Minderheiten in Europa

„Vielfalt und Mehrsprachigkeit liegen in ihrer DNA“: Renate Schnack erhält den FUEN-Preis 2023

Renate Schnack erhält den FUEN-Preis 2023

Renate Schnack erhält den FUEN-Preis 2023

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Fünfkirchen/Pécs
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Ranate Schnack
Renate Schnack wurde am Donnerstag in Fünfkirchen für ihr Engement geehrt. Foto: FUEN/László Mihály

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Im Grenzland hat sie viel bewegt – und Wege für Minderheiten in ganz Europa aufgezeichnet. Jetzt hat Europas Minderheiten-Dachverband sie mit dem FUEN-Preis geehrt. Renate Schnack dankte es mit einer Rede, in der sie die Politik nachdrücklich ermahnte – auch die im Gastgeberland Ungarn.

„Du bist nicht nur für uns ein Vorbild, du bist für Europa ein Vorbild“ – mit diesen Worten überreichte FUEN-Vizepräsident Gösta Toft am Donnerstag in Fünfkirchen (Pécs) in Ungarn den diesjährigen FUEN-Preis an Renate Schnack.

Auf dem Kongress der FUEN, des Dachverbandes europäischer nationaler Minderheiten, zu denen unter anderem auch die deutsche Minderheit in Dänemark gehört, erhielt die schleswig-holsteinische Politikerin die Auszeichnung „für ihren außerordentlichen Einsatz und das große Engagement für die autochthonen nationalen Minderheiten und Sprachgruppen in Europa“.

Sie ist einfühlsam, kann gut zuhören und hat diplomatisches Geschick – und gibt nie auf!

Gösta Toft

Schnack selbst nutzte ihre Dankesrede, um die anwesende Politik zu ermahnen. „Offene, plurale und gerechte Gesellschaften entstehen nicht von allein. Sie müssen jeden Tag und überall gestaltet werden. Dabei ist von großer Bedeutung, dass die Mehrheitsgesellschaft aktiv wird und den Wunsch und den Willen zur Teilhabe aller an den gesellschaftlichen Prozessen und Entwicklungen hat“, sagte sie. Sie rief alle dazu auf, sich für die „weitere Absicherung der Minderheiten-Rechte nach Kräften einzusetzen. Ganz besonders für den Fall, dass es zu einer Reform des Völkerrechts kommt“.

FUEN-Präsident Loránt Vincze (links) und Vize-Präsident Gösta Toft gratulierten Renate Schnack. Foto: FUEN/László Mihály

Schnack hinterließ deutliche Spuren

„Renate Schnack ist vor allem ein Vorbild, wenn es darum geht, Zielsetzungen und Strategien in der Minderheitenpolitik in die Tat umzusetzen. Wie sie es schafft? Sie ist einfühlsam, kann gut zuhören und hat diplomatisches Geschick – und gibt nie auf!“, hieß es in Tofts Laudatio.

Die ehemalige Minderheitenbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein setze sich „auch heute für Vielfalt und Mehrsprachigkeit ein, es gehört einfach zu deiner DNA. Darüber freuen wir uns in der FUEN sehr“, so Toft.

Der Nordschleswiger, lange Jahre Parteisekretär der Schleswigschen Partei, kennt Schnack aus vielen gemeinsamen Jahren in der Minderheitenpolitik im Grenzland und in Europa.

Schnack habe in ihrer Zeit deutliche Spuren in der Minderheitenpolitik hinterlassen, so Toft. So ist es ihr gelungen, die Bildungschancen für die Kinder der Sinti und Roma durch ein Mediatorenmodell zu verbessern, sowie ein Wohnprojekt zu starten, durch das viele Sinti und Roma ein Zuhause gefunden haben.

Auch für die Zusammenarbeit der Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland sei sie eine Schlüsselfigur, gründete das „Dialogforum Norden“ und somit ein Modell der Kooperation, das für viele Minderheiten in Europa wegweisend sein könne.

„VOICES“: Schnack kritisierte Orban-Ungarn

„Wenn ein Land sich nicht mehr an die EU-Regeln hält und die EU-Bürger und EU-Bürgerinnen in diesem Land nicht mehr ihre Rechte genießen können, dann ist das nicht nur eine Frage, die dieses Land betrifft, sondern dann betrifft das uns alle in Europa, betrifft das unser aller Friedens- und Freiheitsordnung.“ So deutlich sprach Renate Schnack auf dem Kongress in Ungarn – vor den Augen und Ohren ungarischer Regierungsvertreterinnen und -vertreter.

Diese Aussagen – laut Wolfgang Mayr vom Menschenrechts-Blog „VOICES“ der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) unschwer zu erkennen eine Kritik an Orban-Ungarn – „sorgte entsprechend bei den anwesenden Staatssekretären und anderen Staatshonoratioren für eine frostige, ja abweisend Reaktion“.

Wie Mayr in einem Kommentar schreibt, sei für die FUEN diese Rede der Preisträgerin Renate Schnack wichtig. Für die Minderheitenorganisation stehe viel auf dem Spiel. „Ihr Ruf nach außen, ihr Zusammenhalt nach innen. Wir erinnern uns: Vor einem Jahr in Berlin kam es zum Eklat, als der Vorsitzende Loránt Vincze, ein Ungar aus Rumänien, unter anderem von einer ‚Hexenjagd‘ gegen Orban sprach“, so Mayr.

Er kritisiert: „Bis heute hat es das FUEN-Präsidium nicht fertiggebracht, einen kritischen Satz gegen die selbsterklärte ‚illiberale Demokratie‘ Ungarn zu äußern.“ Dies habe Renate Schnack nun stattdessen getan.

Ungarn ist neben Deutschland der größte finanzielle Einzelförderer der FUEN.

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FUEN-Preis

Seit 2019 wird der FUEN-Preis einmal jährlich im Rahmen einer feierlichen Zeremonie an Personen verliehen, die sich aktiv im Bereich des Minderheitenschutzes engagieren und sich mit Einsatz und Hingabe für die Verbesserung und Anerkennung der autochthonen und nationalen Minderheiten und Sprachgruppen einsetzen. Die bisherigen Preisträger waren 2019 Hartmut Koschyk, 2021 Fernand de Varennes sowie 2022 Gianclaudio Bressa.

Der FUEN-Preis ist ein Kunstwerk mit dem Titel „Zwei Brücken“. Dieses steht symbolisch für eine der Leitlinien der FUEN: Minderheiten sind Brückenbauer. Das aus Gießharz, Blattgold und Holz gefertigte Objekt wurde von der Flensburger Künstlerin Simone Bruhn, die der dänischen Minderheit angehört, gefertigt. Es soll das friedliche Zusammenleben in Europa symbolisieren und ist ein Zeichen für das Zusammenspiel von Tradition und Moderne.

Anmerkung: Die Kommentare Wolfgang Mayrs wurden um 14:44 Uhr hinzugefügt.

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