzem nach Ruanda geflogen, um die Pläne eines dänischen Asylcenters in dem zentralafrikanischen Land voranzutreiben. Foto: Bo Amstrup/Ritzau Scanpix

Die ausländerpolitische Sprecherin der Radikalen, Kathrine Olldag, berichtet, dass sie sich wundere, wie es der Regierung gelingen konnte, die Ruanda-Pläne überhaupt so weit voranzutreiben.

„Die Regierung ist der Umsetzung des Plans bereits viel nähergekommen als wir es für möglich gehalten hätten. Wir sehen uns deshalb dazu gezwungen, unsere Rhetorik ihnen gegenüber nun noch weiter zu verschärfen“, sagt Olldag, die es als eine Voraussetzung für die weitere Unterstützung der Sozialdemokraten durch die Radikalen sieht, dass die Regierung nicht weiter an einem Aufnahmecenter in Ruanda arbeitet.

Wer ist gerade dabei, Dänemark vom restlichen Europa zu isolieren? Das sind nicht wir. Das ist die Regierung, und das können wir nicht stillschweigend hinnehmen.

Zenia Stampe, Politikerin von Radikale Venstre

„Wenn sie die Macht mit Mandaten von den Radikalen behalten wollen – unabhängig davon, ob wir Stützpartei oder Teil der Regierung sind – dann dürfen sie den Plan nicht in die Tat umsetzen. Sie können nicht uns und Ruanda bekommen“, meint Olldag.

Auch Folketings-Politikerin Zenia Stampe von den Radikalen sagte unter der Woche: „Wer ist hier denn eigentlich extrem? Wer ist gerade dabei, Dänemark vom restlichen Europa zu isolieren? Das sind nicht wir. Das ist die Regierung, und das können wir nicht stillschweigend hinnehmen.“

Radikale hoffen auf gemeinsame Lösung mit Sozialdemokraten 

Gleichzeitig machen die Radikalen aber weiterhin deutlich, auf eine gemeinsame Lösung mit Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) zu hoffen. Als Alternative schlägt die sozialliberale Partei vor, dass die EU ein gemeinsames Aufnahmezentrum für die gefährliche Reise über das Mittelmeer einrichten könne.

„Wir wissen, dass die Umsetzung eines neuen Asylsystems eine schwierige Angelegenheit ist, doch wir sollten unsere Energie nicht im Alleingang verschwenden, sondern gemeinsame europäische Lösungen finden, auch wenn das länger dauern kann“, so die ausländerpolitische Sprecherin der Radikalen, Kathrine Olldag.

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