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Liebe in Zeiten von Corona: Hindernis Grenzkontrolle

Liebe in Zeiten von Corona: Hindernis Grenzkontrolle

Liebe in Zeiten von Corona

Karina Dreyer
Kiel/ Apenrade
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Eine Fernbeziehung zwischen Kiel und Apenrade ist für Klaus und Karina in der Corona-Krise nicht einfach. Foto: Privat

Ein deutsch-dänisches Paar versucht in der Krise beieinander zu sein. Ein Erfahrungsbericht.

Karina Dreyer ist freie Journalistin und Fotografin. Sie wohnt in Kiel.

Meine Sachen sind gepackt. Seit ein paar Tagen soll es als ausländischer Lebensgefährte möglich sein, nach Dänemark einzureisen. Eine Stunde Fahrt im Auto liegen nun vor mir. Eine Stunde lang mache ich mir Gedanken, was an der Grenze auf mich zukommt und ob die Freude, meinen Klaus in Apenrade in die Arme schließen zu können, dort jäh zerstört wird.

Wie in DDR-Zeiten

Seit drei Jahren sind wir ein Paar. Ich bin als freie Fotografin und Journalistin zeitlich recht flexibel, er als Frührentner ebenso. Und so sind wir es gewohnt, mehr Zeit miteinander als ohne einander in Apenrade oder in Kiel zu verbringen. Eine Fernbeziehung ist nicht leicht, aber dass sie in zwei Ländern stattfindet, war bislang unproblematisch. Und so konnten wir uns trotz der Tatsache, dass die Corona-Krise immer größer wurde, nicht vorstellen, dass die Grenze geschlossen werden könnte.

 

„Wenn die mich nicht zu dir lassen, fahr ich eben mit 200 Sachen durch die Grenze oder ich komme über den Seeweg“, kündigte Klaus da noch aus Spaß an. Und ich witzelte, in Anlehnung an alte DDR-Zeiten, dass ich auch versuchen würde, es irgendwie „rüberzumachen“.

 

An der Grenze abgewiesen

Die Realität holte uns schnell ein. Genügte dem Grenzschutzbeamten in den ersten Tagen noch ein Brief von mir, dass Klaus mein Lebensgefährte sei, scheiterte der zweite Versuch kläglich. Er wurde an der Grenze abgewiesen und unter Polizeigeleit zurück auf die Autobahn Richtung Apenrade geschickt. „Das war kein schönes Gefühl, den Behörden so ausgeliefert zu sein. Ich fühlte mich wie ein Halbkrimineller, obwohl mein Anliegen doch ehrlich und notwendig ist“, sagt Klaus. Denn er ist krank, braucht Medikamente und in manchen Phasen eine vertraute Person. Und das bin ich.

Ärztliches Attest

Klaus besprach die Situation mit seinem Arzt und erhielt eine Bescheinigung darüber, „dass mit einer Verschlechterung der Erkrankung zu rechnen ist, wenn er alleine bleibt“. Mit Anspannung versuchte er Anfang April noch einmal nach Kiel zu kommen und wurde mithilfe des Attests durchgelassen. Er blieb drei Wochen und musste wegen eines Termins zurück. Da war unsere Angst groß, dass wir uns nun längere Zeit nicht sehen könnten. Umso größer war dann die Freude, dass Dänemark nun ausländische Lebensgefährten einreisen lässt.

Heute versuche ich es. In meiner Tasche sind alle ärztlichen Attests von Klaus und andere Dokumente, um für jede Situation gewappnet zu sein. Die Stunde Fahrt verbringe ich damit, mir mit Grummeln im Magen zu überlegen, wie ich mich dem Grenzbeamten gegenüber verhalten soll. Kann mein Ring mit dem eingravierten Namen von Klaus überzeugen? Reicht meine Aussage, dass wir uns lieben und zusammenbleiben wollen? Genügen die Formulare? „Bleib ruhig, sachlich und fang bloß nicht an zu heulen“, rät mir meine Schwester, eine Juristin, am Telefon. In einer solchen Situation entspannt zu bleiben, fällt mir schwer. Dann nähere ich mich Dänemark. Am Grenzübergang muss ich erst bei Rot warten, bis ich herangewunken werde und mein Anliegen vortragen kann, das klappt auf Dänisch recht gut. Ich werde angewiesen, rechts ranzufahren, ein anderer Beamter tritt an mein Auto. Er möchte meinen Personalausweis sehen, macht ein Foto davon oder scannt ihn, das kann ich nicht erkennen.

Fragestunde an der Grenze

Nun folgen auf Deutsch Fragen über Fragen: Wie lange sind wir schon ein Paar, wie häufig sehen wir uns und ob wir schon einmal zusammengewohnt hätten? „Drei Jahre, wir haben noch nicht zusammengewohnt, aber sehen uns permanent“, antworte ich. Sein Blick bleibt skeptisch, also erkläre ich schließlich, dass mein Lebensgefährte mich aus Krankheitsgründen braucht. Um das zu unterstreichen, hole ich die Kopien des ärztlichen Attests raus. Der Beamte geht zu Kollegen, spricht dort, kommt dann wieder, schaut sich in meinem Auto um, sieht meinen Hund. „Der ist aber ruhig, haben Sie Papiere für ihn dabei?“ Ich zeige den Hundepass, alles ist in Ordnung, ich bekomme alle Papiere zurück, ein Lächeln und ein „Sie dürfen fahren“. All das hat zehn Minuten gedauert und war sehr freundlich. So wie die Dänen eben sind.

 

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