Deutsche Minderheit

Presseverein: „Der Nordschleswiger“ rüstet sich weiter für die Zukunft

Presseverein: „Der Nordschleswiger“ rüstet sich weiter für die Zukunft

„Der Nordschleswiger“ rüstet sich für die Zukunft

Saxburg/Saksborg
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Elin Marquardsen
Elin Marquardsen (Mitte) ist alte und neue Vorsitzende des Deutschen Pressevereins. Foto: Gerrit Hencke

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Im urigen Saxburger Krug ging es bei der Generalversammlung des Deutschen Pressevereins um modernen Journalismus, Künstliche Intelligenz, Investitionen in die Zukunft und eine besondere Ehrung. Zur Nebensache geriet dabei fast die Bestätigung des bisherigen Vorstands im Amt.

Inhaltlich lässt sich die Generalversammlung des Deutschen Pressevereins im Saxburger Krug am Donnerstagabend in kurzer Form zusammenfassen: Die finanzielle Lage ist solide, die Nutzungszahlen der Webseite und der Social-Media-Kanäle steigen, die Digitalisierung des Nordschleswigers schreitet voran und die alte Vorsitzende ist auch die neue Vorsitzende.  

Elin Marquardsen freute sich zu Beginn, dass trotz des „Kaiserwetters“ so viele gekommen waren. Vor rund 20 Personen im Gastraum verlas die Vorsitzende bei Kaffee und Brötchen ihren Bericht.

Sie sprach über den aktuellen Stand der Online-Strategie des „Nordschleswigers“ und die finanzielle Situation, die sich im Laufe des Jahres viele Male änderte. „Da sich nicht immer alle Ausgaben und Entwicklungen im Budget planen lassen, sind auch manches Mal finanzielle Herausforderungen zu meistern, die vorher nicht in der Glaskugel zu sehen waren“, sagte sie. 

Elin Marquardsen
Elin Marquardsen sprach in ihrem Bericht über den neuen Podcast, Künstliche Intelligenz und eine besondere Auszeichnung. Foto: Gerrit Hencke

Solide finanzielle Lage

Carsten Werth, verantwortlich für Finanzen und Entwicklung beim „Nordschleswiger“,  ging im Verlauf des Abends in die Tiefe. So hat der Verlag im vergangenen Jahr einen Überschuss von rund 376.000 Kronen erzielt. In seinem Bericht zeigte er auf, dass im vergangenen Jahr etwa höhere Ausgaben als geplant für Webseite und App notwendig wurden. Außerdem musste neue Technik angeschafft werden, um Videoformate und den neuen Podcast an den Start zu bringen. Mehreinnahmen gab es durch Radiomittel und die Mediestøtte aus dem Kulturministerium.

Es ist großartig, so loyale Leserinnen und Leser zu haben.

Carsten Werth

Hoch der Corona-Pandemie aufgefangen

Auch der Bereich Social Media spielte eine Rolle im Bericht von Elin. Lobend hob sie hervor, dass die Präsenz des „Nordschleswigers“ in der Medienwelt in den vergangenen fünf Jahren deutlich gestiegen sei. 

Dazu Carsten Werth: „Das Jahr 2023 hat uns gezeigt, dass das Coronahoch gut abgefangen werden konnte und sich die Zahlen langsam, aber gut entwickeln.“  Das umfasst auch die Social-Media-Präsenz. Beim Newsletter und bei Facebook sieht Werth jedoch eine Sättigung erreicht.

Hohe Verweildauern und Öffnungsraten

Besonders stolz ist Werth auf die hohe Verweildauer der Besuchenden. Die Menschen seien im Schnitt 1:54 Minuten auf der Webseite unterwegs. Diese Lesezeit sei im Vergleich mit 30 anderen Medien doppelt so lang. „Es ist großartig, so loyale Leserinnen und Leser zu haben.“ Dies zeige sich auch beim Newsletter, der regelmäßig von der Hälfte der Empfängerinnen und Empfänger geöffnet werde. Bei großen Medienhäusern liege die Öffnungsrate teils bei um die 20 Prozent, so Werth. 

Die jüngere Zielgruppe im Alter zwischen 20 und 45 Jahren erreiche der „Nordschleswiger“ vorwiegend über Instagram. Beiträge dort erhielten im Schnitt 700 bis 2.000 Aufrufe. „Da bewegt sich also etwas.“ Hier fruchte auch die Kooperation mit dem DGN (Deutsches Gymnasium für Nordschleswig, Anm. d. Red.), so Werth. 

Carsten Werth
Carsten Werth gab einen Überblick über Aufruf- und Abonnentenzahlen auf den Portalen und Social-Media-Seiten des Nordschleswigers. Foto: Gerrit Hencke

Viel Lob für neuen Podcast

Obwohl der neue Podcast „Mojn Nordschleswig“ sowohl in den Berichten von Elin Marquardsen als auch von Chefredakteur Gwyn Nissen besonders hervorgehoben wurde, sagt Werth, er sei noch „nicht zu Genüge gelobt worden“. Seit dem Start im Januar hören zwischen 400 und 600 Menschen die Folgen. Die 20 Minuten, die eine Folge „Mojn Nordschleswig“ im Schnitt dauere, sei „Zeit, die die Hörer uns schenken“ - auf dem Weg zur Arbeit, beim Putzen oder Spazierengehen.

Der stellvertretende Chefredakteur Cornelius von Tiedemann hob hervor, dass der Podcast kein Nachrichtenmedium sei, sondern vielmehr das „Heimatgefühl für Nordschleswig“ widerspiegeln solle. Daher habe man bewusst mindestens zwei Gesprächsgäste in jeder Folge, abgerundet durch einen satirischen Teil. Der Podcast sei ein „magazinischer Rundumschlag“, und man folge einem Trend, etwas zu hören, während man etwas anderes tut. 

