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Fragen und Antworten zur Erhöhung des Verteidigungsetats

Fragen und Antworten zur Erhöhung des Verteidigungsetats

Fragen und Antworten zur Erhöhung des Verteidigungsetats

Kopenhagen
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Ein großer Anteil der extra Mittel für die Verteidigung wird in der Arktis und im Nordatlantik eingesetzt werden. Unklar ist jedoch, wie groß dieser Anteil werden wird. Foto: Tycho Gregers/Ritzau Scanpix

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Zehn Parteien haben vereinbart, über die kommenden zehn Jahre 143 Milliarden Kronen extra in die Streitkräfte stecken. Doch wofür soll das Geld eingesetzt werden? Wer entscheidet darüber? Und was hat Nordschleswig davon? Walter Turnowsky hat diese Fragen untersucht.

Eine breite Mehr des Folketings plant, den Streitkräften bis 2033 insgesamt 143 Milliarden Kronen zuzuführenDamit erreicht Dänemark spätestens 2030 das von der Nato gesetzte Ziel, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben.

Der amtierende Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen (Venstre) hat im Namen der SVM-Koalition die Verhandlungen geleitet, und konnte am Mittwochabend eine Absprache mit sieben weiteren Parteien präsentiert. „Der Nordschleswiger“ erklärt, was die zehnjährige Vereinbarung beinhaltet und wie sie umgesetzt wird.

Wissen wir bereits, wie die Mittel konkret eingesetzt werden sollen?

Nein. Die zehn Parteien haben sich auf eine Rahmenabsprache geeinigt – rechtzeitig vor dem Nato-Gipfel in Vilnius am 11. und 12. Juli. Nur die Einheitsliste und die Alternativen sind bereits nach den Sondierungen im Frühjahr aus den Verhandlungen ausgeschieden. Die Umsetzung soll dann laufend in den kommenden Jahren unter den zehn Vertragsparteien (forligspartierne) vereinbart werden.

 

 

Werden sämtliche 143 Milliarden Kronen für die Aufrüstung der Streitkräfte verwendet?

Nein, denn es gibt Löcher zu stopfen, nur um das bisherige (zumindest theoretische) Niveau aufrechtzuerhalten. Die Renovierung der Kasernen sowie der Kauf von neuem Material ist verschleppt worden. Die Fahrzeuge der Infanterie entsprechen nicht den technologischen und operativen Anforderungen. Allein um hier nachzubessern, müssen 27 Milliarden Kronen eingesetzt werden.

Außerdem steigen die Ausgaben, etwa für die Löhne. Es fehlt an Personal und Munition, um das derzeitige Niveau zu halten. Es bleiben somit 106 Milliarden Kronen übrig, die für neue Initiativen eingesetzt werden sollen.

 

Was wissen wir darüber, wo aufgerüstet werden soll?

In der Absprache richtet sich der Blick stark Richtung Arktis und Nordatlantik. Die Ostsee wird als dritte wichtige Region benannt, aber dort kann sich Dänemark künftig die Aufgaben innerhalb der Nato mit Finnland und vermutlich Schweden teilen.

In der Arktis sind die westlichen Allianzpartner, insbesondere was die Überwachung der Gewässer anbelangt, über weite Strecken „blind“. Die Region ist in den vergangenen Jahren immer stärker von einem Kräftemessen der Großmächte Russland, USA und China geprägt. Hier gibt es also auch unabhängig vom Krieg in der Ukraine Handlungsbedarf.

Mit dem Ausbau der Offshore-Windenergie besteht überdies ein steigender Bedarf, diese Anlagen zu schützen. Die Sprengungen der Nord-Stream-Leitungen haben deutlich gemacht, dass diese Infrastruktur ein Ziel ist (wer auch immer dahintersteckt).

Die Cybersicherheit ist ein weiterer Bereich, in den investiert werden soll.

Was passiert mit dem Wehrdienst?

