Verkehrswende

Stefan Seidler befürchtet in Zukunft schlechteren Bahnverkehr im Grenzland

Stefan Seidler befürchtet in Zukunft schlechteren Bahnverkehr im Grenzland

Stefan Seidler befürchtet in Zukunft schlechteren Bahnverkeh

Berlin/Flensburg/Kopenhagen
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Der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler warnt gebetsmühlenartig davor, dass das Grenzland beim Bahnverkehr in naher Zukunft abgehängt werden könnte (Archivbild). Foto: Sven Windmann/shz.de

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Der SSW-Bundestagsabgeordnete ist besorgt, dass ab 2028 noch weniger grenzüberschreitende Bahnverbindungen existieren. Der neue Zugplan der Dänischen Staatsbahnen (DSB) hat Südschleswig nicht mehr im Fokus. Stefan Seidler hat nun einen Beitrag für die anstehende Anhörung bei der Verkehrsbehörde (Trafikstyrelsen) eingereicht.

Die geplante Liniennetz-Umstellung der Dänischen Staatsbahnen (DSB) löst beim Bundestagsabgeordneten Stefan Seidler vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) weiterhin große Besorgnis aus. Nach Gesprächen mit dem dänischen Transportminister Thomas Danielsen (Venstre) und seinem schleswig-holsteinischen Amtskollegen Claus Ruhe Madsen (parteilos) könnte das Angebot an Bahnverbindungen im deutsch-dänischen Grenzland ab 2028 deutlich schlechter werden.

„Die Gespräche waren ernüchternd, und die seit längerer Zeit geäußerten Befürchtungen bestätigen sich offenbar“, heißt es aus Stefan Seidlers Bundestagsbüro. Dort geht man nicht davon aus, dass das Grenzland vom neuen Verkehrsplan der Bahn profitiert – im Gegenteil. 

Neue IC-5-Züge können in Deutschland nicht fahren

Absehbar ist, dass die DSB nach der Anschaffung der neuen IC-5-Züge nicht mehr über die Grenze fahren, weil die neuen Züge nicht mit deutschem Bahnstrom kompatibel sind. Es ist vorgesehen, dass Tingleff (Tinglev) der neue Knotenpunkt für den dänischen Regionalverkehr im Grenzland wird. So sollen die Zugverbindungen unter anderem nach Sonderburg (Sønderborg) gestärkt werden. Flensburg (Flensborg) als größte Stadt in der Region dürfte dann in die Röhre gucken. 

Anhörungsschreiben an dänische Verkehrsbehörde

Stefan Seidler hat daher ein Dokument für das laufende Anhörungsverfahren bei der dänischen Verkehrsbehörde (Trafikstyrelsen) eingereicht, um die seiner Ansicht nach wichtigsten Punkte für den Bahnverkehr im Grenzland darzustellen.

Zwar seien die Modernisierung der dänischen Zugflotte und der Abschied von Dieseltriebwagen zu begrüßen, weil dadurch die Reisezeiten verkürzt werden können und das Fernzugangebot ausgebaut werden kann. Doch der grenzüberschreitende Regionalverkehr droht durch die neuen IC-5-Züge und den neuen Bahnknotenpunkt Tingleff weiter auszudünnen. Für den ländlichen Raum sei das keine gute Nachricht. „Tingleff ist nicht attraktiv, weshalb die Nachfrage sinken wird“, so die Befürchtung. Sinkt die Nachfrage, wird die Taktung verringert. Das Angebot wird weiter verschlechtert. 

Dies sei der falsche Weg. „Es braucht mehr attraktive Angebote“, so Seidler. Er wünsche sich anstelle einer Begrenzung des Angebots mehr Synergieeffekte für die Grenzregion, indem man Dänemark und Schleswig-Holstein enger verknüpft. Die Bahn sei hier ein nützliches Instrument, um die Klimaziele zu erreichen. Die Infrastruktur sollte daher eher ausgebaut werden. 

