Ländliche Räume
Studiengänge in die Provinz: Unis zweifeln am Sinn
Studiengänge in die Provinz: Unis zweifeln am Sinn
Studiengänge in die Provinz: Unis zweifeln am Sinn
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Anstatt umzuziehen, werden Studienplätze gestrichen. Die Folgen: Weniger junge Menschen bilden sich in nachgefragten Bereichen aus – und Geisteswissenschaften bluten aus. Doch die Politik will weitermachen.
Die Hochschulen in den vier größten Städten Dänemarks, darunter die Süddänische Uni (SDU), müssen bis 2030 fünf bis zehn Prozent der Studienplätze in kleinere Städte verlegen - oder die Studienplätze fallen weg. Das ist Inhalt einer breiten politischen Übereinkunft aus dem Sommer.
Konsequenz: Weniger Studienplätze in den Städten statt neue in der Provinz
Doch das Druckmittel, Studienplätze in die Provinz zu verlegen, hat bisher nicht nur die gewünschte Wirkung gezeigt. Stattdessen planen die Hochschulen in großem Umfang, entsprechend der Vorgabe alternativ Studienplätze abzubauen.
Besonders hart betroffen sind die Geisteswissenschaften. Hintergrund: Die politische Vorgabe zielt darauf ab, dass von der Wirtschaft nachgefragte Studiengänge bevorzugt behandelt werden sollen.
Kritik: Plan geht an der Realität vorbei
Die Leitungen der Hochschulen in den Großstädten sind der Auffassung, dass es weder genug Geld noch genug Unterstützung gibt, um neue Ausbildungen außerhalb der Städte zu eröffnen.
„Wir können den politischen Wunsch nach mehr Zugänglichkeit in ländlichen Gebieten gut verstehen“, sagt Anders Bjarklev, Vorsitzender des Verbandes der dänischen Universitäten und Vizekanzler der Technischen Universität Dänemarks (DTU). „Doch wir machen uns alle ein wenig Sorgen, ob die jungen Leute diese Angebote auch wirklich wollen“, so Bjarklev.
Er räumt ein, dass ein Umzug oder dezentraler Neuaufbau eines Studienganges durchaus Sinn ergeben kann. Die DTU plant zum Beispiel, in der kleinen Hafenstadt Kalundborg im äußersten Westen Seelands Masterstudiengänge in Biotechnologie einzurichten. Dies würde passen, weil die Stadt bereits eine große Industrie in diesem Bereich hat.
Vizekanzler: Umzug finanziell häufig nicht zu rechtfertigen
Aus wirtschaftlicher Sicht sei ein Studiengang in einer Kleinstadt jedoch in vielen Fällen nicht sinnvoll, sagt Bjarklev.
„Es ist sehr teuer, unterschiedliche Hochschulprogramme einzurichten. Für viele Studiengänge werden fortschrittliche Labore benötigt, die wir bereits an den bestehenden Universitäten nur schwer einrichten können“, sagt er.
An der IT-Universität von Kopenhagen (ITU) ist ein Umzug auch deshalb keine Option, sagt Rektor Martin Zachariasen. Seiner Meinung nach steht das Abkommen in direktem Widerspruch zu den Entwicklungen in der Gesellschaft.
„Wir halten es für höchst problematisch, dass die Politik die Zahl der Plätze zu einem Zeitpunkt kürzt, an dem die Wirtschaft mehr IT-Fachkräfte braucht, als wir ausbilden können“, sagt er.
„Im Sommer 2021 mussten wir fast jeden zweiten qualifizierten Bewerber aus Kapazitätsgründen ablehnen“, so der Rektor.
Radikale Venstre: Befürchtungen haben sich bewahrheitet
Die politische Einigung über die Verlagerung des Bildungswesens wurde in diesem Sommer mit breiter Mehrheit im Parlament angenommen.
Damals standen die sozialliberalen Politikerinnen und Politiker von der Radikale Venstre nicht hinter dem Abkommen, und die Partei ist noch immer dagegen.
„Wir lassen unsere Bildung und unsere jungen Menschen im Stich. Das zeigt ganz klar, dass alles, wovor wir während der Verhandlungen vor dem Sommer gewarnt wurden, sich bewahrheitet“, sagt die bildungspolitische Sprecherin der Radikale-Fraktion im Folketing, Katrine Robsøe.
Sie appelliert, die Vereinbarung fallen zu lassen. Doch die linke Einheitsliste und die Sozialistische Volkspartei (SF), die dafür gestimmt hatten, wollen das nicht.
Wir lassen unsere Bildung und unsere jungen Menschen im Stich.
Katrine Robsøe (Radikale)
Stattdessen sollte der Fokus darauf liegen, die bestmöglichen Vereinbarungen zu treffen, sagt die bildungspolitische Sprecherin von SF, Astrid Carøe.
„Wir behalten genau im Auge, ob wir uns an die Vereinbarung halten, die wir miteinander getroffen haben, dass die Institutionen in die Arbeit einbezogen werden müssen und dass sie flexibel sein und bis 2030 erfolgen muss“, sagt sie.
Auf Grundlage der Berichte aus den Hochschulen werden die Parteien hinter der politischen Einigung im April darüber diskutieren, wie und ob die Vorschläge der Hochschulen umgesetzt werden.
Dies soll dann zu einem endgültigen Plan dafür führen, wie Studiengänge aus großen Städten in kleinere Städte verlagert werden.
SDU sieht sich gerüstet
Auch an der Süddänischen Universität mit ihrer Zentrale in Odense wird eifrig an Plänen gearbeitet, den politischen Vorgaben gerecht zu werden. Die Uni ist jedoch bereits heute vergleichsweise dezentral strukturiert.
„Die SDU-Standorte in Sonderburg, Esbjerg, Slagelse und Kolding geben der SDU eine starke Position bei der Arbeit mit dem Plan, da die SDU Studienplätze von Odense in die Campus-Städte verlegen kann, um den Reduzierungsbedarf in Odense zu bewältigen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Süddänischen Uni.
Im Mai war verkündet worden, dass im Zuge des Beschlusses eine Betriebsingenieur-Ausbildung („Maschinenmeister“) nach Sonderburg kommen soll.