Der Wehrdienst soll ausgeweitet werden. Dies wird zum einen geschehen, indem man ihn verlängert. Derzeit dauert er vier Monate. Wie lange er künftig werden soll, wird Teil von Verhandlungen nach den Sommerferien sein. Zum anderen wird die Anzahl der Wehrdienstleistenden erhöht. Die Einführung einer Wehrpflicht für Frauen ist nicht im Absprachetext genannt; es wird lediglich von „Gleichstellung“ gesprochen. Doch auch diese Frage wird Gegenstand der Verhandlungen sein. Bei der Frage des Wehrdienstes liegen die Positionen der Parteien auseinander.

Die Ausweitung des Wehrdienstes ist eine der Initiativen, die dazu beitragen soll, den Personalmangel bei den Streitkräften zu beheben.  

Was wird die größte Herausforderung werden?

Das Schwierigste wird sein, die 143 Milliarden Kronen auszugeben – und zwar richtig. Im Januar kritisierten die Staatsrevisoren, dass dem Verteidigungsministerium der Überblick fehle, wie die zusätzlichen Mittel der geltenden Verteidigungsabsprache eingesetzt worden seien. Sind damit die gesteckten Ziele verfolgt worden oder nicht? Diese Frage konnte das Ministerium nicht beantworten.

Diese Tatsache hat bei Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen und den Parteien berechtigterweise Sorgenfalten ausgelöst. Denn für den Zeitraum von 2018 bis 2023 ging es insgesamt „nur“ um 12,8 Milliarden Kronen extra. Ein Betrag in der Größenordnung soll bereits in den kommenden zwei Jahren zusätzlich in die Verteidigung fließen.

Ein Expertenausschuss soll Vorschläge für eine bessere Finanzverwaltung, eine neue Leitungsstruktur sowie einen effizienteren Einsatz der Mittel vorlegen. Doch die Zeit drängt, und bereits jetzt muss im Ministerium aufgeräumt werden.

Was haben Nordschleswig und Süddänemark davon?

Das ist sehr schwer abzuschätzen, da, wie eingangs beschrieben, noch vollkommen unklar ist, wie die Mittel eingesetzt werden sollen. Am Luftwaffenstützpunkt Skrydstrup werden in den kommenden drei Jahren 660 neue Arbeitsplätze entstehen. Das ist jedoch bereits beschlossene Sache und hat ausschließlich mit der Ankunft der neuen F-35-Fighterjets zu tun. Hier spielen die neuen Initiativen also unmittelbar keine Rolle.

Dem Nato-Hafen in Esbjerg wird zukünftig größere Bedeutung zukommen, wie groß wird jedoch wiederum von den konkreten Investitionen abhängen.

Aus dem Vorschlag der Regierung geht hervor, dass die dänische Rüstungsindustrie von den 143 Milliarden profitieren soll. Dies kann auch Süddänemark zugutekommen. Die Region ist zum Beispiel führend in der Drohnen-Technologie.

Wie geht es weiter?

Die Regierung wird gleich nach den Sommerferien – dann wieder mit Jakob Ellemann Jensen (Venstre) als Verteidigungsminister – Verhandlungen mit dem Kreis der Vertragsparteien einleiten, wie die Mittel konkret eingesetzt werden sollen. Dieses Verfahren entspricht der dänischen Tradition für mehrjährige Absprachen, die auch nach einem möglichen Regierungswechsel Bestand haben. Die Umsetzung sowie mögliche Änderungen dieser Absprache werden unter den Vertragsparteien ausgemacht.

Neu ist diesmal, dass, bis auf die Beträge, kaum Details in der Absprache enthalten sind. Ein Teil der Umsetzung der Vereinbarung wird bewusst offen gelassen, damit man die Streitkräfte an eine veränderte Weltlage anpassen kann. Die Beratungen zur Verwendung der 143 Milliarden Kronen werden sich über die gesamte Vertragsperiode erstrecken.

Daher hatten die sieben Parteien, mit denen die SVM-Regierung verhandelt, ein massives Interesse daran, Teil der Vereinbarung zu werden. Das bedeutet nämlich, dass sie die kommenden zehn Jahre entscheidenden Einfluss auf die Verteidigungspolitik haben werden.  Für die Alternativen und die Einheitsliste, die nicht dabei sind, ist das nicht der Fall.

Dieser Artikel ist erstmalig am 30. Mai 2023 erschienen. Dies ist eine aktualisierte Fassung.

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