Zweigleisigen Ausbau vorziehen

Warum die Strecke von Pattburg (Padborg) nach Tingleff erst 2035 zweigleisig ausgebaut werden soll, erschließe sich demnach nicht. Der Bedarf sei da, heißt es aus Seidlers Büro. Im europäischen Verkehrskorridor (TEN-V) sei die Verbindung zwischen Skandinavien und dem Mittelmeer nur hier eingleisig. Seidler fordert, den Ausbau zu beschleunigen und bereits mit Einführung neuer Signaltechnik 2027 abzuschließen. 

Gespräche Seidlers mit der Deutschen Bahn bei einem Besuch in Flensburg-Weiche, der als potenzieller Fernbahnhof ausgebaut werden könnte, hätten gezeigt, dass die Fahrgastzahlen im Fernverkehr nach Kopenhagen um 39 Prozent gestiegen seien.

Fehmarnbelt- und Jütland-Korridor gemeinsam denken

„Es wird viel Geld für neues Zugmaterial ausgegeben, das Endergebnis ist aber schlechter.“ Im Hinblick auf den künftigen Regionalverkehr am Fehmarnbelt brauche es moderne Züge, die auf beiden Seiten der Grenze fahren können. „Denkt man an den Fehmarnbelt- und den Jütlandkorridor als zusammenhängende Projekte, würde eine gemeinsame Transportstrategie sowohl dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen am Belt als auch den Herausforderungen mit den IC-5-Zügen im Grenzland entgegenkommen“, schreibt Seidler in seinem Anhörungsschreiben. „Das Ziel sollte eine attraktive Hochgeschwindigkeitsverbindung entlang des Jütlandkorridors mit einem Grenzknotenpunkt in Flensburg sein.“ Wichtig sei es, die Reisezeiten besonders in Jütland zu verkürzen. 

Die bisher geplanten „Notlösungen“, die seitens der schleswig-holsteinischen Landesregierung angestrebt werden, damit das Grenzland weiterhin am Bahnverkehr angeschlossen bleibt, seien nicht ausreichend – gerade im Hinblick auf die Verkehrswende und die Klimaziele.  

Die Landesregierung verfolgt die Idee nicht mehr, stündliche Elektrotriebwagen mit Batterie auf der Linie Tingleff-Pattburg-Flensburg-Kiel einzusetzen. Auch elektrische Zweisystemzüge auf der Linie Hamburg-Neumünster-Flensburg sind demnach nicht mehr im Gespräch. Derzeit verfolgt wird eine Variante mit einem voraussichtlich zweistündlichen Regionalzugverkehr. Dabei würde die Linie RE7 (Hamburg-Flensburg) nach Tingleff verlängert. Die Zahl der Fernzugverbindungen zwischen Aarhus und Hamburg bliebe unverändert.

Stefan Seidler, SSW-Bundestagsabgeordneter Foto: Nils Baum

Eine verbesserte Anbindung an Sonderburg, wie im Verkehrsplan vorgeschlagen, wird begrüßt. Mit geeigneten Zügen und einem Konzept der Zugteilung, wie es in Schleswig-Holstein und Dänemark seit Jahren praktiziert wird, könnte die erhöhte Frequenz nach Flensburg übertragen werden, und mehr Menschen würden von einer guten Bahnanbindung profitieren.

Dänische Städte an internationales Netz anbinden

„Aus verständlichen Gründen legt der Verkehrsplan den Schwerpunkt auf den Fehmarnbelt-Korridor. Diesen Korridor und den Jütlandkorridor jedoch nicht als komplementäre Projekte zu betrachten, wäre meines Erachtens ein Fehler mit weitreichenden Folgen. Allein der Jütlandkorridor kann dafür sorgen, dass eine große Zahl dänischer Städte an das internationale Eisenbahnnetz angeschlossen wird“, heißt es in dem Schreiben abschließend.

Langes Warten auf Nachtzug-Halt

Das gelte auch für den Ausbau des Nachtzugverkehrs. Eine neuerliche Nachfrage des „Nordschleswigers“ beim Verkehrsministerium in Schleswig-Holstein ergab, dass es weiterhin kein Ergebnis bezüglich eines Haltepunkts im Grenzland oder Schleswig-Holstein für den Nachtzug von Stockholm nach Hamburg gibt. „Die Verhandlungen laufen noch“, heißt es dort knapp. 

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