Deutsche Zentralbücherei

4.500 Schallplatten zum Ausleihen: „Wellness für die Ohren“

4.500 Schallplatten zum Ausleihen: „Wellness für die Ohren“

4.500 Schallplatten zum Ausleihen: „Wellness für die Ohren“

Apenrade/Aabenraa
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Trotz großer eigener Sammlung – Eddy Evensen schätzt die Möglichkeit, in der deutschen Einrichtung LPs auszuleihen. Foto: Karin Riggelsen

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Die Deutsche Zentralbücherei Apenrade verleiht auch Schallplatten. Das wissen viele Nutzerinnen und Nutzer gar nicht. Eddy Evensen hat diese Möglichkeit für sich entdeckt und erzählt begeistert von der Freude des Stöberns und davon, warum Schallplatten für ihn das Hörerlebnis schlechthin sind.

Er liebt das Ritual. Eine Schallplatte in die Hand nehmen, die Vinylscheibe langsam aus der Hülle ziehen, entstauben und auflegen. Wenn der Arm mit dem Tonkopf dann auf der Scheibe liegt, erstes Knistern zu hören ist – und schließlich die Musik spielt, ist das Erlebnis für Eddy Evensen perfekt.

Deshalb ist der 75-jährige bildende Künstler so begeistert, dass man in der Deutschen Zentralbücherei Apenrade Langspielplatten ausleihen kann. 4.500 Stück! Das weiß kaum jemand, weil sie im Keller hängen.

Musikalische Schätze aufgestöbert

Eddy Evensen selbst besitzt zwar eine große Sammlung an Scheiben aus den 1960er- und 70er-Jahren. Aber seitdem er ein Fan davon ist, im Keller der Bücherei zwischen den Platten zu stöbern, hat er schon so manchen musikalischen Schatz entdeckt.  „Von Joni Mitchell etwa und den Beatles“, erzählt er. „Und es gibt einige David-Bowie-Platten, von denen ich nie zuvor gehört hatte.“

Seit acht Jahren lebt der Kopenhagener mit dem Künstlernamen „ædy“ in Apenrade. Zunächst erfuhr er über die dänische Bibliothek der Fördestadt von der Möglichkeit, in der Deutschen Zentralbücherei großformatige Bilder ausdrucken zu können. Dieses Angebot nutzt er rege. Bei einem seiner Besuche entdeckte er schließlich im Regal am Eingang eine kleine Auswahl an Schallplatten. Präsentiert zum Kennenlernen – spätere Ausleihe nicht ausgeschlossen. „Schallplatten hören – das ist Wellness für die Ohren“, sagt der 75-Jährige strahlend, „auf jeden Fall ist diese Art des Musikhörens immer eine aktive Entscheidung.“

Wer weiß, ob Hans Jensen ohne die Schallplatten überhaupt Mitarbeiter der Deutschen Zentralbücherei geworden wäre. Foto: Karin Riggelsen

Ohne die Schallplatten hätte Bibliotheksassistent Hans Jensen die Deutsche Zentralbücherei Apenrade möglicherweise nie kennengelernt. 1972, als er die Handelsschule besuchte, erzählte ihm ein Mitschüler, dass es möglich sei, in der genau gegenüberliegenden deutschen Bücherei LPs auszuleihen.

„Das habe ich nicht geglaubt – schließlich war es eine Bibliothek“, sagt der 67-Jährige. „Dann hat mein Mitschüler mich quasi an die Hand genommen, und wir sind rübergedackelt. So entstand für mich der erste Kontakt zur Bücherei. Seitdem bin ich angemeldet.“ Und nicht nur das. Mittlerweile arbeitet der gelernte Bürokaufmann – dessen Lebenslauf noch mit weiteren beruflichen Stationen gespickt ist – dort seit fast 27 Jahren.

„Früher gab es hier mehr als 20.000 Schallplatten. Heute sind es noch 4.500“, erzählt der Apenrader, der „ganz zufällig“ beim Treffen mit dem „Nordschleswiger“ und mit Eddy Evensen ein T-Shirt mit der Aufschrift „Rock Music“ trägt. Mag damit zusammenhängen, dass Hans Jensen „früher ein langhaariger Hippie“ war, wie er sagt, der die rockigen Klänge von Led Zeppelin schon mal mit Headbanging begleitet hat.

Das Angebot im Keller der Bücherei umfasst viele Musikrichtungen. Foto: Karin Riggelsen

Wie damals sind im Schallplatten-Leihverkehr der Bücherei auch heute noch zahlreiche Musikrichtungen vertreten. Von Rock und Pop über Klassik, Gospel, Jazz und Blues bis hin zu Schlagern und Volksliedern reicht die Auswahl. Es gibt sogar Literaturaufnahmen und „Geräusche in Stereo“, die sich dafür eignen, Dias und selbst gedrehte Filme zu untermalen.

Mit der Erfindung von Compact-Discs in den 1980er-Jahren wurden die Hör-Erlebnisse zunehmend digital. Die CDs tauchten auf und benötigten Platz – die Schallplatten tauchten ab. Und zwar in den Keller. Dorthin zog auch der geschlossene Glaskasten mitsamt drei hochwertigen Sound-Anlagen und Kopfhörern, in dem Musikliebhaberinnen und -liebhaber gemütlich sitzen und Platten hören konnten.

Schallplatten hören ist immer eine aktive Entscheidung.

Eddy Evensen

Und dort lässt sich heute stöbern zwischen 4.500 Titeln. Wenn Eddy Evensen nach neuen alten Scheiben sucht, vergeht schon mal einige Zeit. „Manchmal komme ich aus dem Keller kaum wieder raus“, gesteht er grinsend.

Der 75-Jährige weiß mehrere Facetten der Erfindung Schallplatte zu würdigen. „Manchmal sitze ich nur da und lausche der Musik. Dann ist es ein Vertiefen, vergleichbar dem Briefeschreiben oder dem Lesen eines Buches. Wenn sie mich inspiriert, dann male ich manchmal zur Musik, oder ich male, was ich höre.“ Außerdem schätzt er die Plattencover. „Ich finde, das sind alles kleine Kunstwerke.“

Wenn Menschen behaupten, digitale Musik sei eigentlich „klinisch tot“, kann Eddy Evensen das nur unterschreiben. „Schallplatten geben manchmal Konzerte wieder, bei denen kleine Fehler passiert sind. Aber genau das macht die Musik – und auch das Hören der Platten – so lebendig.“

Zwei Schallplattenfans tauschen sich aus: Büchereinutzer Eddy Evensen (l.) und Mitarbeiter Hans Jensen. Foto: Karin Riggelsen

Schallplatten in der Ausleihe

  • 4.500 Schallplatten aus zahlreichen Musikrichtungen sind in der Deutschen Zentralbücherei Apenrade vorhanden.
  • Ausleihbar sind sie in unbegrenzter Stückzahl für jeweils einen Monat.
  • In den Filialen und in den Bücherbussen gibt es keine Platten.
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