Der Mensch hat das letzte Wort und die Kontrolle. Echte Menschen, richtige Journalistinnen und Journalisten sind in einer von KI-gesteuerten Welt das neue Kapital.

Gwyn Nissen

Offen für Technologien bleiben

Beim Thema Digitalisierung des „Nordschleswigers“ spiele laut Elin Marquardsen zunehmend auch die Frage nach dem Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) eine größere Rolle. „Unsere Leser können sich auch in Zukunft darauf verlassen, dass die Berichterstattung unserer Journalistinnen und Journalisten zeitnah und authentisch ist.“ Dabei solle man sich neuer Technologie nicht verschließen und eine eigene Strategie überlegen. Die Redaktion müsse mit den Technologien ausgestattet sein, die für ein Online-Medium relevant und wichtig sind, um im Wettlauf um die Gunst der Leserinnen und Leser gerüstet zu sein, so die Vorsitzende. „Neue Werkzeuge kosten Geld, daher sollte eine Investition in neue und bessere KI-Technologie genau überlegt sein.“

Ausführlich sprach Gwyn Nissen in seinem Bericht über die Chancen, die sich mithilfe von KI für die Redaktion auftun. Viele Medienhäuser würden derzeit intensiv mit KI tüfteln, und viele seien bereit, ihrer Erfahrungen mit allen anderen zu teilen. Beim „Nordschleswiger“ stehe etwa das KI-Tool „ChatGPT“ auf der Wunschliste, das 50.000 Kronen im Jahr kosten würde. „Es gibt einige Systeme, die viel Geld kosten, aber es gibt auch die Notwendigkeit dafür“, so Nissen. 

„Künstliche Intelligenz ist in kurzer Zeit so viel besser geworden, dass oft nur ein geschultes Auge erkennen kann, ob etwas echt oder KI-generiert ist. Wem soll man noch glauben? Die Antwort ist gar nicht so schwer: uns, den klassischen, redigierten Medien“, so der Chefredakteur.

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen sprach über die weitere Ausrichtung des Nordschleswigers in Sachen Digitalisierung und KI: Im Fokus stehen qualitativ hochwertige Geschichten für die Menschen in Nordschleswig und der Minderheit. Foto: Gerrit Hencke

Mensch in Zeiten von KI das wichtigste Kapital

Auch wenn KI beim „Nordschleswiger“ Einzug halten wird, verspricht Nissen: „Der Mensch hat das letzte Wort und die Kontrolle. Echte Menschen, richtige Journalistinnen und Journalisten sind in einer von KI-gesteuerten Welt das neue Kapital.“ 

KI solle daher nur dort sinnvoll eingesetzt werden, wo sie assistieren und Arbeit abnehmen kann. Dies könne etwa bei Vorlesefunktionen von Artikeln der Fall sein oder bei Servicefunktionen - etwa einer stichpunktartigen Zusammenfassung eines Textes. 

Nach den Sommerferien, so die Ankündigung, werde sich die Redaktion intern intensiver mit KI beschäftigen, und lernen, wo die neuen Assistenten eingesetzt werden können. 

Lobend erwähnte Nissen die Arbeit von Social-Media-Redakteurin Lene Neumann Jepsen, die an einer KI bastelt, die als „Feedback Frieda“ in naher Zukunft Rückmeldungen zu von Mitarbeitenden geschriebenen Artikeln geben soll. „Für ihre Arbeit im Rahmen einer Fortbildung hat sie in der Examensaufgabe die Note 12 bekommen. Wir haben uns sehr darüber gefreut.“

Relevanter Journalismus nah an den Menschen

Nissen versprach, dass die Redaktion trotz KI noch näher an die Leserinnen und Leser in Nordschleswig und die Minderheit rücken wird. „Wir bauen den ,Nordschleswiger' jeden Tag mit Bausteinen neu. Wir reden intern auch oft von der eigenen DNA und davon, was nur im ,Nordschleswiger' zu lesen und zu erleben ist.“ Der Lokaljournalismus solle daher noch weiter gestärkt werden - etwa dadurch, dass weniger Ritzau-Telegramme übersetzt werden. Neue Formate wie der Podcast und mehr Video-Beiträge würden ebenfalls dazu beitragen. Um noch bessere Geschichten zu erzählen, stünden auch in diesem Jahr Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im Vordergrund, so Nissen.

30 Kopien einer besonderen Auszeichnung 

Eine Würdigung für die Bemühungen sei der Amic-Award, den der „Nordschleswiger“ von der katalanischen Medien-Organisation Amic erhalten hat. „Die Anerkennung aus der Branche macht uns sehr stolz – denn es ist kein Preis, um den wir uns beworben haben.“ Auch der Vorstand beglückwünschte die Redaktion zu der Auszeichnung. 

Gwyn Nissen hatte noch eine kleine Überraschung im Gepäck. „Da der Granit-Klotz nur an einer Stelle stehen kann, haben wir bei unseren Nachbarn im Medienhaus 30 kleine Kopien drucken lassen, damit jeder von euch den Preis auf dem Schreibtisch stehen haben kann.“ Den ersten 3D-Druck überreichte der Chefredakteur Lokalreporterin Ilse Marie Jacobsen. 

Amic-Award
Den Amic-Award bekommen die Mitarbeitenden in den Redaktionen als Erinnerung an die Auszeichnung im Kleinformat aus Kunststoff. Foto: Gerrit Hencke

Vorstand wiedergewählt

Zum Abschluss wurden die Vorstandsmitglieder Elin Marquardsen und Hauke Grella sowie Revisor Carsten Petersen einstimmig wiedergewählt und Elin Marquardsen als Vorsitzende im Amt bestätigt.

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