Soziales

Beim Sozialdienst ist Anonymität kein Thema

Beim Sozialdienst ist Anonymität kein Thema

Beim Sozialdienst ist Anonymität kein Thema

Ritzau/Anna-Lena Rickerts
Nordschleswig
Zuletzt aktualisiert um:
Im Apenradener Krankenhaus können Mitarbeitende selbst entscheiden, wie viel sie vom eigenen Namen preisgeben wollen (Symbolbild). Foto: Karin Riggelsen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Im Normalfall sind auf einem Namensschild Vor- und Nachname derjenigen Person zu lesen, die es trägt. Angestellte im Gesundheits- und Sozialsektor sollen jetzt die Wahl haben, wie viel ihres Namens sie der Öffentlichkeit preisgeben möchten. Dies soll fernab des Arbeitsplatzes für mehr Schutz sorgen. Ursula Petersen, Abteilungsleiterin des Sozialdienstes Nordschleswig, hat mit dem „Nordschleswiger“ über ihre Sicht der Dinge gesprochen.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sozial- und Gesundheitssektor sollen zukünftig selbst entscheiden dürfen, ob ihr vollständiger Name auf dem Namensschild zu lesen sein soll. Das verkündete Andreas Kühnau, Vorsitzender der Dänischen Regionen (Danske Regioner). Diese Maßnahme soll den Mitarbeitenden, wenn gewünscht, eine Anonymität verschaffen, die sie so gut wie möglich vor Gewalt, Drohungen und Schikanen schützen soll. „Leider erleben wir, dass sich Mitglieder unseres Personals solchen Vorkommnissen auch fernab vom Arbeitsplatz stellen müssen“, erklärt Kühnau weiter.

Das fordert Initiativen, meint Tanja Nielsen, Sektor-Vorsitzende der Gewerkschaft FOA (Fag og Arbejde), die Beschäftigte im Sozial- und Gesundheitsbereich vertritt. „Wir hatten bereits sehr viele Fälle, in denen Mitarbeitende in ihrer Freizeit Schikanen ausgesetzt waren. Sie wurden in den sozialen Medien ausfindig gemacht, zu Hause oder am Arbeitsplatz aufgesucht. Das funktionierte, weil der volle Name bekannt war und so eine konkrete Suche ermöglichte.“

In einigen Bereichen eine gute Idee

Ursula Petersen, Abteilungsleiterin des Sozialdienstes Nordschleswig, kann dieser Initiative Positives abgewinnen: „Ich denke schon, dass es in gewissen Bereichen des Gesundheits- und Sozialsektors eine gute Idee sein kann, den eigenen Namen nicht vollständig auf der Brust stehen zu haben. Dabei denke ich insbesondere an das Personal, das in der Psychiatrie arbeitet, an Gefängniswärterinnen und -wärter oder Mitarbeitende des Jugendamtes, die mitunter folgenschwere Entscheidungen fällen und umsetzen müssen. Man weiß leider nie, wen man vor sich hat und wie verschiedene Personen in Ausnahmesituationen reagieren. Dann ist es auch beruhigend zu wissen, dass die eigene Familie, insbesondere die Kinder, nicht über den Nachnamen ausfindig zu machen sind.“ In dem Artikel „Fakten zu Gewalt am Arbeitsplatz“ (Fakta om vold på arbejdspladsen) verdeutlicht der Präventive Kriminalrat (Det Kriminalpræventive råd) die Entwicklung, die in den Jahren von 2008 bis 2020 stattgefunden hat.

Restlos davon überzeugt, dass die Tatsache, nicht den ganzen Namen auf dem Namensschild stehen zu haben, einen großen Unterschied machen könne, ist Petersen allerdings nicht: „Ich denke nicht, dass das die alleinige Lösung für das Problem sein kann.“

Emotionale Distanz

Petersen sieht aber auch einen positiven Aspekt für die mentale Gesundheit und das Aufrechterhalten einer ausgewogenen sogenannten Work-Life-Balance: „Vielleicht hilft das Ablegen des kompletten Namens bei Arbeitsbeginn dabei, sich von der Rolle, die man dort einnimmt, zu distanzieren. Dem Personal gehen einige Fälle schließlich auch nah.“

Generell sei dies jedoch kein Thema, das den Sozialdienst in Nordschleswig betreffe. „Wir haben unsere vollständigen Namen auf den Namensschildern stehen. Das haben wir vor Jahren gemeinsam so beschlossen. Wir haben aber auch, soweit mir bekannt, noch keinerlei schlechte Erfahrungen machen müssen“, erklärt Petersen und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: „In der deutschen Minderheit kennt allerdings ja doch jeder jeden. Für uns ist das also irrelevant.“

Im Apenradener Krankenhaus beispielsweise ist es den Mitarbeitenden freigestellt, ob sie nur ihren Vor- oder auch ihren Nach- und gegebenenfalls Mittelnamen auf dem Namensschild stehen haben wollen.

Mehr lesen